Gerettet von deiner Liebe
ich mich wieder nach Cornwall zurück, und Sie werden nie wieder von mir hören.“
„Aber ich habe Ihnen damit doch nicht geschadet, nicht wahr?“
„Das wird sich herausstellen. Guten Tag.“
James war zu aufgebracht, um still in der Kutsche zu sitzen, und zog es vor, einen Spaziergang nach Spring Grove zu machen. Er wies den Kutscher an, ihm zu folgen und machte sich auf den Weg, in der Hoffnung, sein Unmut über den einfältigen Dandy würde an der frischen Luft verfliegen. Unzählige Male war er auf seiner Insel durch den Sand gestapft, um seine Schwermut zu besiegen. Drei Meilen in eine Richtung und zwei Meilen in die andere.
Die Half Moon Street mündete in die Curzon Street, und bald öffnete sich der Blick auf eine weite Grünfläche. Er winkte den Kutscher heran.
„Wo sind wir hier?“, fragte er.
„Sir, das ist Hyde Park.“ Er wies mit der Peitsche nach vorne. „Ein beliebter Ort, um …“, er hüstelte, „… ehm Spaziergänge zu machen.“
Es war kurz nach zwölf Uhr mittags, und im Park waren keine Kaleschen oder Reiter zu sehen. „Hat dieser Weg einen Namen?“, fragte er den Kutscher, der die Pferde im Schritt neben ihm lenkte.
Der Mann wies wieder nach vorne. „Das ist Broad Walk, soviel ich weiß.“ Er wies nach hinten. „Rotten Row liegt dort, Sir. Da warten die Dirnen auf Kundschaft.“
James nickte. Gut zu wissen. Vermutlich würde er dieser Gegend bald einen Besuch abstatten. „Und da vorne?“
„Immer noch Broad Walk, Sir. Und später kommt Hyde Park Corner. Dort versammeln sich Wanderprediger und politische Aufwiegler und halten Volksreden. Es ist oft amüsant, zuzuhören.“
„Würde mich nicht wundern, wenn unter den Aufwieglern viele Schneider wären“, murmelte James.
„Sir?“
„Ach nichts. Fahren Sie voraus, und warten Sie an der Ecke auf mich.“
Die weite Grünfläche wirkte beruhigend auf sein Gemüt, und er schlenderte über den Rasen. Beim Frühstück hatte er sich eine Scheibe Toast eingesteckt, die er jetzt genüsslich verzehrte. Warum er sich auch tagsüber Speisereste in die Tasche steckte, konnte er sich selbst nicht erklären. Der verfressene Matrose würde ihn gewiss nicht am helllichten Tag in einer zivilisierten Umgebung behelligen. Dennoch warf er gelegentlich einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern.
Schließlich bemerkte er in einiger Entfernung eine Menschenansammlung und hörte gelegentliches Lachen. Im Näherkommen sah er, dass die Ansammlung aus mehreren kleinen Gruppen bestand, aus deren Mitte jeweils ein Mann herausragte, der auf einem Hocker oder einer Kiste stand. Sir Josephs Kutsche stand am Rand des Kiesweges. Das also war Speakers Corner.
Er stellte sich zu einer Gruppe und hörte eine Weile zu, begab sich zur nächsten und amüsierte sich über das laute Geschrei der jeweiligen Redner und der anfeuernden Zwischenrufer. Einer der Redner, ein wilder Geselle, allem Anschein nach ein notorischer Unruhestifter, ereiferte sich über die irische Frage. Nachdem James ihm eine Weile zugehört hatte, kam er zu der Schlussfolgerung, dass die Iren wohl noch lange ein Problem sein würden.
Interessiert gesellte er sich zum nächsten Redner, auch er umringt von einer Zuhörerschaft, der aus der Bibel las und gerade zitierte: „‚… Geht hinaus in alle Welt …‘“ Während der fromme Prediger weiterlas, fiel James ein Mann auf, der sich schwer auf einen anderen stützte. Sowohl der Redner als auch seine Zuhörer waren ärmlich gekleidet, trugen schlecht sitzende Hosen und verschlissene Jacken.
„Und nun, meine Herrschaften, übergebe ich das Wort an meinen Nachredner. Wenn Sie gestatten …“ Der Redner hielt inne und bedachte die Zwischenrufer mit strengen Blicken. „Wenn Sie bitte gestatten“, begann er wieder und machte ein besorgtes Gesicht.
Seine Bitte war nicht an die Zuhörer gerichtet, sondern an den Mann, der sich schwer auf seinen Gefährten stützte. James bahnte sich einen Weg durch die Menge. Der erschöpfte Mann nickte, streckte die Hand aus, und der Redner half ihm auf die Bank. Noch bevor James ihn von vorne sehen konnte, murmelte er: „Dich kenne ich.“ Und dann starrte er in das Gesicht von Sam Higgins, dem malariakranken Missionar, den er auf dem Schiff von Batavia nach Portsmouth mehr schlecht als recht gepflegt hatte. Eilig drängte James sich an den aufgeregt protestierenden Störenfrieden vorbei bis zur Parkbank, auf der Sam nun stand und sichtlich Mühe hatte, sich auf den Beinen zu
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