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Gerechte Engel

Gerechte Engel

Titel: Gerechte Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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Arztes.
William Shakespeare, Macbeth
    Als Bree wieder zu sich kam, lag sie flach auf dem Rücken und starrte in einen fremden Himmel hinauf. Ihre ausgestreckten Arme befanden sich dicht an ihrem Körper. Ihre Brüste und Beine hüllte ein weißlicher Nebel ein. Das Licht war sanft und golden, so als scheine die Sonne durch die Bäume eines Waldes. Es duftete nach Rosen.
    Ich bin in der Sphäre.
    Ein Glücksgefühl durchströmte sie.
    Sie war von fünf Lichtsäulen umgeben, die unterschiedlich gefärbt und auch unterschiedlich hoch waren, sich jedoch alle wie in einem Luftstrudel drehten.
    »Nun, Kind.« Sie erkannte die sanfte Stimme, die aus der violetten Lichtsäule kam.
    »Lavinia?«, fragte Bree. Oder versuchte es zumindest, denn ihre Lippen waren steif und starr. Und ihr ganzer Körper tat ihr schrecklich weh. Sie kniff die Augen zusammen, weil das violette Licht sie blendete. Aus irgendeinem Grund war es wesentlich heller als die anderen.
    »Meine liebe Bree«, sagte die mattsilberne Säule, die Petru entsprach.
    Bree versuchte, ihm die Hand entgegenzustrecken, konnte den Arm jedoch nicht bewegen.
    »Wir sind alle da«, meldete sich Professor Cianquino zu Wort, der in Gestalt einer gleichmäßig brennenden blauen Flamme auftrat. »Leider können wir nichts für Sie tun, meine Liebe. Nur hoffen.«
    »Das glaube ich nicht.« Die blaugrüne Lichtsäule, hinter der sich Ron verbarg, klang gereizt.
    »Sie kennen ja die Regeln.«
    Die feurige Säule da – war das Gabriel? Sie hatte ihn schon lange nicht mehr gesehen. Gabriel mit seinen kupferfarbenen Augen.
    »Das ist eine irdische Angelegenheit«, stellte Gabriel mit ruhiger Stimme fest. »Da dürfen wir uns nicht einmischen.«
    »Aber wir dürfen doch hoffen«, sagte Ron.
    Sie spürte, wie er lächelte. Wie alle lächelten. Das war besser, als nur zu hoffen …
    Und dann verlor sie erneut das Bewusstsein.
     
    Als Bree wieder zu sich kam, lag sie flach auf dem Rücken und starrte zu einer fremden Zimmerdecke hinauf. Ihre ausgestreckten Arme befanden sich dicht an ihrem Körper. Ihre Brüste und Beine hüllte ein weißes Laken ein. Das Licht war grell und bläulichweiß. Auf jeder Seite schlossen sie Stangen aus rostfreiem Stahl ein. Es roch unangenehm nach irgendeinem Desinfektionsmittel.
    Sie stemmte die Hände auf die Unterlage und setzte sich hoch. Irgendetwas zerrte an ihrem Arm, und dann spürte sie einen Stich wie von einer aufgebrachten Wespe. Automatisch schlug sie danach. Erst dann nahm sie die Stelle in Augenschein. An ihrem Arm war mit Klebeband eine Kanüle befestigt, aus der eine Nadel ragte. Die Nadel bohrte sich jedoch in Haut, die nicht die ihre war: hellrosa, hier und da schwärzlich verfärbt, bedeckt mit einem öligen Film.
    Am ganzen Körper hatte sie Schmerzen.
    »Na, da sind Sie ja. Wie fühlen Sie sich?« Über ihr schwebte ein melancholisches Gesicht, das eher dem eines Bassets als dem eines Menschen glich. Das Gesicht gehörte zu einem Körper in weißer Krankenhauskleidung. Bree las den Namen auf dem Schildchen: Ollie.
    »Weiß nicht so recht«, erwiderte sie zögernd. »Wo bin ich, Ollie?«
    »Im Krankenhaus«, sagte er. »Im Savannah General. Was in Georgia liegt«, fügte er unnötigerweise hinzu. »Obwohl ich Ihnen nicht zu viel sagen darf, bevor Sie mir nicht gesagt haben, wer Sie sind.«
    »Das wissen Sie nicht?«
    »Natürlich weiß ich es, meine Liebe. Es geht aber darum, ob Sie es wissen, verstehen Sie? Ihren Namen, Ihr Alter, das Datum von heute. Man nennt das Orientierungsprobe.« Er lächelte, wobei sich seine Hängebacken nach oben zogen. Er musste etwa Ende vierzig sein – Bree konnte so etwas nicht gut schätzen – und hatte ein ziemlich verlebtes Gesicht.
    »Brianna Winston-Beaufort. Ich bin neunundzwanzig, Rechtsanwältin und habe eine Kanzlei in Savannah. Und heute ist der fünfzehnte Januar.«
    »Richtig«, sagte Ollie. »Bloß dass heute der siebzehnte ist. Haben Sie Schmerzen?«
    »Der siebzehnte!«, wiederholte sie verwirrt. Wo waren denn die zwei Tage geblieben?
    »Sie haben Schmerzen«, sagte er voller Mitgefühl.
    »Kaum.« Was nicht ganz stimmte. Unterschwellig mochten die Schmerzen durchaus da gewesen sein, aber sie war sich ziemlich sicher, dass das, was da in ihren Arm gluckerte, auch ein schmerzstillendes Mittel enthielt. »Danke der Nachfrage.« Bree sank aufs Kopfkissen zurück, das hart und flach war. Sie hasste es, sich in der Horizontale zu befinden, wenn sich alle anderen in der Vertikale befanden.

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