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Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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treten.«
    Sie suchen nach Terroristen, sagte ich mir. Nicht nach potenziellen Präsidentenmördern. Ich wandte mich um und nickte den beiden zu.
    Das Schweigen wurde zunehmend unbehaglich, doch plötzlich richtete Rachel sich auf und erwachte zum Leben. »Man muss sich dessen nicht schämen, nehme ich an«, sagte sie. »Mein Gynäkologe hat mich rübergeschickt. Ich hatte vor kurzem eine Diagnose auf Eierstockkrebs in fortgeschrittenem Stadium, doch mein Arzt hat einen Freund im Hadassah Hospital in Jerusalem. Es gibt eine klinische Behandlungsmethode, bei der die eigenen T-Zellen kultiviert und reinjiziert werden, um die Krebszellen zu bekämpfen. Mein Arzt ist ein guter alter Freund. Er hat sämtliche Arrangements für uns getroffen, Gott sei Dank. Das Flugzeug, die Unterkunft, alles.« Sie legte die Hand auf ihre Brust. »Tut mir Leid, wenn ich so viel rede. Es ist nur der erste Hoffnungsschimmer seit Monaten, wissen Sie, und es geht mir besser, wenn ich darüber sprechen kann.«
    »Kein Problem«, sagte der Mann mit der goldenen Halskette. »Ich bin sicher, Sie werden wieder gesund. Die Ärzte im Hadassah Hospital sind die besten der Welt.«
    »Die Behandlung klingt jedenfalls sehr viel versprechend«, meldete ich mich ebenfalls zu Wort, um nicht unhöflich zu erscheinen. »Der Leiter der Forschungsabteilung dort hat an der Sloan-Kettering studiert.«
    »Sie hören sich an, als wären Sie selbst Arzt«, sagte der kleinere der beiden, und ich verlor den letzten Zweifel, dass es sichbei ihnen um die Sicherheitsleute der El Al handelte. Plötzlich konnte ich an nichts anderes mehr denken als die sechzehntausend Dollar Bargeld, die wir in Gürteln unter der Kleidung verborgen bei uns trugen.
    »Essen, Mister!«, schnappte einer der chinesischen Köche hinter der Theke.
    »Danke sehr«, sagte ich und warf einen Blick über die Schulter auf unsere beiden Teller. »Ja, ich bin Internist«, sagte ich.
    »Kennen Sie sich mit Arthritis aus?«, fragte der Kleinere. »Die Ärzte sagen, ich hätte psoriatische Arthropathie.«
    Soll ich ihm antworten?, fragte ich mich. Und in welchem Tonfall? Arrogant? »Nun ja, es gibt fünf verschiedene Formen. Einige sind relativ harmlos, andere verkrüppeln den Menschen.«
    »Welche sind die schlimmen?«
    »Arthritis mutilans.«
    Der Mann lächelte erleichtert. »Die habe ich nicht, Gott sei Dank. Ich habe irgendwas mit Phalangen.«
    »Distal interphalangeal prädominant«, sagte ich, nahm seine Hand und betrachtete seine Fingernägel. Sie zeigten deutliche Vertiefungen. »Es könnte sehr viel schlimmer sein.«
    Er zog seine Hand zurück. »Gut, gut. Nun, ich wünsche Ihnen noch einen guten Appetit.«
    »Viel Glück im Hadassah Hospital«, sagte der mit der Goldkette. »Wenn es eine Heilung gibt, dann sind Sie dort an der richtigen Adresse.«
    Ich stellte unsere beiden Teller auf ein Tablett und trug es zu einem freien Tisch. Rachel folgte mir. Sie sah aus, als wäre sie am Boden zerstört. Ich blickte zurück zum Tresen und sah die beiden Männer davongehen, ohne etwas bestellt zu haben.
    »Du hast dich fantastisch geschlagen«, sagte ich leise zu Rachel. »Eine schauspielreife Leistung.«
    »Überlebensinstinkt«, antwortete sie, während sie Platz nahm. »Jeder hat ihn in sich. Das hast du mir in North Carolina gesagt, erinnerst du dich? Ich wollte dir nicht glauben. Jetzt weiß ich es besser.«
    Ich nahm meine Gabel auf. »Es macht jedenfalls keinen Sinn, sich deswegen schuldig zu fühlen.«
    »Sie hatten bereits mit Adam Kontakt aufgenommen, jedenfalls hatte ich genau das Gefühl.«
    »Ohne Zweifel«, stimmte ich ihr zu. »Er wird ihnen die gleiche Geschichte erzählt haben. Falls wir es bis an Bord schaffen, ohne verhaftet zu werden, schicke ich diesem Burschen eine Kiste Champagner.«
    Rachel schloss die Augen. »Werden wir es schaffen?«
    »Ja. Reiß dich nur noch eine halbe Stunde zusammen, dann haben wir es hinter uns.«
    Die 747 war voll, obwohl es ein Nachtflug war, doch wir saßen von unseren Nachbarn durch einen Mittelgang und zwei leere Plätze getrennt, was uns ein wenig Privatsphäre verschaffte. Ich saß mit meiner Yankees-Mütze am Fenster und achtete darauf, mit niemandem Augenkontakt herzustellen, bevor ich zwei Decken aus dem Gepäckfach nahm und uns beide bis zum Hals zudeckte.
    Wir standen eine Ewigkeit an der Passagierbrücke, doch nach meiner Uhr waren es nur vierzig Minuten. Während sich ringsum Passagiere aufgeregt über ihren bevorstehenden Besuch im Heiligen

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