Geraubte Erinnerung
ist, was Sie meinen.«
»Sie ist die einzige Person außerhalb Project Trinity, mit der Sie in den vergangenen beiden Monaten mehr als fünfzig Worte gewechselt haben.«
Ich fragte mich, ob das stimmte.
»Gleiches gilt für Dr. Weiss«, fuhr Geli fort.
»Wie meinen Sie das?«
»Sie trifft sich nicht mit anderen Menschen. Sie hat im vergangenen Jahr ihren Sohn verloren. Er starb an Krebs. Nachdem der Junge gestorben war, wurde sie von ihrem Mann verlassen, der nach New York zurückgekehrt ist. Vor sechs Monaten begann Dr. Weiss, sich gelegentlich von männlichen Kollegen ausführen zu lassen. Ein Dinner hier, ein Kinobesuch da, und das war es. Sie hat sich nie mehr als zweimal mit dem gleichen Manngetroffen. Vor zwei Monaten hat Dr. Weiss ganz damit aufgehört, sich mit Männern zu treffen.«
Das überraschte mich nicht. Rachel war eine leidenschaftliche Frau, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es viele Männer gab, die ihren Erwartungen gerecht wurden.
»Und?«, fragte ich.
»Ich nehme an, Sie sind der Grund dafür, Doktor. Ich denke, Dr. Weiss hat sich in Sie verliebt.«
Ich lachte, ein herzliches und herzhaftes Lachen, das erste, seit ich Fieldings Leichnam in seinem Büro gesehen hatte. »Dr. Weiss denkt, ich leide an Halluzinationen, Miss Bauer. Wahrscheinlich an Schizophrenie.«
Geli blieb ungerührt. »Sie hat Sie vergangene Nacht geküsst. Im Haus von Fielding.«
»Es war ein Sympathiekuss. Ich war wegen Fielding mit den Nerven runter.«
Geli ignorierte meine Antwort. »Was haben Sie Dr. Weiss über Project Trinity erzählt?«
»Nichts, wie Sie sehr wohl wissen. Ich bin sicher, Sie haben eine Möglichkeit gefunden, jede unserer Sitzungen aufzuzeichnen.«
Sie überraschte mich, indem sie dies mit einem leichten Nicken eingestand. »Aber Liebende sind erfindungsreich. Vielleicht ist es Ihnen gelungen, sich unerlaubt zu treffen. Wie gestern Abend beispielsweise.«
»Gestern Abend war das erste Mal, dass ich Dr. Weiss außerhalb ihrer Praxis gesehen habe.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Und ich weigere mich, weiter über Dr. Weiss zu sprechen. Sie hat nichts mit diesem Projekt zu schaffen. Sie dringen in die Privatsphäre einer freien amerikanischen Staatsbürgerin ein, die keinen Vertrag unterschrieben hat, dass sie damit einverstanden wäre.«
Als Geli diesmal lächelte, blitzte eine Spur von Grausamkeit auf. »Sobald es um Project Trinity geht, ist jegliche Privatsphäre bedeutungslos. Gemäß der Nationalen SicherheitsdirektiveNummer einhundertdreiundsiebzig sind wir befugt, Dr. Weiss für achtundvierzig Stunden festzuhalten, ohne dass sie auch nur das Recht zu einem Anruf hätte.«
Mein Zorn kochte über. »Geli, wissen Sie überhaupt, was Project Trinity ist?«
Mein Gebrauch ihres Vornamens wischte ihr Lächeln weg, und meine Frage brachte sie von einem Augenblick zum anderen in die Defensive. Das Eingeständnis, dass sie keine Ahnung hatte, worum es bei Project Trinity überhaupt ging, musste sie hart treffen, doch etwas anderes zu sagen, konnte sie ihren Job kosten. Sie funkelte mich an und schwieg.
Ich machte einen Schritt auf sie zu. »Nun, ich weiß es. Und bevor Sie es nicht wissen – und die Konsequenzen vollständig begriffen haben –, seien Sie nicht so verdammt eifrig im Befolgen von Befehlen wie ein guter kleiner Deutscher!«
Die Beleidigung traf ins Schwarze. Geli spannte sich in meinem Sessel, als wollte sie mich anspringen. Ich wich einen Schritt zurück und bedauerte meine Worte augenblicklich. Ich konnte nichts gewinnen, indem ich mir Geli Bauer zur persönlichen Feindin machte. Im Gegenteil, es war eine einzigartig dämliche Idee. Sie hatte Fielding wahrscheinlich eigenhändig getötet. Genau das ist der Grund, warum ich sie provoziere, erkannte ich.
»Wir sind fertig miteinander«, sagte ich und zog meinen Wagenschlüssel aus der Tasche. »Ich bin am Mittwochmorgen wieder im Büro. Halten Sie mir bis dahin ihre menschlichen Dobermänner vom Hals, ja?«
Ich wandte ihr den Rücken zu.
»Doktor Tennant?«
Ich ging davon.
»Tennant!«
Ich drückte auf den Knopf für den Aufzug. Als die Türen zur Seite glitten, stieg ich ein – und sprang direkt wieder nach draußen. Geli konnte die enge Kabine wahrscheinlich mit einem einzigen Knopfdruck in eine Zelle verwandeln. Wahrscheinlichkonnte sie das restliche Gebäude ebenso leicht abriegeln; trotzdem ging ich zu Fuß die Treppe hinunter.
Als ich im vierten Stock ankam, ging mir das Bild eines in eine
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