Gerettet von deiner Liebe
beugte sich vor. „Und was sagt er?“, fragte sie neugierig. „Mr. Trevenen erwähnte, dass er im Fieber fantasiert.“
Loisa lächelte, ohne die Augen von dem schlafenden Mann zu wenden. „Er fragte mich mindestes fünf Mal, wer ich bin. Mittlerweile haben wir wohl die Formalitäten der Vorstellung hinter uns.“
Sie hätte wahrscheinlich mehr gesagt, wäre James nicht eingetreten. Er beugte sich über Mr. Higgins, was Loisa mit einem Stirnrunzeln registrierte. Du warst schon immer besitzergreifend, Loie, dachte Susannah amüsiert.
„Soll ich die Nachtwache übernehmen?“, fragte James.
„Nein“, antwortete Loisa prompt. „Sie baten mich, ihn zu pflegen.“
„Das stimmt.“
„Gut, dann bleibe ich, bis es ihm besser geht. Gute Nacht, Sir. Meine Schwester sieht erschöpft aus. Ich schlage vor, Sie bringen sie nach Hause.“
Loisa begleitete die beiden in den Flur. „Mr. Trevenen, heute hatten wir Besuch von den Missionaren.“
Erstaunt hob James die Brauen. „Was Sie nicht sagen! Ich wundere mich, dass sie nicht in Begleitung eines Konstablers kamen, um ihren Mitbruder abzuholen.“
„Sie scheinen eine falsche Vorstellung davon zu haben, was Mr. Higgins ihnen wert ist, Sir“, entgegnete Loisa.
Ihre Stimme bebte ein wenig, wie Susannah erstaunt feststellte. Gütiger Himmel, hoffentlich hatte ihre Schwester die frommen Mönche nicht mit dem Schürhaken bedroht. „Wollten sie ihn etwa nicht zurück?“, fragte sie.
Loisa schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Sie standen an seinem Bett und lamentierten darüber, was für eine Last er für die Missionsgesellschaft ist.“ Sie schien den Tränen nahe. „Da liegt dieser Mann hilflos im Bett, und diese Menschen dachten nur daran, wie ungelegen ihnen seine Malariaanfälle kommen.“ Ihr Gesicht rötete sich. „Ich ließ die beiden von Barmley hinauswerfen.“
„Was haben Sie getan?“, fragte James verdutzt.
Sie maß ihn mit einem bohrenden Blick. „Sie haben gehört, was ich sagte. Ich habe mir Beau Crusoe als Vorbild genommen und sah mich genötigt zu handeln.“
Gerührt legte Susannah den Arm um ihre Schwester und fürchtete beinahe, sie würde ihn abschütteln, was nicht geschah. „Ich bin stolz auf dich, Loie“, flüsterte sie.
„Du hättest nicht anders gehandelt, Suze.“
„Ich bin nicht so mutig wie du, anderen die Stirn zu bieten“, sagte Susannah und warf James einen Blick zu. „Diese Pagode werde ich wohl nie erklimmen.“
James lächelte. „Das weiß man erst, wenn es so weit ist.“ Er verneigte sich. „Meine Hochachtung, Miss Alderson. Sir Joseph wird gewiss nichts dagegen haben, wenn Sam noch eine Weile bleibt, selbst wenn seine Genesung etwas länger dauern sollte.“
Loisa drückte Susannah einen Kuss auf die Wange und wandte sich zur Tür. „Ich verlasse mich auf Sie, Mr. Trevenen oder Beau Crusoe – wer immer sich um diese Angelegenheiten kümmert. Gute Nacht.“ Sie trat ins Zimmer und schloss leise die Tür.
Susannah hakte sich bei ihm unter und lächelte. „Jetzt bringen wir Noah nach Hause.“
In Alderson House wartete die neue Garderobe auf James.
„Ich hätte nicht gedacht, dass Redfern so schnell arbeitet“, wunderte er sich, hob den Deckel eines Kartons hoch, schlug das Seidenpapier zurück und nahm drei Hemden heraus.
Auf dem obersten Hemd steckte ein Zettel. James entfaltete ihn. „Hören Sie sich das an“, sagte er. „‚Damit werden Sie Aufsehen erregen, Mr. Crusoe, was Ihnen ja bereits gelungen ist mit Ihrer wagemutigen Rettungsaktion, Katzen von Bäumen zu holen.‘“ Er stöhnte. „In London verbreiten sich Neuigkeiten wie ein Lauffeuer.“
Susannah beugte sich vor und las den Nachsatz. „Das gefällt mir: ‚Es gibt allerdings Leute, die wünschten, Sie hätten Vixen auf dem Baum gelassen.‘“
„Eine Dame dürfte eine so herzlose Bemerkung nicht erheiternd finden“, tadelte er scherzhaft.
„Was kann ich dafür? Ein Mann kommt nach London, um eine Auszeichnung zu erhalten und sieht sich ständig herausgefordert, Menschen aus dieser oder jener Krisensituation zu retten.“ Sie blickte ihm in die Augen. „Gehen Sie nach oben, und probieren Sie Ihre neue Garderobe an“, fügte sie hinzu. „Ich bringe Noah zu Bett, und danach werde ich das Ergebnis begutachten.“ Sie warf einen Blick in die Schachtel. „Da ich keine rosa Seidenweste sehe, wird mein Urteil vermutlich günstig ausfallen.“
Nach dem Essen erhob Noah keinen Protest gegen die
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