Gerechte Engel
Drangsalierungen unterbinden?«
»Ich werde mein Möglichstes tun. Eine Sache sollten wir jedoch sofort in Angriff nehmen. Sie könnte auch dazu beitragen, die Situation ein wenig zu entschärfen.«
»Sie wollen, dass ich die Brosche zurückgebe.«
»Ja«, sagte Bree sanft.
Justine blinzelte ein paar Tränen weg. Ihre Finger waren erstaunlich geschickt. Sie nahm das Schmuckstück ab und legte es behutsam neben sich auf das Sofa. »Sie sorgen dafür, dass Dixie Bulloch es zurückbekommt?«
»Selbstverständlich.«
»Tja, das wär’s dann wohl.« Justine schloss eine Weile die Augen. Dann reckte sie das Kinn hoch. »Können Sie sich noch erinnern, was in der New York Times über meine Medea stand? Über die Broadway-Inszenierung von 1965. Damals habe ich Zoe Caldwell vollkommen ausgestochen. Zweimal bin ich für sie eingesprungen. Ich bin zu großen Dingen imstande.« Sie presste die Hände gegen die Brust. »Ich bin Consuelo Bulloch.«
»Sie werden großartig sein.«
»Danke, meine Liebe. Jetzt werde ich mich in meinem Wohnwagen ein bisschen frisch machen. Und mich für nachher vorbereiten, wenn weitergedreht wird. Vielleicht könnten wir das mit meinem Testament auch morgen erledigen?«
»Aber natürlich.« Bree stand auf und geleitete Justine zur Tür.
Dann ging sie zum Sofa zurück, um die Brosche zu holen.
Sie stand noch eine Zeitlang da, um das glitzernde Schmuckstück zu betrachten. Es war wunderschön gearbeitet. Der Körper des Pfaus war mit Diamanten besetzt. Die Schwanzfedern bestanden aus Smaragden, an den Spitzen saßen Saphire. Ein kleiner runder Rubin stellte das Auge des Vogels dar.
Consuelo hatte die Brosche getragen, als sie gestorben war.
Brees tote Klienten nahmen häufig mittels solcher Objekte Kontakt mit ihr auf.
Bree beugte sich nach unten, um das Schmuckstück vom Sofa zu nehmen.
Sie wurde nicht enttäuscht.
Wie Wasser sickerte die Erscheinung aus der Brosche, Wasser, das aus einer schmalen Spalte austrat. Sie war dunkel – nicht grau oder schwarz, sondern eher so, als fehle ihr jegliche Helligkeit – und formte sich zu einer Gestalt, die andeutungsweise menschliche Umrisse besaß. Eine Frau, stellte Bree fest, oder zumindest etwas, das einer Frau glich.
»Ich bin Brianna Winston-Beaufort«, sagte sie. »Brauchen Sie meine Hilfe?«
»Hilfe …« Die Stimme war so leise, dass man sie kaum hören konnte.
»Sie sind Consuelo Bulloch?«
Die schattenhafte Gestalt machte eine Bewegung, die vielleicht als Nicken zu deuten war. Vielleicht war sie aber auch nur in einen Windstoß aus demjenigen Kreis der Hölle geraten, in dem die arme Consuelo ihre Strafe verbüßen musste. Nicht zum ersten Mal ärgerte sich Bree über die schlechten Kommunikationsmöglichkeiten zwischen ihr und ihren Klienten. Sie schien allerdings nicht viel dagegen tun zu können, obwohl sie bei Goldstein, dem Leiter des Himmlischen Archivs, schon ein Gesuch mit der Bitte um Änderung des gegenwärtigen Verfahrens eingereicht hatte. Tote Seelen, so hatte sie argumentiert, sollten das Recht haben, sich ungehindert mit ihren Rechtsvertretern austauschen zu können. Das hatte Goldstein ungemein amüsiert, aber zumindest hatte er das Gesuch weitergeleitet, an wen auch immer.
»Sind Sie wegen des Mordes an Haydee Quinn hier?«
Die schattenhafte Gestalt loderte kurz auf und verwandelte sich in eine wütend zuckende Flamme.
»Haydee …« Der Hass in ihrer Stimme war klar und deutlich zu vernehmen.
»Möchten Sie, dass ich für Sie in Berufung gehe, Mrs. Bulloch?«
»Ja. Ja. Helfen Sie mir! Verrat …« Der Schatten seufzte. »Verrat …«
So langsam, wie er sich manifestiert hatte, löste sich der Schatten von Mrs. Bulloch auch wieder auf. Bree steckte die Brosche in ihre Aktentasche und holte ihr Handy heraus, um in der Angelus Street anzurufen und ihre Angestellten zu beauftragen, Material über den Fall Quinn zusammenzutragen. Weitere Hintergrundinformationen würde sie sicher von Flurry Smith bekommen können. Sie musste sich also so schnell wie möglich mit der Drehbuchautorin verabreden.
»Sind Sie so weit?«
Bree fuhr zusammen. Sie war so in Gedanken vertieft gewesen, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie Dent ins Zimmer gekommen war. Er hielt einen kleinen Pappkarton in der Hand.
»Ja.« Sie zeigte auf den Karton. »Wie ich sehe, haben Sie die Beignets besorgt.«
»Man hat mir sogar ein paar dazugegeben. Sie sehen gerade so aus, als könnten Sie was zu essen vertragen.«
»Danke«, gab Bree
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