Geraubte Erinnerung

Mal in meinem Büro gewesen. Meistens sah ich sie nur durch eine Glaswand hindurch, während sie die Aufzeichnungen des Lügendetektors überprüfte, an den ich in unregelmäßigen Abständen angeschlossen war.
    »Godin hat uns gerade drei Tage freigegeben«, sagte ich. »Warum machen wir das nicht, wenn ich zurück bin?«
    »Ich fürchte, so lange kann ich nicht warten.« Sie besaß den nicht zuzuordnenden Akzent einer europäischen Eliteschule.
    »Sie sagten, es wäre Routine.«
    Ein aufgesetztes Lächeln. »Warum setzen Sie sich nicht, Doktor?«
    »Sie sitzen in meinem Sessel.«
    Geli dachte nicht daran, sich zu erheben. Sie liebte Konflikte.
    »Normalerweise kümmern Sie sich nicht um Routineangelegenheiten«, sagte ich. »Welchem Umstand verdanke ich diesmal die Ehre?«
    »Dr. Fieldings Tod hat eine ungewöhnliche Situation hervorgerufen. Wir müssen so viel wie nur irgend möglich über die begleitenden Umstände in Erfahrung bringen.«
    »Dr. Fielding starb an einem Schlaganfall.«
    Sie betrachtete mich eine Weile wortlos. Die Narbe auf ihrer Wange erinnerte mich an Vietnamveteranen während ärztlicher Untersuchungen. Diese Männer beschrieben, wie sich Schrapnells von Brandgranaten tief in ihr Fleisch gebohrt und wie sich die Wunde anschließend selbst kauterisiert hatte, nur um sich an der Luft von neuem zu entzünden und die operierenden Chirurgen ebenfalls zu verwunden, wenn sie versuchten, die Splitter zu entfernen. Die Soldaten lebten in ständiger Angst vor diesen Schrapnells, und Geli Bauer sah aus, als hätte sie intimen Kontakt mit einem gehabt. Ich war geneigt gewesen, sie wegen dieser Narbe zu mögen. Eine schöne Frau, die von einem solch hinterhältigen Geschoss getroffen wurde, hatte möglicherweise gewisse Einsichten in das Leben gewonnen, die ihren schönen Schwestern auf immer verborgen bleiben würden. Doch meine Begegnungen mit Geli Bauer hatten mich eines anderen belehrt. Welche Hölle sie auch überlebt hatte, Geli hatte nichts als Bitterkeit gelernt.
    »Ich mache mir Gedanken wegen Ihrer Beziehung zu Dr. Fielding«, sagte sie.
    Immer das Ich, nie das bürokratische Wir. Als fühlte sie sich persönlich verantwortlich für die Sicherheit des gesamten Projekts.
    »Tatsächlich?«, fragte ich, als wäre ich schockiert.
    »Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Dr. Fielding charakterisieren?«
    »Wir waren Freunde.«
    »Sie haben sich außerhalb dieser Anlage getroffen und miteinander geredet.«
    Dies zu gestehen bedeutete einen Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen von Project Trinity. Doch Geli Bauer besaß wahrscheinlich Videobänder. »Ja.«
    »Das ist ein direkter Verstoß gegen die Sicherheitsbestimmungen.«
    Ich verdrehte die Augen. »Verklagen Sie mich.«
    »Wir könnten Sie ins Gefängnis bringen.«
    Scheiße. »Das würde wirklich helfen, dieses Projekt geheim zu halten.«
    Sie strich sich mit den Fingern durch das blonde Haar. Ich musste an einen Falken denken, der sein Gefieder reinigt. »Sie könnten Ihre Stelle bei Project Trinity verlieren, Doktor.«
    »Jetzt verstehe ich. Sie sind hergekommen, um mich zu feuern.«
    Ihr Lächeln entgleiste ein wenig. »Es ist nicht nötig, so dramatisch zu werden. Ich versuche lediglich, alles in Erfahrung zu bringen, was ich über Dr. Fielding wissen muss.«
    »Dr. Fielding ist tot. Verstorben. Er ist nicht mehr bei uns.«
    »Worüber haben Sie beide sich außerhalb der Arbeitszeit unterhalten?«
    »Fußball.«
    »Fußball?«
    »Fielding war fußballverrückt. Er war ein Fan von Arsenal London. Es hat mich höllisch gelangweilt, aber ich habe mich gerne mit Fielding unterhalten.«
    »Sie sind unaufrichtig, Doktor.«
    »Bin ich das?«
    »Sie und Doktor Fielding haben sich weiteren Arbeiten an diesem Projekt widersetzt.«
    »Nein. Ich hatte ethische Bedenken wegen eines einzigen Aspekts. Fielding hatte seine eigenen Bedenken.«
    »Er wollte das Projekt stoppen.«
    »Unsinn. Er wollte lediglich zuerst die neurologischen Auswirkungen erforschen, die bei den sechs gescannten Personen aufgetreten sind.«
    »Hat er mit irgendjemandem über diese Auswirkungen gesprochen, der keine Befugnis hat, Informationen bezüglich Trinity zu erhalten?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Mit seiner Frau beispielsweise?«
    Ich hatte Mühe, mir nichts anmerken zu lassen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dr. Fielding so etwas getan haben sollte.«
    Geli hob eine Augenbraue. »Sie waren gestern Abend fast eine Stunde bei Mrs Fielding.«
    Also hatten sie uns