Gepaeckschein 666
Koffer versteckt war. Von Anfang an hatte er schon die ganze Zimmereinrichtung mit seinen Augen abgesucht. „Hat sich irgend etwas geändert?“ fragte Peter gerade.
„Allerdings“, sagte der Spitzbart jetzt ganz einfach. Dabei wurde sein Ton um eine Etage energischer. „Die Herren erwarten uns im Präsidium. Und zwar sofort. Ich soll dich mit dem Koffer zusammen abholen. Deswegen bin ich hier.“
„Das hört sich an wie Chinesisch“, klagte Mutter Pfannroth. „Ich verstehe kein Wort!“
„Wo ist der Koffer?“ wollte der Spitzbart wissen. „Sie sitzen drauf“, grinste Peter unwillkürlich. „Er liegt unter dem Sofa!“
„Sehr originell!“ gab der Spitzbart zu und stand auf. „Gehen wir also!“ Am liebsten hätte er sich selber gebückt. Aber das ging wohl nicht.
„Irgend etwas ist faul an der Sache“, brummte Mutter Pfannroth und schüttelte den Kopf, „irgend etwas ist faul an der Sache!“
„Du mußt wirklich keine Angst haben“, meinte Peter. Er kniete sich gerade auf den Fußboden und fischte unter dem Sofa nach dem Koffergriff. Und da - fiel er beinahe in Ohnmacht! Zum Glück merkte niemand etwas, nicht einmal der Herr von der Kriminalpolizei.
Nur Mutter Pfannroth sagte: „Er ist käseweiß um die Nase!“ Das war aber schon eine Minute später, als Peter bereits wieder auf den Beinen stand und den Koffer neben sich hatte.
„Wissen Sie bestimmt, daß Francis - ich meine, Mister Overseas junior - nicht mehr hierher kommt?“ fragte Peter und zog dabei das harmloseste Gesicht, über das er verfügte.
„Soweit ich orientiert bin!“ Der Spitzbart wußte nicht recht, was er sagen sollte.
„Jedenfalls möchte ich ihm dann hinterlassen, wo wir sind“, bemerkte Peter und holte auch schon sein Notizbuch und einen Bleistift aus der Tasche. „Polizeipräsidium —“, sagte er vor sich hin, „ein bestimmtes Zimmer oder Stockwerk?“
„Zimmer 312“, sagte der Spitzbart aufs Geratewohl.
„Das genügt! Aber jetzt müssen wir los!“
„312“, wiederholte Peter noch. Dann legte er das Notizbuch auf den Tisch.
„Also wenn der junge Overseas kommt, da steht drin, wo er uns findet!“
„Also auf jetzt!“ mahnte der Spitzbart und wollte sich jetzt doch nach dem Koffer bücken. Aber Peter kam ihm zuvor. „Ich bitte Sie!“ sagte er höflich. „Bemühen Sie sich nicht!“
„Auf Wiedersehen, meine Herrschaften!“ grüßte der Herr mit dem weißen Spitzbart rundum und zog seinen Hut. „Und machen Sie sich bitte keine unnötigen Gedanken!“
„Tschüß!“ meinte Peter und spazierte mit seinem Koffer hinterher.
„Vergiß die Meisterschaft nicht!“ rief Herr Winkelmann noch, und dann waren die beiden weg.
„Irgend etwas ist faul an der Sache!“ jammerte Mutter Pfannroth, als sie wieder mit Frau Sauerbier und Herrn Winkelmann allein war. „Irgend etwas ist faul an der Sache! Ich weiß nur nicht was!“
„Wer wird denn gleich schwarzsehen“, beruhigte sie Herr Winkelmann, zog an seiner Zigarre und stellte sich ans Fenster.
„Aha, dieser Kriminalrat oder was er ist, wird in dieser schwarzen Limousine gekommen sein. Solche Wagen kann nur die Polizei haben.“
Währenddessen ging der Spitzbart hinter Peter die Treppe hinunter. „Soll ich ihm jetzt gleich meine Faust in die Magengegend schlagen oder feure ich ihn nachher ganz einfach aus dem Wagen?“ überlegte er gerade. „Bleibt die Frage, was besser ist!“ Er entschied sich für letzteres. Vor allem im Hinblick darauf, daß es jetzt zuerst einmal wichtig war, wegzukommen.
„Ich freu’ mich wie ein Schneekönig, daß der Kerl geschnappt ist“, meinte Peter. „War es schwierig?“
„Er hat ein paar Mal um sich geschossen, aber das sind wir ja gewohnt.“
„Und die Belohnung - krieg’ ich die jetzt gleich auf dem Präsidium?“
„Ja, mein Junge“, lächelte der ältere Herr, und dann sagte er: „Beeilen wir uns also!“
Als sie auf die Straße traten, war rund um den Overseasschen Wagen ein kleines Volksfest im Gange. Jimmy hatte eine ganze Tüte Bonbons gekauft und fütterte damit die Kinder der gesamten Nachbarschaft. „Hallo, Jimmy!“ rief Peter und ging auf den Overseasschen Wagen zu, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt. Jimmy warf den Rest seiner Bonbons in die Luft, lachte und machte die Wagentür auf.
In diesem Augenblick packte der Spitzbart Peter an der Schulter. Gleichzeitig schoß die schwarze Limousine vor. „Entschuldigung“, meinte Peter und tat völlig ahnungslos.
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