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Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Titel: Geraeuschkiller - Mutige Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Severini
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Vorsicht fischte sie das Smaragg mit der Zahl 3 aus dem Schrein und
zuckte zusammen. Es war kalt wie Eis. Sie umschloss es behutsam mit ihrer Hand
und spürte, dass es sich erwärmte.
    Auf einmal
glaubte sie ein feines Atmen darin zu hören.
    Sie hielt
das Smaragg ganz nah an ihr Ohr – wie sanfter Wind atmete es darin. Das ist
Pedro!, dachte sie, und eine Welle von Zärtlichkeit durchflutete sie. Ein
zartes Pochen hörte sie auch. Pedros Herz!
    Plötzlich
begannen in der Wabe Pedros Augenlider zu beben. Jetzt drang ein tiefes Seufzen
aus dem schwarzen Smaragg und Pedros Brust hob und senkte sich kaum sichtbar.
     Aus
den starren Augen quoll eine Träne und rollte über das unbewegte Gesicht
hinunter zum Hals. Dort, wo das Schlüsselbein eine Mulde bildet, fing sie sich
zitternd.
    Clara
schaute sie gebannt an. Konnte sie Pedro das Leben wiedergeben, wenn sie das
schwarze Smaragg erwärmte? Sie umschloss es zärtlich mit beiden Händen, hauchte
warm darüber und drückte einen langen Kuss darauf.
    Unversehens
verdunkelte ein Schatten die silbergrünen Waben. Der Schatten eines Mannes! Ein
kurzer Hals auf gewaltigen Schultern. Der Mann hinkte! Er steuerte geradewegs
auf die Wabe zu, in der Pedro sich zu regen begann.
    Jetzt blieb
er stehen. Drehte sich ruckartig herum. Stechend blaue Augen, die sich zu schmalen Schlitzen
verengten, funkelten Clara aus Ve-Utos Pupille heraus an, sie schleuderten
Blitze vor Wut.
    Claras
Gedanken überschlugen sich. Konnte der Mann sie sehen, so wie sie ihn sah?
Verhielt sich Ve-Uto wie eine Beobachtungskamera? Ein riesiges Auge, das alles
sah? Clara duckte sich pfeilschnell. Wusste der Kerl jetzt, dass sie sich an
den schwarzen Smaraggs zu schaffen gemacht hatte?
    Ve-Utos Lid
senkte sich, als wollte er das Bild verschließen. Als es sich langsam wieder
hob, sah sie in seiner Pupille einen Felsengang. Der fahle Schein einer Taschenlampe
irrte durch die Dunkelheit. Da rannte jemand! Jemand, der einen Koffer trug.
    Das muss
Dragu sein, dachte Clara. Was hatte er vor?
    Wieder
schloss sich Ve-Utos Lid. Als es sich langsam öffnete, zeigte die Pupille das
offene Meer und eine schroffe Kreideinsel. Zacken-Polly!
    Sie schrak
zusammen. War da ein Geräusch? Sie horchte.
    Schritte!
Sie kamen die Kellertreppe hoch. Humpelnde Schritte.
    Behutsam,
als hielte sie eine Seifenblase in ihren Händen, stellte sie das schwarze Smaragg
in den Schrein zurück und huschte auf Zehenspitzen in ihr Zimmer. Sie warf sich
auf das erdbeerrote Bett und stellte sich schlafend. Doch dann durchfuhr es sie
wie der Blitz: der Schlüssel! Sie hatte vergessen, die Tür abzusperren!
Schnell, sperr sie zu, schnell.
    Zu spät. Schon
hackten die Schritte herein.
    Der Mann
blieb vor ihrem Bett stehen. Der betäubende Duft, den sie von Goldmund und aus
der Kapelle kannte, stieg ihr in die Nase, überdeckt von einem beißenden Geruch
nach Motorenöl, Desinfektionsmittel und Algen. Am liebsten hätte sie sich die Nase
zugehalten, aber sie musste sich schlafend stellen.
    »Lass das
Theater. Ich weiß, dass du nicht schläfst«, sagte er.
    Jetzt
hockte er sich neben sie, sein Atem keuchte nah an ihrem Ohr. Aus seinem Mund
roch es nach – ja, nach was? Nach Veilchenpastillen riecht er, wunderte sich
Clara. Die Überraschung nahm ihr für einen kurzen Moment die Angst. Doch dann
biss sich die Furcht umso eisiger in ihr fest. Wie gelähmt lag sie da.
    Er rüttelte
sie an der Schulter. »Was hast du bei den schwarzen Smaraggs verloren?«
    Clara
öffnete die Augen einen winzigen Spalt breit, gerade so weit, dass sie den Mann
erkennen konnte, ohne sich zu verraten. Er hat etwas von einem Raben, dachte
sie. Scharf wie ein Rabenschnabel ragte seine Nase aus den dunklen
Bartstoppeln, bräunliche Schatten lagen unter seinen Augen. Der Kerl ist voller
schwarzer Gefühle, durchfuhr es Clara, und ein Beben befiel ihren Körper, das
sie nicht beherrschen konnte.
    Schwarze
lange Haarsträhnen, die rund um seine Glatze wuchsen, hingen wirr über seine
Ohren und verdeckten ... sie verdeckten, dass der Mann keine Ohrmuscheln hatte!
Clara wurde es fast übel vor Ekel.
    Auch der
Mann musterte das Mädchen.
    Mit seinem
Zeigefinger, auf dem ein langer gelbbrauner Nagel wuchs, strich er Clara eine Locke
aus dem Gesicht. Er betrachtete die klare Stirn, die so rein und hell und glatt
war wie eine Perle, er sah die zierlichen weißen Ohren, schnupperte den Duft
des Mädchens. Diesen Duft nach Frühlingswind und Margeritenwiese. Seine Glatze
zuckte heftig

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