Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
Wagen!«
    »Geben Sie mir die Schlüssel, verdammt!«
    Der Mann starrte mich verdutzt an.
    »Gib ihm die verdammten Schlüssel!«, brüllte der Lieferwagenfahrer.
    »Sie stecken im Zündschloss.«
    Ich zog Rachel zur Beifahrertür und schob sie auf den Sitz, dann kletterte ich hinter das Lenkrad und ließ den Motor an. Der Besitzer des Wagens rief irgendetwas, doch seine Worte gingen im Aufbrüllen der Maschine unter, als ich Gas gab. Die Beschleunigung ließ meine Tür ins Schloss knallen, und es kostete mich all meine Selbstbeherrschung, um langsam zu fahren. Ich musste mich innerhalb der vorgeschriebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen halten, wenn wir unerkannt aus dem Bereich des Bahnhofs entkommen wollten. Sobald wir das geschafft hätten, würde ich den Wagen abstoßen, bevor wir die Stadt verließen.
    »Hör nur«, sagte Rachel mit weißem Gesicht.
    Polizeisirenen näherten sich aus mehreren Richtungen der Union Station.

27
    I ch stand hinter Rachel in der Cafeteria des JFK Airports in New York, während ich sie unauffällig auf Anzeichen eines Zusammenbruchs musterte. Sie trug ein blaues Kostüm, Teil der neuen Garderobe, die sie in New Jersey erstanden hatte, doch das Kostüm konnte ihr bleiches Gesicht und die tief liegenden Augen nicht maskieren. Die Tatsache, dass sie auf Geli Bauer geschossen hatte, hatte sie zutiefst erschüttert, und obwohl wir in den Nachrichten gehört hatten, dass die »Bundesbeamtin«, die in der Union Station niedergeschossen worden war, überlebt hatte, war Rachel während der gesamten Fahrt nach New York ein Nervenbündel gewesen.
    Ohne Hilfe hätte ich sie niemals aus Washington schaffen können. Nachdem wir den Toyota fünf Blocks hinter der Union Station hatten stehen lassen, waren wir in ein Taxi gestiegen, das uns zurück über den Potomac nach Alexandria, Virginia gebracht hatte, zu einem Einkaufscenter der gehobenen Preisklasse. Dort hatte ich die Telefonnummer angerufen, die uns zum Au Bon Pain Café und zu unserem Rendezvous mit Mary Venable geführt hatte. Ich hatte der Frau am anderen Ende der Leitung mitgeteilt, dass Dr. Rachel Weiss in Lebensgefahr schwebte und dass wir dringend Hilfe benötigten. Fünfundvierzig Minuten später war ein blauer Toyota Camry gekommen. Wir waren eingestiegen und wieder nach Washington gebracht worden, zu einer privaten Villa im Süden der Stadt.
    Das Haus, geführt von einer Feministinnengruppe, war ein Zufluchtsort für geschlagene Frauen, die mit ihren Kindern auf derFlucht vor ihren Männern waren und dort neue Identitäten erhielten. Wir wurden in ein Zimmer im hinteren Bereich des Hauses geführt, und nach einer kurzen Wartezeit war Mary Venable eingetroffen. Sie hatte Rachel gründlich ausgefragt – sie schien mir nicht zu trauen – und schließlich einen Wagen arrangiert, mit dem wir am nächsten Tag nach New York fahren konnten. Sie bat uns, den Wagen auf dem Langzeitparkplatz des JFK Airport stehen zu lassen, wo er von einer ihrer New Yorker »Schwestern« abgeholt werden würde.
    Es gab einen Fernseher im Zimmer, und die Schießerei in der Union Station war in sämtlichen Nachrichten. Die vorübergehende Schließung der Station schien mindestens genauso viel Empörung ausgelöst zu haben. Anfängliche Berichte waren von einer Bombendrohung ausgegangen, die eine Evakuierung des Bahnhofs erforderlich gemacht hatte, doch bis zu den Spätnachrichten hatte sich die Geschichte verändert. Die Polizeikräfte der Hauptstadt hatten durchsickern lassen, dass ein potenzieller Präsidentenmörder bis zu der Station verfolgt worden wäre. Mein Name wurde nicht genannt, doch der Sprecher sagte, die Polizei hätte geglaubt, dass die Frau, die in der Station auf die »Bundesbeamtin« geschossen hätte, zuvor eine Geisel des Attentäters gewesen wäre. Nun ginge man davon aus, dass es sich nicht um eine Geisel, sondern eine Komplizin handele.
    Wir schliefen wenig. Am nächsten Morgen war mein Name zusammen mit einem Bild von mir in der Washington Post. In dem Bericht charakterisierte mich ein Sprecher des Secret Service als idealistischen Arzt, der nach Jahren der Trauer wegen des tragischen Todes seiner Familie übergeschnappt wäre. Getrieben von paranoiden Halluzinationen hätte ich das Leben des Präsidenten bedroht, und mein bewaffnetes Auftauchen in Washington wäre der Beweis dafür, wie gefährlich ich wäre. Die Identität meiner weiblichen Begleiterin wäre zu diesem Zeitpunkt noch »unbekannt«, doch mehrere Zeugen hätten

Weitere Kostenlose Bücher