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Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Titel: Geraeuschkiller - Mutige Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Severini
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zwischen
den Baumkronen hervor. Das hatte sie noch nie gesehen. Dicke Grasbüschel wuchsen
darauf. Ein seltsames Flirren wob sich um das Dach. Es ähnelte dem Hitzeflirren
in den heißen Ländern des Südens.
    Sie
kletterte hinauf zu ihrem ›Späherast‹. Er wuchs über die Kiefern hinaus, ein
idealer Aussichtspunkt, dick genug, um sie zu tragen, und lang genug, um ihr
einen freien Blick über die Landschaft zu ermöglichen. Parallel zu ihm, einen
halben Meter darüber, verlief, etwas versetzt, ein Ast, an dem sie sich mit den
Händen festhalten konnte wie an einem Geländer.
    Sie
balancierte auf ihrem ›Späherast‹ bis zur äußersten Spitze, dorthin, wo er
immer dünner wurde. Diesmal wagte sie sich besonders weit hinaus. Beinahe wäre
sie abgerutscht, so tief bog sich der Ast unter ihrem Gewicht nach unten.
    Sie kniff
die Augen zusammen und reckte den Hals. Das Haus muss schon sehr lange da
stehen, dachte sie, sonst gäbe es doch kein Gras auf dem Dach. Sie versuchte zu
orten, wo genau es stand.
    Es lugte
aus einer Schneise im Kiefernwald hervor. Und dieses sonderbare Flirren, als
wäre es um das Haus herum sehr heiß. Was war da los?
    Sie
versuchte, die Entfernung zu schätzen. Mit dem Rad könnte sie vielleicht in
zehn Minuten dort sein.
    Sie
kletterte zurück, kauerte sich in ihre Astgabel und starrte lange zu dem
Schindeldach mit den dicken Grasbüscheln hinüber.
    »Das muss
ich mir genauer ansehen«, sagte sie laut und hangelte sich nach unten.
    Durch das
hohe Gras lief sie nach Hause.

Im Kiefernwald
     
    Am nächsten
Morgen machte sie sich auf die Suche nach dem rätselhaften Haus.
    Sie
schlüpfte in ihre Jeans und zog das türkisfarbene T-Shirt an, das mit den
großen Mohnblumen, ihren Lieblingsblumen. Pedro hatte es aus den Ferien in
Italien für sie mitgebracht. Er wusste, dass sie Mohnblumen liebte. Sie betrachtete sich
im Spiegel. Vielleicht führt es mich zu ihm, dachte sie.
    Sie zog ihre
Wanderstiefel an, damit sie auch durchs Dickicht streifen konnte und packte
vorsichtshalber eine Käsesemmel und eine Flasche Limo als Proviant in ihren
Rucksack. Eine Plastikdose mit frischen Himbeeren nahm sie auch noch mitund
steckte ihr Handy in die Hosentasche. Dann radelte sie in den Wald.
    Jeden Weg,
jeden Pfad, jeden Winkel suchte sie ab. Bis zum weißen Dünenstrand suchte sie
alles ab. Sie konnte das Haus nicht finden. Nur undurchdringliches Dickicht,
Gestrüpp, Farn und Efeu. Keine Spur von einem Haus.
    Aber es
musste hier in der Nähe sein. Wenn doch nur Pedro dabei wäre! Gemeinsam hätten
sie es längst gefunden. Sie fragte eine alte Frau, die gerade des Weges kam.
Sie war so alt, dass sie etwas über das Haus wissen musste. Doch die schüttelte
nur den Kopf und zuckte mit den Achseln.
    Ein
alter Mann, der ihr entgegenkam, erzählte ihr: »Vor vielen Jahrhunderten stand
hier im Wald ein Schloss, der Landsitz eines pommerschen Fürsten. Er war ein
sehr gelehrter und gläubiger Mann, er hatte sogar eine Bibliothek und eine Hauskapelle
im Schloss eingerichtet.«
    »Woher
wissen Sie das alles?«
    «Das
habe ich in der Dorfchronik gelesen«. Er lächelte versonnen.
    »Als
Junge bin ich mit meinen Freunden ein paar Mal in diese Wildnis hier eingedrungen.
Wir träumten davon das alte Schloss zu finden und in seinen Mauern eine
Schatztruhe. Aber schon damals war hier alles zugewachsen mit mannshohen
Disteln, Brennnesseln und dornigen Brombeerbüschen. Und irgendwann haben wir
die Suche aufgegeben.«
    »Ich
habe aber ein altes Haus gesehen! Von meiner Buche aus. Ich schwör’s ! Mitten
im Wald, ein Haus mit einem verwitterten Schindeldach. Es muss hier irgendwo
sein!«
    Der
alte Mann schüttelte den Kopf. »Nein, kleines Fräulein. Das ist unmöglich! Es
ist nichts mehr übrig von dem Landsitz des Fürsten.«  Und er sah Clara an,
als wollte sie ihm einen Bären aufbinden.
    Doch sie
gab nicht auf. Sie rastete kurz und knabberte an ihrer Käsesemmel. Dann radelte
sie erneut den Wald ab. Vergebens.
    Ich
klettere noch einmal auf die Buche und suche nach Anhaltspunkten, beschloss sie
und radelte zurück. Als sie am kleinen alten Karussell vorbei kam, das nun
still und verlassen war, fiel ihr das verrostete Schild mit dem Totenkopf und
der Aufschrift »Betreten verboten! Privatgrund« wieder auf. Die Brombeerzweige waren
abgeknickt, und kaum sichtbar führte eine Spur ins Dickicht.
    Da muss
jemand rein gegangen sein, dachte sie. Pedro! Vielleicht war er hier gewesen!
    Sie warf
ihr Rad auf den Boden, bog die

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