Gepaeckschein 666
jetzt sagte eine Stimme: „Pardon, wenn ich störe.“
Danach blieb es bemerkenswert still.
„Aha! Typischer Fall von Kurzschluß!“ dachte Kriminalkommissar Lukkas. „Zuerst spuckt der junge Mann große Töne, und wenn es ernst wird, bleibt ihm die Luft weg!“ Er stand vorsichtig auf und arbeitete sich auf den Zehenspitzen bis dicht an die Tür.
„Bitte, wollen Sie nicht Platz nehmen? Ich - ich glaube, wir kennen uns —“, ließ sich der junge Overseas endlich wieder hören.
„Danke sehr. Entschuldigen Sie, wenn ich so unangemeldet bei Ihnen eindringe. Mein Name ist Meyer. Meyer mit y nach dem e. Im Gegensatz zu den üblichen Meiers mit einem i.“
Das war für Kriminalkommissar Lukkas zuviel. Er holte tief Luft, und dann machte er ganz einfach die Badezimmertür auf. „Kriminalpolizei“, sagte er. „Darf ich um Ihre Ausweise bitten?“
„Oh, das bedaure ich“, meinte Herr Meyer.
„Kann ich mir denken“, knurrte der Kriminalkommissar.
„Sie verstehen mich falsch“, lächelte Herr Meyer und fingerte an der weißen Nelke herum, die er links im Knopfloch seines Rockaufschlags stecken hatte. „Ich bedaure, daß Sie mir offenbar zuvorgekommen sind.“
Kriminalkommissar Lukkas zog die Augenbrauen hoch. „Wie soll ich das verstehen?“
Herr Meyer holte seine Papiere aus der Tasche. „Sie werden es verstehen, wenn Sie sich überzeugen, daß ich Privatdetektiv und hier vom Hotel angestellt bin.“
In diesem Augenblick geschah es. Kriminalkommissar Lukkas explodierte, wie gesagt.
„Es sieht so aus, als ob hier das ganze Haus Detektiv spielt!“
„Ich muß doch energisch bitten!“ protestierte Herr Meyer.
„ Bitten Sie nicht, antworten Sie!“
„Da müßten Sie allerdings zuerst fragen!“
„Haben Sic heute vormittag gegen zehn Uhr hier mit diesem jungen Mann telefoniert?“ Kriminalkommissar Lukkas zeigte mit seiner Zigarre auf Francis. Die Zigarre war übrigens ausgegangen.
„Nein“, antwortete Privatdetektiv Meyer.
„Kennen Sie einen Mann namens Korda, Mister Korda oder dergleichen?“
„Leider ebenfalls: nein.“
„Welcher Teufel treibt Sie dann ausgerechnet punkt elf Uhr in dieses Zimmer?“
„Das ist eine längere Geschichte.“
„So, dann will ich Ihnen auch eine Geschichte erzählen!“ Kriminalkommissar Lukkas hatte jetzt einen Kopf so rot wie eine Tomate. „Punkt elf Uhr sollte hier ein Mann aufkreuzen, an dem ich ganz außerordentlich interessiert bin. Dank Ihres kriminalistischen Fingerspitzengefühls kommen Sie diesem Mann aber eine oder vielleicht nur eine halbe Minute zuvor! Meine Beamten auf dem Korridor beziehen ihren Posten, und der Mann ist gewarnt!“
Kriminalkommissar Lukkas riß in diesem Augenblick zuerst eine und dann die zweite Zimmertür auf. In ihrem Rahmen standen die zwei Inspektoren nebeneinander, wie zwei Möbelpacker, allerdings wie Möbelpacker im Kellnerfrack.
„Das bedaure ich“, bemerkte der Hoteldetektiv.
Aber Kriminalkommissar Lukkas überhörte diese Bemerkung. Er beschäftigte sich jetzt mit den beiden „Etagenkellnern“. „Was ist los?“
Die zwei Herren waren ganz offensichtlich nicht im Bilde.
„Ich denke —“, stammelte der eine.
„Sie sollen nicht denken, sondern reden! Haben Sie etwas Besonderes bemerkt?“
„Wir haben uns bereitgehalten!“ sagten die beiden gleichzeitig.
„Schön“, Kriminalkommissar Lukkas schnappte nach Luft, „aber ich meine, ob hier jemand vorbeigekommen ist. Vielleicht auch nur in die Nähe und hat dann wieder kehrt gemacht?“
Die beiden Beamten überlegten.
Dann sagte der eine wieder: „Allerdings, da war ein Herr mit einem weißen Spitzbart. Ein älterer Herr. Er kam aus dem Fahrstuhl —“
„Und?“ fragte Kriminalkommissar Lukkas.
„Er ging dann gleich wieder über die Treppe zurück.“
„Und zwar ziemlich schnell, wie?“
„Stimmt“, bestätigte der Beamte.
„Da haben wir den Salat!“ lachte Kriminalkommissar Lukkas. Aber dieses Lachen klang wie aus einer Gießkanne.
„Und dann war da noch ein Junge mit einem Koffer“, erinnerte sich jetzt der andere Inspektor, „beinahe gleichzeitig mit dem Spitzbart.“
„Das Geld!“ rief Francis und sprang auf. „Wir müssen sofort zum Güterbahnhof!“
„Ich denke, das Geld ist in Sicherheit?“ fragte Kriminalkommissar Lukkas. „Das heißt, wenn überhaupt ein wahres Wort an deiner ganzen Geschichte dran ist!“
„Ich würde ihm glauben, Kommissar!“ ließ sich jetzt wieder Herr Meyer hören. „Ich habe
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