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Gequält

Gequält

Titel: Gequält Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
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unmittelbar vorher ein Taxifahrer erzählt hatte, er hätte Robert Wells gesehen.«
    »Hm«, sagte David.
    »Setz dich doch«, meinte Jörgen.
    David nahm Platz und lächelte Calle an.
    »Tut mir leid, aber das ist trotzdem meine beste Geschichte. In Vejbystrand gibt es nicht viele Promis.«
    »Es ist eine gute Geschichte«, gab Calle zu.
    »In der Regel kann ich damit punkten«, sagte David und betrachtete ihn lächelnd.
    »Du meinst, du hast mir Avancen gemacht?«
    »Was denn sonst?«, erwiderte David.
    Calle blinzelte nervös, streckte die Hand nach seinem Glas aus und versteckte sich dahinter. David ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Und ich dachte schon, du hättest es auf mich abgesehen«, sagte Jörgen.
    David drehte den Kopf zur Seite und sah ihn an.
    »Du bist nicht schwul.«
    »Und woher wisst ihr das alle so genau?«

24
    Gerdin klopfte an Kriminalkommissar Karlssons offene Tür und wurde hereingewunken.
    »Hast du mit Kopenhagen gesprochen?«
    Gerdin nickte.
    »Sie haben mir die Akte gemailt, liest sich wie eine Kriminalreportage, in der Tat recht unterhaltend.«
    »Und was steht drin?«
    »Mal sehen«, meinte Gerdin. »Schwedischer Vater, dänische Mutter. Beide Ärzte. Privilegierte Kindheit in Kuwait. Die Eltern Intellektuelle. Sie pflegten Einladungen mit anschließender Hetzjagd zu veranstalten.«
    »Hetzjagd?«
    »Unterhaltung im Geiste Strindbergs. Nach dem Essen durfte Sara, die damals acht Jahre alt war, die Wahrheit über die Gäste der Eltern sagen. Sehr unangenehm, sagen die Leute, die dabei waren, sich von jemandem kritisieren zu lassen, den man nicht selbst kritisieren konnte. Die Familie musste fliehen, als Saddam Kuwait besetzte, und kam nach Dänemark. Sara besuchte eine Privatschule und hatte gute Noten, bis sie in der Fernsehserie auftrat, von der Björn Stenman gesprochen hat.«
    »Die schwedische Familie?«
    »Ja«, antwortete Gerdin. »Damals wussten fast alle in Dänemark, wer Sara Vallgren war. Der Typ, mit dem ich mich unterhalten habe, meinte, dass es von dem Zeitpunkt an mit ihr abwärtsging. Als die Serie eingestellt wurde, bewarb sie sich sowohl in Dänemark als auch in Schweden für neue Rollen. Ohne Erfolg.«
    »Stand das im Bericht aus Kopenhagen?«
    »Ja, so ungefähr«, erwiderte Gerdin und kehrte zum Polizeibericht zurück. »Anschließend zogen die Eltern wieder ins Ausland, aber Sara blieb bei ihren Großeltern mütterlicherseits. Sie nahm Schauspiel- und Tanzunterricht, wurde jedoch von keiner der Schulen aufgenommen, an denen sie sich bewarb. Im Alter von achtzehn begann sie, in Nachtclubs aufzutreten, und ab da stand sie wieder im Rampenlicht. Und plötzlich war sie wieder ein Star. Sara tat sich mit dem Clubbesitzer zusammen.«
    »Der später erschossen wurde?«
    »Ja. Sara war inzwischen vierundzwanzig.«
    Karlsson seufzte skeptisch.
    »Könnte sie etwas damit zu tun gehabt haben?«
    »Sie profitierte zumindest davon. Offenbar eine listige Rochade, die die Clublandschaft von Grund auf veränderte. Als sich der Pulverdampf gelegt hatte, war eigentlich nur noch Sara übrig.«
    Karlsson faltete die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich zurück.
    »Und wann war das?«
    »2004.«
    Karlsson schob beeindruckt die Unterlippe vor.
    »Sie schmeißt ihren Laden schon zehn Jahre lang? Das ist eine Ewigkeit in dieser Branche. Warum haben wir nie von ihr gehört?«
    Gerdin zuckte mit den Achseln.
    »Inzwischen wird alles über die Brücke abgewickelt, und wir merken in unserer Naivität nichts davon.«
    »Und was betreibt sie eigentlich?«
    »Schwerpunkt? Geldwäsche. Die Clubs sind nur die Fassade. Kopenhagen sagt, dass sie fast überall ihre Finger drin hat.«
    »Und Conny und Henk?«
    »Arbeiteten wahrscheinlich als Kuriere. Für solche Aufgaben benötigt sie Fußvolk. Henk kannten sie, von Conny wussten sie nichts.«
    Karlsson setzte sich auf.
    »Ja, ja, ja, jetzt wollen wir uns nicht in die dänische Kriminalgeschichte vertiefen. Wir müssen Conny finden. Wenn die Gangsterkönigin was weiß, gut. Hast du eine Adresse bekommen?«
    Gerdin nickte.
    »Dann fahren wir«, sagte Karlsson und erhob sich.

25
    Calle Collin erwachte mit einem trockenen Mund. Er öffnete die Augen, schloss sie aber rasch wieder. Das war so ein Tag, den er nicht recht in Angriff nehmen wollte. Er zog die Decke über den Kopf und versuchte, die Welt zu verdrängen. Vergeblich. Sein Gehirn spulte auf sadistische Art Bilder vom Vorabend ab. Zu bereuen gab es nichts, er hatte einfach zu viel getrunken.

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