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Gerettet von deiner Liebe

Gerettet von deiner Liebe

Titel: Gerettet von deiner Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CARLA KELLY
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mütterliche Mahnung, es sei Zeit, zu Bett zu gehen. Kaum hatte sie ihm die Decke hochgezogen, war er auch schon eingeschlafen, und die abendliche Lesestunde fiel aus. Susannah ging in ihr Zimmer und wartete.
    Als James klopfte, öffnete sie. Er stand im Flur in einer neuen Reithose aus Rehleder, einem Hemd, das ihm aus dem Bund hing, und darüber eine dunkelgrüne Weste. „Wie sehe ich aus?“
    Sie ging um ihn herum. „Sehr elegant, Sir. Allerdings rate ich Ihnen, das Hemd in den Hosenbund zu stecken, eine Krawatte umzubinden und Schuhe, ja, Schuhe empfehle ich Ihnen unbedingt.“
    Mit flinken Fingern knöpfte er die Weste wieder auf. Sie wünschte, er würde sie nicht mit diesem trägen Lächeln ansehen und wieder in sein Zimmer gehen, aber er schien es nicht eilig zu haben. Doch es war ungehörig, noch länger im Korridor mit ihm herumzustehen.
    „Gute Nacht, Sir.“ Ihre Stimme klang frostiger als beabsichtigt.
    „Ich verspreche Ihnen, Schuhe zu tragen“, sagte er und runzelte die Stirn. „Meinen Sie, Lord Batchley will uns tatsächlich zum Dinner einladen?“
    „Wir werden sehen, was die Morgenpost bringt“, antwortete sie.
    Er wartete noch einen Moment, bevor er sich zum Gehen wandte. Es wäre unhöflich gewesen, die Tür sofort zu schließen, also wartete sie einen Augenblick und beobachtete, wie er vor seinem Zimmer zögerte, als ängstige er sich davor, einzutreten.
    Plötzlich drehte er sich um und warf ihr einen Kuss durch die Luft zu. Sie sind ein Schurke, dachte sie.
    „Gute Nacht, liebe Mrs. Park.“
    Anfangs spürte er die Enge in seiner Brust nicht, die gewöhnlich den Beginn des Albtraums ankündigte. Er hatte von Susannah geträumt und war nicht auf diesen jähen Szenenwechsel gefasst.
    Der Traum begann mit sengender Hitze. Das gleißende Licht der grellen Sonne stach durch seine Haut und drang ihm bis in die Knochen. Der Tag unterschied sich in nichts von all den Tagen davor. Anfangs hatte er genaue Aufzeichnungen gemacht, war sich aber nicht mehr sicher, ob er an diesem Morgen das X eingetragen hatte. Er war zu müde, um sich weiter zu fragen, oder sich darüber zu wundern, warum die anderen im Boot nicht über ihn hinweggetrampelt waren, um den letzten Rest Tinte auszutrinken. Es waren allesamt kräftige Seeleute mit gesunden Gliedmaßen – abgesehen von Tim Rowe, dem Schiffszimmermann, dem ein Bein fehlte. Vermutlich waren sie auch Analphabeten und hatten deshalb nicht an die Tinte gedacht, die einzige Flüssigkeit im Boot.
    James hatte selbst mit dem Gedanken gespielt, sie zu trinken, aber sein Pflichtbewusstsein hatte ihn gezwungen, die Eintragungen im Logbuch fortzuführen, obgleich wahrscheinlich kein Mensch sie je zu sehen bekäme. Wenn alle tot waren, würde das Boot kentern und ihre Leichen mitsamt dem Logbuch auf den Meeresgrund sinken.
    Die Pistole lag schwer auf seinen Schenkeln, doch James zweifelte daran, dass er genügend Kraft hätte, sie zu heben und abzudrücken, wenn Rowe sich schließlich auf ihn stürzte.
    Rowe hatte den Toten an sein Ende des Bootes geschleift, die Knochen geknackt und das Mark ausgesaugt, aber auch er zeigte Ermüdungserscheinungen. Seit einiger Zeit hörte James kein Geräusch brechender Knochen mehr. Er war zu müde, um die Augen zu öffnen, und verließ sich völlig auf die Ruder, die er an seinem Ende des Bootes quergelegt hatte – seine einzigen Beschützer, falls Rowe Gelüste nach frischem Fleisch hatte.
    Er war von der rasch sinkenden Orion im einzigen Rettungsboot weggerudert, bevor der Ozean die Fregatte verschlang. Gegen seine Proteste hatte der Captain James ins Boot gestoßen und ihm das eingewickelte Logbuch zugeworfen. „Halt die Ohren steif, Junge!“, waren die letzten Worte seines Skippers.
    James hatte seine Worte beherzigt, ruderte mit aller Kraft, um nicht in den Sog des sinkenden Schiffes zu geraten und sammelte die Männer ein, die er fand. Er konnte nur noch vier Kameraden retten. Er war der einzige Offizier, das Beiboot sein erstes Kommando.
    Niemand sprach darüber, aber alle wussten, dass der Tod mit im Boot kauerte. James teilte seiner Mannschaft nutzlose Aufgaben zu, um sie irgendwie zu beschäftigen, nachdem er alles einsammeln ließ, was jeder in den Taschen hatte und irgendwie essbar war: feuchter Schiffszwieback, eine Wachskerze, ein Stück schimmliger Käse. Diese jämmerlichen Vorräte waren am Ende der Woche aufgebraucht. Reglos saßen die Männer im Boot, um Kraft zu sparen, brieten in der Sonne und warteten

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