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Gequält

Gequält

Titel: Gequält Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
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von der die Zeitungen berichtet haben, war also Connys Freundin? Glauben Sie, dass er die Tat begangen hat?«
    »Jetzt nicht mehr«, sagte Karlsson.

40
    Calle und Jörgen saßen beim Chinesen oberhalb von Slussen. Große, schmutzige Fenster aufs Wasser, das Bier der Woche unter fünfzig Kronen pro Halbliterflasche. Sie hatten jeder bereits zwei intus.
    »Was für ein Albtraum.«
    Calle stimmte kopfschüttelnd zu.
    »Wie kann er nur so etwas über einen Menschen schreiben, der sich nicht mehr wehren kann?«, fuhr Jörgen fort. »Und dich derart anzugreifen.«
    »Er war offenbar ein Aas«, meinte Calle.
    »Der Tote, meinst du? Ganz bestimmt. Aber trotzdem gibt es Grenzen. Soll ich mit ihnen reden?«
    »Mit den Eltern, meinst du? Nein, was sollte das bringen?«
    »Das ist denen sicher wahnsinnig peinlich. Ich würde mich jedenfalls schämen«, meinte Jörgen und seufzte resigniert. »Manchmal kommt es mir so vor, als wäre die Welt voller Leute, auf denen früher rumgehackt wurde und denen jetzt nichts Besseres einfällt, als ihrerseits auszuteilen. Wer hatte denn keine ätzende Kindheit? Man muss doch nur etwas an der Oberfläche kratzen, und schon findet sich was, worüber sich jammern lässt.«
    »Ich bin ja eigentlich selber schuld«, sagte Calle. »Was richte ich auch Grüße aus, obwohl mir klar war, dass Kent und Anders nicht die besten Freunde waren. Das war halt nur so dahingesagt.«
    Jörgen winkte der Kellnerin zu und hielt zwei Finger in die Höhe.
    »Ich verstehe nicht, worüber sich Kents Mutter aufregt«, sagte er, nachdem ihm die Kellnerin zugenickt hatte.
    »Ich glaube, die Reportage war ihr sehr wichtig«, sagte Calle. »Ich hatte so ein Gefühl. Außerdem hat es sie gefreut, als ich ihr die Grüße von einem halbwegs bekannten Zeitungsfuzzi ausgerichtet habe. So kommt es mir zumindest vor.«
    Die Kellnerin brachte das Bier. Jörgen schenkte sich sofort ein.
    »Wie sieht’s mit der Liebe aus?«
    »Was meinst du?«
    »Hast du mit dem Mann aus Schonen gesprochen?«
    »Warum hätte ich mit ihm sprechen sollen?«
    »Er war nett und wirkte interessiert.«
    »Das muss noch lange nicht heißen, dass ich das auch bin.«
    Jörgen atmete tief durch.
    »Nein«, sagte er, »natürlich nicht. Aber ich verstehe nicht, warum du so negativ bist. Schließlich war er sehr aufgeschlossen. Allein schon, dass er auf uns zugekommen ist. Schließlich lassen wir uns nicht von jedem x-B eliebigen anquatschen. Wenn jemand bereit ist, sich zu uns durchzukämpfen, finde ich, sollte man das respektieren.«
    Calle murmelte etwas Unhörbares. Jörgen legte ihm eine Hand auf den Arm.
    »Erinnerst du dich, als wir mit dem Dampfer nach Hause gefahren sind? Da warst du nicht so selbstbewusst. Wenn du was willst, musst du auch was geben. Da nützt es wenig, in deinem Kämmerlein zu sitzen und dich in Selbstmitleid zu suhlen.«
    »Das tue ich nicht.«
    »Doch, das tust du. Sobald jemand nur das geringste Interesse zeigt, ergreifst du die Flucht. Ich begreife nicht, wovor du eigentlich Angst hast.«
    »Und ausgerechnet von dir muss ich mir diesen amateurpsychologischen Dr.-Phil-Scheiß anhören.«
    Calle trank hastig einige Schluck Bier und sah sich aufgebracht um. Die Klientel war nicht sonderlich erbaulich. Die meisten Gäste hingen über ihren Gläsern wie beschützende Pinguinmütter. Billiges Bier zog einen bestimmten Menschenschlag an.
    »Was ist es dann?«, fragte Jörgen.
    »Ich weiß nicht«, sagte Calle. »Vermutlich bin ich einfach zu bequem. Ich habe keine Lust, Rücksicht zu nehmen, ich will mich nicht anpassen. Ich will nicht die schmutzigen Unterhosen eines anderen vom Fußboden aufheben. Nein danke. Möglicherweise könnte ich mir einen Partner vorstellen, mit dem ich nicht zusammenwohne. Eventuell.«
    Jörgen nickte und hob sein Glas.
    »Das ist doch immerhin ein Anfang.«
    Calle ließ den Kopf hängen.
    »Das ist eh nur rein hypothetisch«, murmelte er. »Schließlich hat er nicht angerufen oder so.«
    »Und du?«
    »Ich habe nicht mal seine Nummer.«
    »Und wie schwer kann es sein, die rauszukriegen? Du weißt, wo er arbeitet. Krankenhaus Söder, Notaufnahme. Brich dir ein Bein oder so.«

41
    Karlsson hatte ein Whiteboard in sein Büro geschoben, Namen daraufgeschrieben, sie eingekreist und mithilfe von Strichen und Pfeilen verbunden. Er hielt einen Stift in der Hand und war bereit, das Ganze noch unübersichtlicher zu machen. Gerdin mochte seinen Kollegen, aber dessen Leidenschaft für Whiteboards näherte sich

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