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Gerechtigkeit fuer Igel

Gerechtigkeit fuer Igel

Titel: Gerechtigkeit fuer Igel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Dworkin
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werden, weil ein anderes Wirtschaftssystem denkbar wäre, das ebenfalls mit der individuellen Verantwortung vereinbar ist, sich aber angemessener um sie kümmert.
    Obwohl Ressourcengleichheit in dem von mir vorgeschlagenen Verständnis Produktivität, Fleiß, Hingabe, Cleverneß oder das Beitragen zum Wohlstand anderer durchaus belohnen würde, handelt es sich dabei nicht um das eigentliche Ziel. Tatsäch
615 lich wird nicht einmal davon ausgegangen, daß es sich dabei um Tugenden handelt, und schon gar nicht, daß ein dem Geldverdienen gewidmetes Leben besser oder erfolgreicher ist als ein anderes. Vorausgesetzt wird nur, daß es mit der gleichen Berücksichtigung aller vereinbar ist, diesen Menschen die Gelegenheit zu geben, ihr Leben selbst zu gestalten vor dem Hintergrund der Tatsache, daß ihre Entscheidungen unter anderem Einfluß auf ihren eigenen Wohlstand haben werden. In Ausmaß und Art jenes Einflusses kommt jedoch auch zum Ausdruck, wie sich ihre Entscheidungen auf das Glück anderer auswirken. Mit anderen Worten: welche Kosten anderen entstehen, wenn ihnen aufgrund unserer vielfältigen Entscheidungen bestimmte Gelegenheiten nicht länger zur Verfügung stehen.

616 Kapitel 17
Freiheit
    Die Dimensionen der Freiheit
    Zwei Arten von Freiheit?
    Die Gleichheit mag sich heute auf dem absteigenden Ast befinden, aber die Idee der Freiheit wird in den Himmel gehoben. Wir führen in ihrem Namen Kriege, und in der Politik werfen Parteien einander vor, sie nicht ausreichend zu schützen. Genau wie die Gleichheit ist die Freiheit ein interpretativer Begriff. Auch wenn alle Politiker davon sprechen, sie zu achten, sind sie unterschiedlicher Meinung darüber, was Freiheit eigentlich ist. Manche Menschen behaupten, daß Steuern mit ihr unvereinbar sind, andere, daß Besteuerung diesen hochgeschätzten Wert erst ermöglicht. Während die einen glauben, daß unsere immer strengeren Umweltschutzregeln unsere Freiheit einschränken, sagen andere, daß jene Vorschriften uns freier machen. Wenn so unterschiedliche Dinge gemeint sind, wenn von Freiheit die Rede ist, liegt natürlich der Gedanke nahe, daß es vielleicht besser wäre, auf diesen Begriff einfach zu verzichten und sich statt dessen auf die Frage zu konzentrieren, was gutes Regieren ausmacht. Ein solcher reduktionistischer Ansatz bringt uns aber wie bereits gesehen nicht wirklich weiter. Wenn wir die Achtung des zweiten Prinzips der Würde für eine Bedingung guter Regierung halten, müssen wir uns fragen, was das bedeutet. Unabhängig von der genauen Formulierung dieser Frage geht es dabei letztlich darum, wie Freiheit zu verstehen ist. Aus diesem Grund müssen wir sie als interpretativen Begriff und die entsprechenden Meinungsverschiedenheiten als echte Konflikte behandeln.
    617 Hier stellt sich nun aber die Frage, ob es vielleicht nicht nur einen, sondern zwei interpretative Begriffe der Freiheit gibt. Dies ist die These zweier berühmter Aufsätze – Benjamin Constants Über die Freiheit der Alten im Vergleich zu der der Heutigen und Isaiah Berlins Zwei Freiheitsbegriffe .
 1 Der in diesen beiden Texten auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck gebrachte Gedanke ist durchaus plausibel und wird heute sowohl unter Politischen Philosophen wie auch unter theoretisch versierten Juristen weithin akzeptiert.
 2 In der Politischen Philosophie müssen wir demnach zwischen zwei sehr unterschiedlichen Fragen unterscheiden, die beide voraussetzen, daß eine Regierung stets zwangsbasiert sein muß, zumindest wenn Menschen andere Menschen regieren. Die erste lautet: Von wem – und mit wem – soll ich gezwungen werden? Und die zweite: In welchem Ausmaß soll ich gezwungen werden?
    Wenn im Rahmen einer Politischen Theorie auf die erste Frage geantwortet wird, daß es uns erlaubt sein muß, selbst an unserer eigenen zwangsbewehrten Regierung beteiligt zu sein, daß die Regierung also eine Form der Selbstregierung sein muß, dann wird damit positive Freiheit gefordert. Wenn auf die zweite Frage geantwortet wird, daß es eine Vielfalt von Entscheidungen und Tätigkeiten gibt, die außerhalb des Zuständigkeitsbereichs einer zwangsbewehrten Regierung liegen müssen, geht es dabei um negative Freiheit. Beide Ideen – die der positiven und die der negativen Freiheit – sind nicht unmittelbar verständlich. Wenn eine Gruppe mehr als ein Mitglied hat, wie kann dann eine zwangsbewehrte Regierung für einen jeden eine Form der Selbstregierung sein? Und wie kann man, wenn

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