Gepaeckschein 666
„Sie haben Ihren eigenen Wagen?“ Dabei machte er bereitwillig kehrt.
„Allerdings“, knurrte der Spitzbart und machte ebenfalls kehrt. In diesem Augenblick geschah es: Peter drehte sich plötzlich und blitzschnell wie ein Kreisel. Der Chauffeur in der schwarzen Limousine sah es zuerst. Er drückte auf die Hupe, um seinen Komplicen zu warnen. Aber um den Bruchteil einer Sekunde zu spät. Der mit der Wäscheleine verschnürte Koffer, mit der Nummer 999 an der Seite, sauste dem Spitzbart bereits mit vollem Schwung und wie ein Schleuderball in die Kniekehlen. Das Durcheinander war vollkommen!
Der ältere Herr mit dem weißen Spitzbart am Kinn lag seiner ganzen Länge nach auf dem Bürgersteig. Der junge Mann, der „Joe Louis“ genannt wurde, sprang wie von einer Tarantel gestochen aus seiner Limousine, die Kinder schrieen auf, rannten in einen Hausflur, und oben am Pfannrothschen Fenster streckte Herr Winkelmann vor Schreck seine Arme in die Luft.
Gleichzeitig war Peter mit zwei Sprüngen am Overseasschen Cadillac, warf zuerst den Koffer hinein und dann sich selbst. „Los, Jimmy!“ brüllte er, und der Neger klemmte sich hinter sein Steuerrad. Als er Gas gab, erschien zuerst das Gesicht von Joe Louis und dann auch noch das des Spitzbarts am Fenster. Zum Glück waren die Fenster geschlossen, und im übrigen hielt Peter von innen die Türklinken zu. Dann machte der Cadillac einen Sprung wie eine Katze, der man auf den Schwanz getreten hat. Die beiden Banditen wurden zur Seite geschleudert, und Jimmy raste davon, vorläufig einfach die Arnoldstraße hinunter.
Im Rückspiegel sah Peter noch, wie der Spitzbärtige und Joe Louis in ihre schwarze Limousine stürzten. Aber dann wurde diese Limousine immer kleiner.
Bis vorn am Güterbahnhof plötzlich der Lastzug einer Brauerei quer über der Straße stand. Jimmy ließ den Motor aufheulen und drückte pausenlos auf die Hupe. Aber deswegen brauchte der Lastzug trotzdem seine Zeit.
Er stieß zurück, fuhr wieder vor, stieß nochmals zurück, und dann erst kam er soweit zur Seite, daß die Fahrbahn wieder frei wurde.
Jimmy gab augenblicklich Gas und jagte davon, im letzten Augenblick sozusagen. Die schwarze Limousine hatte inzwischen wieder aufgeholt. Sie war so nah, daß sie beinahe den ganzen Rückspiegel ausfüllte.
„Tempo, Jimmy!“ rief Peter.
Die beiden Wagen jagten jetzt mit einem Abstand von etwa dreißig Metern dem Zentrum der Stadt zu.
Bestimmt war für Jimmy noch eine ganze Menge unklar, aber im großen und ganzen hatte er begriffen, worum es ging. Peter hatte ihn zum mindesten darüber aufklären können, daß der Koffer im Rücksitz des Overseasschen Cadillac voll „ money “ war und daß die zwei Burschen in der schwarzen Limousine auf dieses „ money “ so scharf waren wie zwei Rasiermesser.
Und viel mehr wußte Peter ja selber auch nicht. Nur das eine war sicher: Die Geschichte im ATLANTIC mußte schiefgegangen sein! Der Overseassche Wagen schoß unter eine Hochbahnbrücke und bog dann zur Isestraße ein. Die schwarze Limousine dicht hinterher. „Jetzt geht es erstmal darum, allen Verkehrsampeln auszuweichen“, dachte Peter. „Wenn die Halunken neben uns halten können, garantiere ich für nichts mehr! Es sei denn, irgendwo steht gleich ein Überfallkommando bereit. Ein einzelner Verkehrsschupo hilft überhaupt nichts! Bis der begriffen hat, was los ist, kann es schon zu spät sein. Die Burschen sind jetzt zu allem fähig, und wer weiß, vielleicht haben sie wirklich Pistolen bei sich. Es wäre ihnen zuzutrauen. Und wenn sie uns im Augenblick noch nicht in die Autoreifen knallen, dann nur, weil sie vorerst noch keinen Menschenauflauf veranstalten wollen.“
Bei den Hochhäusern hatte Jimmy beinahe einen Radfahrer auf dem rechten vorderen Kotflügel, und kurz vor dem Dammtorbahnhof bog er so dicht vor einer Straßenbahn ein, daß zwischen ihm und dieser Straßenbahn höchstens noch für eine Streichholzstärke Platz blieb.
Einen Augenblick lang sah es so aus, als sei die Limousine abgehängt, aber dann war sie plötzlich wieder da. Ein Omnibus der Linie 22 hatte lediglich für zwei, drei Sekunden die Sicht versperrt.
Peter ließ den Overseasschen Wagen jetzt nach links abbiegen. Er wollte versuchen, zum Polizeipräsidium am Sternplatz zu kommen. Vielleicht stand dort ein Tor offen, und man brauchte nur in den Hof hineinzufahren. Wenn man Glück hatte, exerzierte auf diesem Hof gerade eine Kompanie der Bereitschaftspolizei - Leider
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