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Gerechte Engel

Gerechte Engel

Titel: Gerechte Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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ist.«
    »Reden Sie nicht solch absurdes Zeug.« Justine machte eine ungeduldige Bewegung. »Was wollen Sie, Miss Beaufort?«
    »Es kommt natürlich darauf an, wie Sie sie umgebracht haben. Sie hatte ein schwaches Herz. Ihr wurde schwindlig. Sie rutschte in der Badewanne aus und ertrank. Weil jemand sie unter Wasser drückte. Genau wie Florida Smith.« Bree holte die Teedose aus der Tasche und öffnete sie. »Wissen Sie, was hier drin ist? Bobby Lee Kowalski hat Erinnerungsstücke an seine alten Fälle aufgehoben. Consuelo Bullochs Hand umklammerte eine Haarsträhne, als sie starb. Ob das bei Flurry wohl auch so ist?« Sie hielt den Plastikbeutel hoch. Die Haarsträhne darin war so schwarz wie ein Krähenflügel. Schwarz wie eine sternenlose Nacht. »Kommt Ihnen das bekannt vor?«
    »Fahren Sie zur Hölle«, sagte Justine. »Verschwinden Sie. Verschwinden Sie!«
     
    »Dann bin ich gegangen«, sagte Bree, die das Handy am Ohr hielt. Sie saß in ihrem Auto, das vor dem Friedhof stand. Ihr erster Gedanke war gewesen, Hunter anzurufen. »Ließ sie allein auf dem Friedhof zurück, neben den Gräbern von zweien ihrer Opfer. Bagger Bill Norris liegt vermutlich irgendwo in einem Armengrab. Jedenfalls ist sie jetzt weg. Eben hat ein Taxi sie abgeholt.«
    »Wird schwierig sein, das alles zu beweisen«, sagte Hunter.
    »Unmöglich, würde ich sogar meinen. Aber sie weiß, dass ich Bescheid weiß. Das ist doch immerhin schon etwas, nicht wahr? Außerdem habe ich sie dazu gebracht, mir die Pfauenbrosche zu übergeben.« Das Schmuckstück lag neben ihr auf dem Beifahrersitz. Sie hatte den Eindruck, dass das Rubinauge des Vogels vorwurfsvoll dreinblickte.
    »Ich werde mich darum kümmern. Offen gesagt glaube ich aber nicht, dass die Behörden Beweismaterial von einem fast sechzig Jahre alten Mordfall aufgehoben haben. Mal sehen.«
    »Das ist, als mache man Jagd auf alte Nazis.«
    »Wie bitte?«
    Bree seufzte. »Selbst heute geht ab und zu noch die Meldung durch die Medien, dass jemand einen neunzig Jahre alten Kerl identifiziert habe, der Aufseher in Bergen-Belsen oder an einem anderen dieser Schreckensorte war. Justine muss zur Verantwortung gezogen werden. Aber auch hier gibt es einen sehr alten Mann, der über neunzig Jahre alt, krank und gebrechlich ist. Käme es zum Prozess, würde er es kaum schaffen, sich im Zeugenstand aufrecht zu halten.« Bree rieb sich die Stirn. »Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    »Überlass das mir. Das ist nicht mehr dein Problem. Mir ist schleierhaft, warum du es überhaupt zu deinem Problem gemacht hast. Du solltest lieber nach Hause fahren. Du hast dich überanstrengt, und ich mache mir Sorgen um dich. Ich könnte uns was zu essen besorgen und dann zu dir kommen. Was hältst du davon?«
    Plötzlich wünschte sie sich nichts mehr, als dass Hunter sie in die Arme nahm. »Eine Menge. Aber könnten wir es nicht auf morgen verschieben? Ich muss nämlich morgen Vormittag vor Gericht auftreten und habe mein Plädoyer noch nicht ausgearbeitet.«
    »Okay. Ist Antonia dann im Theater?«
    Sie hörte den hoffnungsvollen Ton, der in seiner Stimme mitschwang. »Das ist sie jeden Abend, bis zum Ende der Woche.«
    »Wollte nur wissen, wie viel Essen ich mitbringen muss.«
    »Bis dann.« Bree legte auf.
    Morgen Vormittag musste sie vor dem Himmlischen Gerichtshof erscheinen. Und endlich wusste sie, wie sie die Verteidigung aufbauen konnte.
    Es wurde bereits dunkel. Sie nahm die Brosche und stieg aus dem Wagen. Draußen war es kalt. Der Wind frischte auf, die Luft roch nach Regen. Bree hielt die Brosche in der ausgestreckten Hand und sagte: »Mrs. Bulloch? Consuelo?«
    Zunächst meinte Bree, nicht zu ihrer Klientin durchgedrungen zu sein. Dann aber manifestierte sich Consuelos Schatten, bewegte sich unruhig hin und her, bis Brees Hand von einem dunklen Etwas umhüllt wurde, das weder menschlich noch irdisch noch real war. Bree fehlten die Worte, um es zu beschreiben, weil ihr jeglicher Bezugspunkt fehlte.
    Miss Winston-Beaufort?
    »Ja, ich bin’s«, sagte Bree. »Ich habe herausgefunden, wie Sie umgekommen sind, Mrs. Bulloch. Das tut mir sehr leid.«
    Verrat.
    »Ja. Der schlimmsten Art. Mrs. Bulloch, ich werde Berufung für Sie einlegen. Ich möchte Ihnen mitteilen, was ich zu Ihrer Verteidigung vorbringen werde.«
    Mein Verrat. Bedaure ich … unendlich …
    »Es ist immer sehr gut, wenn man vor Gericht echte Reue zeigt, Mrs. Bulloch. Das ist hilfreich. Aber da wäre noch etwas anderes.« Bree zögerte.

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