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Gerechtigkeit fuer Igel

Gerechtigkeit fuer Igel

Titel: Gerechtigkeit fuer Igel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Dworkin
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Antwort geben zu müssen, daß es nie eine beste oder richtige Option gibt. Bei diesen beiden negativen Positionen handelt es sich aber ebenso um substantielle Werturteile erster Ordnung wie bei jeder positiven Aussage. Sie werden mit Argumenten derselben Art gerechtfertigt und erheben auf dieselbe Weise Wahrheitsansprüche.
    Dem ersten Kapitel haben Sie sicher entnommen, wie ich die wichtigen Begriffe »Ethik« und »Moral« verwende. Ein ethisches Urteil ist eine Aussage darüber, was Menschen tun sollten, um ein gelungenes Leben zu führen, oder anders ausgedrückt, was sie im Rahmen ihres Lebens zu sein und zu erreichen anstreben sollten. Ein moralisches Urteil hingegen sagt etwas darüber aus, wie man andere behandeln sollte.
 1 Wir alle müssen uns der Frage stellen, was wir tun sollen, und diese Frage hat
50 immer eine moralische und eine ethische Dimension. Auch wenn uns das natürlich nicht in jeder Situation bewußt ist, bleiben beide Dimensionen stets relevant. Ein großer Teil dessen, was ich tue, macht mein eigenes Leben besser oder schlechter, und oft hat mein Handeln zudem Konsequenzen für andere. Was soll ich angesichts dessen tun? Vielleicht ist Ihre Antwort hierauf im obenerwähnten Sinn negativ. Vielleicht glauben Sie, daß es keinen Unterschied macht, wie Sie Ihr Leben leben, und daß es ein Fehler wäre, die Interessen anderer zu berücksichtigen. Aber selbst wenn das der Fall sein sollte, können Sie für diese ziemlich beunruhigenden Ansichten nur ethische oder moralische Gründe anführen.
    Umfassende metaphysische Theorien darüber, was für Arten von Entitäten es im Universum gibt, können in diesem Zusammenhang keinerlei Relevanz besitzen. Um in moralischen Fragen einen radikalen Skeptizismus vertreten zu können, muß man auf einer tieferen Ebene eine nichtskeptische Einstellung zur Natur von Werten einnehmen. Vielleicht glauben Sie, daß Moral Unsinn ist, weil es keinen Gott gibt; das können Sie aber nur tun, wenn Sie einer Moraltheorie anhängen, die ausschließlich jenem übernatürlichen Wesen moralische Autorität zuschreibt. Damit habe ich die Hauptthesen des ersten Teils dieses Buches umrissen. Ich argumentiere hier noch nicht gegen den moralischen oder ethischen Skeptizismus – auf dieses Thema werde ich später näher eingehen –, wohl aber gegen den archimedischen Skeptizismus, der seine eigene Basis in Moral oder Ethik leugnet. Die Idee einer externen metaethischen Antwort auf die Frage der moralischen Wahrheit lehne ich ab; meines Erachtens muß jeder ernstzunehmende moralische Skeptizismus intern sein.
    Diese Sichtweise ist in der Philosophie nicht sehr beliebt. Viele würden dem zustimmen, was ich in den ersten drei Absätzen in Anführungszeichen vorgebracht habe, und darauf bestehen, daß die grundlegenden Fragen bezüglich der Moral selbst metaphysischer und nicht moralischer Natur sind. Die
51 ser Sichtweise zufolge würde die Erkenntnis, daß unsere gewöhnlichen ethischen oder moralischen Überzeugungen wiederum auf nichts anderem als weiteren ebenfalls ethischen oder moralischen Überzeugungen beruhen, unsere Alltagsüberzeugungen in Frage stellen. Die Auffassung, es sei sinnlos, etwas anderes zu verlangen, wird als »Quietismus« bezeichnet, womit suggeriert wird, es gehe darum, ein schmutziges Geheimnis zu verstecken. Meines Erachtens beruht diese Ansicht auf einem vollkommen falschen Verständnis von Werturteilen, und ich werde versuchen zu zeigen, daß dem so ist. Weil diese Sichtweise gegenwärtig aber ungemein verbreitet ist, werden wir uns nur mit einer gewissen Anstrengung von ihrem Einfluß freikämpfen können und zu akzeptieren lernen, was eigentlich offensichtlich sein sollte: daß eine bestimmte Antwort auf die Frage, was man tun soll, die richtige ist, auch wenn diese Antwort besagt, daß keine Option anderen, alternativen Optionen vorzuziehen ist. Von Interesse ist nicht, ob moralische oder ethische Urteile wahr sein können, sondern welche von ihnen wahr sind.
    In der moralphilosophischen Diskussion wird an dieser Stelle häufig eingewendet, man müsse sich das Recht, ethische oder moralische Urteile als wahrheitsfähig zu verstehen, erst verdienen  – diese Redeweise ist in diesem Zusammenhang besonders beliebt. Damit ist gemeint, daß wir eine überzeugende Begründung aufstellen müssen, wie sie in den drei nicht ernstgemeinten Absätzen am Anfang dieses Kapitels gefordert wurde: Auf der Basis nichtmoralischer metaphysischer Argumente soll

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