Gequält
wegen Schmuggel und schwerer Körperverletzung gesessen. Der Knast war seine Ausbildung gewesen, dort hatte er Kontakte geknüpft, und er besaß eine soziale Kompetenz, die Sara ein gutes Gefühl vermittelte. Er hatte zwei Leute beseitigt, die den Versuch unternommen hatten, Geld zu unterschlagen. Beide waren spurlos verschwunden, und nur die Polizei stellte Fragen, auf die sie keine Antworten bekam. Odense war außerdem einer der wenigen, die nach der Hotelschießerei nicht bei ihr vorstellig geworden waren. Er war sozusagen der Einzige, der nicht schwanzwedelnd angerannt gekommen war, um ihr das Stöckchen vor die Füße zu legen.
»Wie du weißt, ist eine Lücke entstanden.«
Odenses Miene blieb ausdruckslos.
»Ich brauche einen selbstständigen Mitarbeiter, der auftretende Probleme selbstständig löst und mich nicht immer um Rat fragen muss.«
Er sah sie an, atmete ruhig und ließ sich im Übrigen keine Gefühlsregung anmerken.
»Dies ist ein schwieriger Prozess, und ich werde keine übereilten Beschlüsse fassen. Matte hat gute Arbeit geleistet und war loyal. Das weiß ich zu schätzen. Es gibt allerdings durchaus Verbesserungspotenzial. Das ist immer so, insbesondere in unserer Branche. Ich will nicht, dass mein Name mit Ereignissen in Verbindung gebracht wird, für die ich nicht einstehen kann. Ein gewisses Niveau darf nicht unterschritten werden, falls du mich verstehst.«
Odense nickte, fast unmerklich.
»Wie auch immer … «
Sara atmete hörbar aus.
»… ich habe im Augenblick noch ganz andere Sorgen.«
Kemal kniff die Augen zusammen. Sara breitete unschlüssig die Arme aus.
»Es gibt einen Typen in Stockholm, der behauptet, ich hätte ihn angerufen und bedroht. Er will vor Gericht aussagen, was mir sehr unnötig und geradezu respektlos erscheint.«
Odense drehte den Kopf ein Stück zur Seite.
»Calle Collin«, sagte Sara. »Beides mit C. Wohnt in der Tulegatan.«
»In Stockholm?«
Sara nickte.
»Er lässt leider nicht mit sich reden, weigert sich, Vernunft anzunehmen. Am besten wäre, wenn ihm etwas zustößt.«
Odense stand auf. Er war ein Mann weniger Worte und schien kein Problem damit zu haben, Anweisungen von einer Frau entgegenzunehmen.
»Okay.«
»Noch etwas. Ich weiß nicht, ob dir das weiterhilft.«
Odense hob fragend die Brauen.
»Der Typ ist schwul.«
»Offiziell?«
»Ja.«
Odense zuckte mit den Achseln. Sexuelle Präferenzen interessierten ihn nur, wenn sie sich in bare Münze umsetzen ließen, entweder indem er Dienstleistungen bereithielt oder zu enthüllen drohte, wo jemand wieder mal seinen Schwanz versenkt hatte. Mit einem Arschficker, der seine Neigungen an die große Glocke hängte, ließ sich kein Geld verdienen.
Sara Vallgren presste die Lippen zusammen und dachte nach.
»Irgendwann im Laufe der kommenden Wochen würde genügen.«
Odense nickte, und Sara lächelte ihn an.
»Also abgemacht«, sagte sie und streckte die Hand aus.
Er ergriff sie, und Sara begleitete ihn zur Tür. Im Vorzimmer erwarteten sie zwei bekannte Gesichter. Sara trat auf Karlsson und Gerdin zu.
»Die schwedischen Ordnungshüter. Welch eine Überraschung. Das wird ja schon fast zur Gewohnheit. Was führt Sie nach Kopenhagen?«
»Wir würden gerne ein paar Worte mit Ihnen wechseln.«
»Selbstverständlich. Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«
»Nein danke.«
Sie folgten ihr ins Büro. Sara schloss die Tür und ging um den Schreibtisch herum.
»Nehmen Sie doch bitte Platz.«
Widerwillig setzten sich die beiden. Saras Freundlichkeit bereitete ihnen ein gewisses Unbehagen.
»Schießen Sie los«, sagte sie und faltete die Hände auf der Tischplatte. »Wie läuft es mit der Polizeiarbeit? Schreiten die Ermittlungen voran?«
»Wir würden Ihnen gerne noch ein paar Fragen zu Ihrem schwedischen Kurzurlaub mit Mattias stellen«, sagte Karlsson.
Sara nickte.
»Können Sie ein wenig darüber erzählen?«
»Ich glaube, das meiste ist bereits gesagt.«
»Bitte wiederholen Sie es für uns.«
»Tja, da gibt es nicht so viel zu erzählen. Wir sind ein wenig durch die Gegend gefahren und in einem Hotel, ich glaube, in Ängelholm, abgestiegen. Am Montag haben wir Mattias’ Mutter in Höganäs besucht.«
»Und Sie waren die ganze Zeit zusammen?«
»Mattias und ich? Ja, mehr oder weniger.«
»Und das heißt?«
»Wieso?«
»Waren Sie zusammen oder waren Sie nicht zusammen?«
»Oh, jetzt also der markige Stil. Ja, wir waren fast die ganze Zeit zusammen.«
»Und wann waren Sie
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