Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gequält

Gequält

Titel: Gequält Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
Vom Netzwerk:
Jörgen hatte Spendierhosen angehabt und tablettweise Cocktails bestellt.
    Calle hielt die Hand vor den Mund und atmete aus. Widerlich.
    Er schlug die Decke beiseite, erhob sich aus dem Bett und wankte zur Toilette. Er pinkelte, drückte Zahnpaste auf die Zahnbürste und betrachtete sich im Spiegel. Die Zahncreme schäumte unzureichend. The Day After .
    David hatte ihm Avancen gemacht, und Jörgen hatte ihn dabei angefeuert. Seine unumwundene Erklärung, nicht interessiert zu sein, hatte ihm nichts genützt.
    »Er ziert sich nur«, hatte Jörgen gesagt. »Glaub mir, ich kenne ihn schon mein ganzes Leben. Man muss ihn immer dreimal bitten. Komm schon, Calle. David begehrt dich. Gib dich hin.«
    Das Handy klingelte. Calle spülte sich rasch den Mund aus. Jörgen, verriet das Display.
    »Guten Morgen.«
    »Nein«, erwiderte Jörgen, »überhaupt nicht. Haben sie uns gestern rausgeschmissen?«
    »Sie fanden, dass wir genug getrunken hatten.«
    »Sind wir ausfällig geworden?«
    »Nicht wir.«
    »Aber ich?«
    »Nein. Du hast nur versucht, die Rausschmeißer zu umarmen.«
    »Stimmt das?«
    »Erinnerst du dich nicht?«
    »Oh, oh, oh. Ich bin im Taxi nach Hause eingeschlafen. Der Fahrer hat mich geweckt, als wir am Ziel waren. Da wusste ich kaum noch meinen Namen. Das ist nicht gut. Ich darf einfach nicht so viel trinken. Das ist deine Schuld, Calle, du ziehst mich in den Schmutz.«
    »Vor allen Dingen.«
    »Du schleppst mich in unterirdische Schwulenbars. Aber jetzt ist Schluss mit solchen Liederlichkeiten, lass dir das gesagt sein.«
    »Klingt gut.«
    Jörgen wechselte den Tonfall und wurde ernst.
    »Der Mann aus Schonen war nett.«
    »Allerdings.«
    »Ihr seid euch sehr ähnlich.«
    »Inwiefern?«, wollte Calle wissen.
    »Äußerlich.«
    »Stimmt doch gar nicht.«
    »Dieselbe Frisur, derselbe Körperbau. Ihr wärt ein schönes Ehepaar. Fast schon unanständig symbiotisch.«
    »So weit kommt es sowieso nicht«, meinte Calle.
    »Ich verstehe nicht, warum du es immer so kompliziert machen musst. Du bist wie ein Teenager. Sobald dich einer will, ist er uninteressant. Der Typ ist Arzt.«
    »Na toll. Das hat er einem auch rasch verklickert.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Der eitelste Berufsstand, den es gibt. Die Definition einer Nanosekunde lautet folgendermaßen: die Zeit, die es dauert, bis einem ein Arzt erzählt, dass er Arzt ist.«
    Jörgen seufzte.
    »Jetzt bist du gemein. Ich habe mich nach seinem Beruf erkundigt. Er hat geantwortet, dass er im Südkrankenhaus arbeitet. Dann habe ich ihn gefragt, als was. Er hat geantwortet, er sei in der Notaufnahme. Ich habe gefragt, als Pfleger, und erst da hat er gesagt, als Arzt. Ich musste ihm das förmlich aus der Nase ziehen.«
    »Ja, ja, okay.«
    »Er ist schwer in Ordnung, Calle.«
    »Möglich, aber ich bin nicht interessiert.«
    »Warum nicht?«
    »Ich bin es einfach nicht.«
    »Okay, okay. Ich will nicht mit dir streiten.«
    »Gut.«
    »Ich sage nur  … «
    »Nein, Jörgen.«
    »Okay, okay.«
    Ein paar Sekunden lang war es still.
    »Ja, ja«, schloss Jörgen. »Ich wollte mich nur vergewissern, dass die Lage unter Kontrolle ist. Ich hatte jedenfalls gestern meinen Spaß.«
    »Danke für die Drinks. Das muss ja ein Vermögen gekostet haben.«
    »Kein Problem, ich kann mir das leisten. Pass auf dich auf, wir telefonieren bald wieder.«
    »Machen wir. Ciao.«
    Calle legte das Handy beiseite und ging ins Badezimmer. Er drehte das Wasser der Dusche auf und hielt seine Hand darunter, ehe er in die Kabine trat. Er schloss die Augen, als ihn der Wasserstrahl im Gesicht traf, und erinnerte sich an das Ende des Abends.
    David und er hatten Jörgen in ein Taxi gesetzt. Als die Rücklichter in der Dunkelheit verschwunden waren, hatte ihn David so überraschend geküsst, dass er nicht schnell genug hatte protestieren können.
    »Ich wohne um die Ecke«, hatte David gesagt.
    »Danke, das ist nett, aber ich muss nach Hause. Ich möchte gerne in meinem eigenen Bett aufwachen.«
    »Selber schuld.«
    David hatte Calles Angst vor dem Leben beinahe höhnisch belächelt. Calle hasste diese amateurpsychologischen Analysen.
    Verdammter Idiot.

26
    Das Büro befand sich in einer besseren Gegend im Zentrum Kopenhagens, und es dauerte eine Weile, bis sie einen Parkplatz fanden. Gerdin hatte von unterwegs angerufen und ihren Besuch angekündigt. Ein Sekretär hatte ihre Namen notiert und erklärt, sie seien willkommen, Sara Vallgren sei im Büro und werde der schwedischen Polizei, soweit es in

Weitere Kostenlose Bücher