Gérards Heirat
Linie, weil Sie Geist haben und zu reden wagen, und in zweiter, weil mich meine Freundinnen beneiden und mir ganz gerne meinen Bewerber wegschnappen würden, während Sie ...«
»Natürlich, ich zähle gar nicht mit!« sagte Helene und suchte ihre Verwirrung hinter einem Lächeln zu verbergen.
»Das will ich nicht sagen, aber Sie denken nicht daran, sich hier zu verheiraten, und dies ist die Hauptsache ... Nun, meine Liebe, thun Sie dies für mich, und wenn Sie bei dieser Unterhaltung Gelegenheit finden, mein Lob mit einfließen zu lassen, so thun Sie sich keinen Zwang an.«
Das Orchester begann wieder zu spielen und die beiden Mädchen trennten sich.
Achtes Kapitel.
Es wurde eine Mazurka gespielt, das war der Gérard versprochene Tanz, und Helene sah den jungen Mann nicht ohne eine gewisse Angst auf sich zukommen. Ihr Herz klopfte bei dem Gedanken, den Auftrag, den ihr Georgine gegeben hatte, auszuführen, und doch trieb sie eine geheime Neugierde dazu, eine Erklärung zu veranlassen. Sie nahm Gérards Arm und dann begannen sie langsam und schweigend zu tanzen. Von Zeit zu Zeit mischten Flöten und Hörner ihre Seufzer mit den fröhlicheren Klängen der Saiteninstrumente, die Paare drehten sich bald gleitend, bald hüpfend, die Tänzer aufrecht mit zurückgeworfenem Haupt, die Tänzerinnen, biegsamer und geschmeidiger, neigten die Stirne leicht nach der Schulter des Tänzers, als ob die Musik sie ermüdet hätte. Die Seidenstoffe knisterten, die matten und rosigen Schultern nahmen in dem warmen Lampenlicht die Farbentöne schöner, sammetweicher Früchte an; die welken und zerdrückten Blumen in den Haaren und den Sträußen der Damen erfüllten die Luft mit berauschenden Wohlgerüchen. Die Paare kamen durch das Billardzimmer und die Galerie einzeln in das Empfangszimmer zurück. So gelangten Helene und Gérard an das äußerste Ende des Billardsaales, und hier blieb Fräulein Laheyrard plötzlich stehen. Sie konnteihre gewöhnliche Sicherheit nicht wiedergewinnen, sie war bleich und bewegte ihren Fächer hastig hin und her.
»Sind Sie müde?« fragte Gérard.
»Nein, ich fühle mich nur ein wenig beengt ... Wir wollen eine Minute ausruhen.«
In diesem Augenblick schwebte Georgine an Marius' Arm an ihnen vorüber; sie winkte Helenen, als sie vorbeitanzte, rasch mit dem Auge.
»Fräulein Grandfief sieht aus, als ob sie recht vergnügt wäre,« begann Helene mit unsicherer Stimme, »sie ist heute abend sehr hübsch.« Gérard schwieg. – »Finden Sie es nicht auch?« fuhr sie nach einem Augenblick beharrlich fort.
»Sie ist sehr frisch,« sagte er gleichgültig.
»Frisch!« ... das ist ein dürftiges Kompliment, das Sie ihr da machen ... Sie hat hübsche Augen, schöne Haare ...«
»Nicht so schön wie Sie!« entgegnete er und warf einen zärtlichen Blick auf die goldenen Locken, die auf den weißen Hals seiner Tänzerin herabfielen.
»Und dann,« fuhr Helene fort, »ist sie sehr zurückhaltend, was mir ein großes Verdienst zu sein scheint; sie ist häuslich, hat viel Sinn für Ordnung und eine Menge anderer schätzenswerter Eigenschaften.«
»Sie hat hauptsächlich eine, die Sie vergessen,« sagte der junge Mann ungeduldig.
»Welche?«
»Sie besitzt eine sehr warme Freundin!«
Einen Augenblick sahen sie sich tief in die Augen. Helene konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, wurde aber schnell wieder ernst und fuhr fort: »Ich finde Sie sehr strenge ... Ich weiß sehr wohl, daß es unpassend ist, jemanden zu sehr zu rühmen, der uns nahe steht, aber es scheint mir doch, daß Sie, obgleich Georgine Ihre Braut ist, die Bescheidenheit darin etwas zu weit treiben.«
Gérards Antlitz färbte sich purpurrot. »Meine Braut!« flüsterte er, »und Sie konnten das glauben!«
»Jedermann sagt es, und Ihr Vater macht kein Geheimnis daraus.«
»Fräulein Grandfief mag eine Braut nach meines Vaters Herzen sein,« rief Gérard lebhaft, »allein sie wird nie die meine sein.« Er senkte die Augen, atmete tief auf und setzte mit bebender Stimme hinzu: »Die Braut meines Herzens, die, die ich liebe, sind Sie!«
Selbst erschrocken über seine Kühnheit, faßte er Helenens Hand, wie um den unterbrochenen Tanz fortzusetzen.
Das junge Mädchen war blaß wie eine Lilie, aber ihre leuchtenden Augen verrieten die Wonne, die ihr Herz erfüllte.
»Helene!« fuhr der junge Mann fort, von diesem Blick und der Musik berauscht, »Helene ...«
»Genug, genug,« flüsterte sie mit gebieterischer und doch zärtlicher
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