Gequält
gesehen.«
Gerdin deutete fragend auf eine gerahmte Fotografie im Bücherregal.
»Meine Tochter«, sagte Björn. »Sie ist sieben. Sie wohnt jedes zweite Wochenende hier. Mein Leben ist in Ordnung, ich nehme keine Drogen und trinke nicht. Höchstens gelegentlich mal ein Bier. Wenn ich einen von den alten Kumpels in der Stadt sehe, mache ich mich unsichtbar.«
»Ab und zu werden Sie doch immer noch ein paar Worte mit ihnen wechseln?«
Björn antwortete nicht.
»Sie haben also keine Ahnung, mit welchen Leuten Conny zusammenarbeitet?«
Björn beugte sich vor und stützte sich mit den Ellbogen auf den Oberschenkeln ab.
»Ich weiß auch nicht mehr als Sie. Er trieb sich mit Henk Utrecht rum. Fragen Sie den doch, das wäre mein Tipp. Aber grüßen Sie ihn nicht von mir. Es ist auch so schon schwer genug, sich rauszuhalten.«
»Das könnte schwierig werden«, meinte Karlsson.
Björn sah ihn verständnislos an.
»Henk ist auch tot«, sagte Gerdin. »Er wurde letzten Montag auf einem Rastplatz gefunden. Offenbar hatte er sich das Leben genommen.«
Björn zog den Kopf zurück.
»Das glaub ich jetzt nicht! Er war doch immer gut drauf. Zumindest, als ich ihn kannte. Er hatte Erfolg, hatte irgendeinen Superjob in Kopenhagen gefunden, war richtig übermütig, wenn ihr mich fragt.«
»Um was für einen Job handelte es sich?«
»Job ist vielleicht zu viel gesagt. Er arbeitete für die Dänin.«
»Für wen?«
Björn sah Karlsson unsicher an.
»Die Dänin«, wiederholte er.
Karlsson und Gerdin schwiegen.
»Sie wissen nicht, wer die Dänin ist?«, fragte Björn. »Sara Vallgren.«
Die Beamten sahen sich fragend an.
»Ihr gehören ein halbes Dutzend Clubs in Kopenhagen, und auch sonst hat sie überall ihre Finger drin«, fuhr Björn fort. »Heißt es zumindest. Sie ist mit einem Schweden zusammen, ich weiß aber nicht, wie der heißt. Er ist riesig und sieht gefährlich aus. Ich kann nicht sagen, ob er ihr Leibwächter oder ihr Freund ist oder beides. Im Gegensatz zu ihm ist sie klein, zierlich und fröhlich. Aber vor ihr muss man sich wirklich in Acht nehmen.«
Björn sah Karlsson und Gerdin an.
»Und Sie haben wirklich noch nie von der Dänin gehört?«
»Nein.«
»Wie ist das nur möglich? Alle wissen, wer die Dänin ist.«
»Nie gehört«, meinte Gerdin.
»Sie ist als Kind im Fernsehen aufgetreten«, meinte Björn. »Also in Dänemark.«
»Im Fernsehen?«, sagte Gerdin.
»Kinderstar. In einer Serie, die Die schwedische Familie hieß. Sie musste immer sagen: ›Ich verstehe nicht, was du sagst, sprich Schwedisch‹, und das war offenbar in Dänemark wahnsinnig lustig.«
»Sie spricht also Schwedisch?«
»Ein Elternteil war oder ist aus Schweden.«
»Sie scheinen sie ja recht gut zu kennen«, meinte Karlsson.
»Alle wissen, wer die Dänin ist. Erstaunlich, dass Sie nie von ihr gehört haben«, sagte Björn und erhob sich. »Jetzt habe ich mehr gesagt, als ratsam gewesen wäre. Ich zähle darauf, dass Sie meinen Namen nicht erwähnen, wenn Sie diese Sache weiterverfolgen.«
Karlsson erhob sich ebenfalls.
»Machen Sie sich keine Sorgen.«
22
Barbusige Frauen, die immer an der richtigen Stelle lachten. Die vorgaben, zuzuhören, und die Männer berührten. Eine Hand auf der Schulter genügte. Je mehr sie mit Körperkontakt geizten, desto eher ließen sich die Kunden melken.
Sara Vallgren hatte ihr Imperium auf männlicher Eitelkeit errichtet, einer der stärksten Triebkräfte der Natur. Es gab nicht viele Politiker in der dänischen Hauptstadt, die nie in einem ihrer Clubs gewesen waren. Die männlichen Vertreter der Medienelite waren leicht betreten, wenn ihre Kolleginnen Moral predigten.
Wer zum ersten Mal kam, konnte sich kaum sattsehen und verfolgte mit offen stehendem Mund und großen Augen die Show, die rund um die Uhr lief. Matte saß auf einem Barhocker und füllte einen Lottoschein aus.
Sara trat auf ihn zu.
»Alles im Lack?«, fragte sie.
»Ja«, antwortete er kurz, ohne sie anzuschauen.
»Immer noch sauer?«
»Ich bin nicht sauer.«
»Und was soll das dann?«
Matte murmelte etwas Unverständliches. Sara drehte sich um, lehnte sich mit dem Rücken gegen den Tresen und zwang ihn, sie anzusehen.
»Was?«, sagte Matte.
Sara musste lachen.
»Was denn?«, sagte Matte störrisch wie ein Teenager.
»Liebster Matte, du benimmst dich wie ein kleines Kind. Doch nicht etwa wegen der Sache in Bjuv?«
Matte antwortete nicht.
»So geht das nicht weiter«, sagte Sara und drehte sich zum
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