Gerettet von deiner Liebe
fragte er. „Natürlich war es mir ernst damit. Sind Ihre anderen Kunden denn säumige Zahler?“
Redfern legte das Maßband vom Hals bis zum Handgelenk und dämpfte die Stimme. „Sie zahlen nur unter Zwang.“ Ungerührt ob der vertraulichen Berührung legte er das Maßband an der breitesten Stelle um James’Oberschenkel, maß anschließend den Hüftumfang, dann die Länge von der Taille bis zum Knie und weiter bis zum Knöchel. Dann richtete er sich auf, machte sich Notizen und fragte beiläufig, als rede er vom Wetter: „Mr. Trevenen, tendiert ein gewisser Körperteil nach links oder nach rechts, wenn Sie sitzen?“
James blinzelte verständnislos. „Darüber habe ich nie nachgedacht. Spielt das eine Rolle?“
Der Schneider forderte ihn auf, sich zu setzen. „Nach links“, murmelte er.
James schaute an sich herunter. „Tatsächlich. Soll ich darüber erleichtert oder besorgt sein?“
Redfern gestattete sich das nachsichtige Lächeln eines Mannes, der wusste, wovon er sprach. „Links oder rechts tut nichts zur Sache. Haben Sie noch nie maßgeschneiderte Hosen getragen?“
„Gewiss. Aber kein Schneider hat mit Ihrer Sorgfalt Maß genommen. Ich wüsste nicht, dass die Marine feste Regeln kennt, auf welcher Seite man sein Ding trägt.“
„Es ist ganz einfach. Wenn ich Ihre Hosen zuschneide, gebe ich an der linken Seite Ihres Schritts etwas mehr Stoff zu. Sie haben noch nie eine bequemere Hose getragen, Sir.“
„Was höre ich da?“, meldete Sir Percival sich zu Wort, der sich auf einem Stuhl neben der Tür niedergelassen hatte. „Achten Sie auch beim Zuschnitt meiner Hosen auf dieses Detail?“
„Das würde ich, wenn Sie Ihre Rechnungen pünktlich bezahlten“, murmelte der Schneider in sich hinein. Er verneigte sich in die Richtung des Baronets. „Hatten Sie je das Gefühl, meine Hosen sitzen nicht bequem, Sir Percival?“
„Eigentlich nicht …“
„Da haben Sie die Antwort, Sir.“ Und James flüsterte er zu: „Ehrlich gestanden ist sein Ding so winzig, dass es keine Rolle spielt.“
„Was schlagen Sie vor, Redfern?“, fragte James, nachdem er seinen Lachanfall bezwungen hatte. „Ich bleibe zwei Wochen in London für einen Anlass, der, wie ich vermute …“, er warf Sir Percival einen fragenden Blick zu, „… Kniehosen erfordert?“
„Aber selbstredend, Beau“, bekräftigte Sir Percival und wandte sich an den Schneider. „Fertigen Sie ihm mindestens eine zweite Gala-Ausstattung für besondere Anlässe. Dazu ein Cape. Selbstverständlich Reithosen aus Wildleder, zwei Übergangsmäntel aus feinem Tuch und wenigstens ein halbes Dutzend Leinenhemden. Dazu die passenden Krawatten.“
„Nein, nein. Es sind nur zwei Wochen“, protestierte James.
„In Cornwall ziehen Sie doch auch etwas an, oder?“, meinte der Schneider.
„Natürlich“, antwortete James gereizt. „Aber ich wünsche nur eine festliche Abendausstattung.“ Er fröstelte. „Kann ich mich wieder anziehen?“
Da kein Einwand kam, kleidete James sich hastig an, griff in die Innentasche seines Gehrocks, holte sein Notizbuch heraus, stellte eine Zahlungsanweisung seiner Bank aus und reichte sie Redfern. „Legen Sie diese Anweisung dem Bankhaus Golden und Durfee vor. Sie erhalten dafür fünfzig Pfund Sterling. Ich wohne in Alderson Hause in Richmond. Sollten Sie Schwierigkeiten mit der Bank haben, lassen Sie es mich wissen.“
Redfern beäugte den Zettel mit offenem Mund.
„Das müsste doch für die Hälfte der Summe reichen“, meinte James unsicher.
Sorgfältig faltete Redfern das Papier. „Der Betrag übersteigt sogar die ganze Summe, Mr. Trevenen“,sagte er.„Meine Schneidergesellen lassen alles stehen und liegen, und Sie bekommen Ihre Garderobe noch Ende dieser Woche.“ Er beugte sich vor. „Ehrlich gestanden, haben Sie mir zu viel bezahlt.“
„Für mich haben Sie nie so schnell gearbeitet, Redfern!“, klagte Sir Percival gekränkt.
„Sie haben mich auch nie im Voraus bezahlt, Sir Percival“, entgegnete der Schneider respektvoll, aber bestimmt. „Mr. Trevenen, ich vergaß, Sie nach der Farbe der Westen zu fragen.“
„Nur Schwarz“, sagte James, dann fügte er hinzu: „Nun ja, vielleicht eine dunkelgrüne zur Reithose.“
Der Schneider verneigte sich. „Hätten Sie etwas gegen schmal gestreiften Seidenmoiré einzuwenden?“
„Nicht, wenn Sie es vorschlagen“, antwortete James. „Ich vertraue Ihnen, Redfern. Sie sind Ihr Geld wert.“
Der Schneider strahlte übers ganze Gesicht
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