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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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Auf der anderen Seite wartete Taneesha, die sie zur Bücherei begleitete. Ein Häftling beobachtete sie über einen Wäschekarren hinweg.
    »Wie steht’s in der großen Stadt?«, erkundige sich Taneesha.
    »Gute Frage«, erwiderte Ivy.
    »Kann nicht schlimmer sein als hier«, meinte Taneesha.
    Sie kamen an einer Reihe Wandtelefone vorbei, die Ivy zuvor irgendwie entgangen waren. Jedes war von einem telefonierenden Häftling besetzt, und dahinter warteten andere, bis sie an die Reihe kamen.
    »Stimmt es, dass alle Gespräche als R-Gespräch angemeldet werden?«, fragte Ivy.
    »Aber ja«, antwortete Taneesha.
    »Was passiert, wenn sie versuchen, an der Vermittlung vorbeizukommen?«
    »Dann geht der Anruf nicht raus«, sagte Taneesha. »Jeder von ihnen hat eine eigene PIN, damit wir wissen, wer den Anruf macht, und außerdem sind jedem nur wenige Empfänger gestattet, die er anrufen darf, enge Familienangehörige und der Verteidiger.« Taneesha warf ihr einen Blick zu. »Warum?«
    »Handys dürfen sie also gar nicht benutzen«, sagte Ivy.
    »Das ist ein Witz, oder?«, erwiderte Taneesha.

    Zwei große Wachen, die sie noch nie gesehen hatte, standen vor der Bücherei.
    »Ihr kennt Ivy, die Schreibkursleiterin?«, sagte Taneesha.
    »Hi«, grüßte Ivy.
    Sie musterten sie, wie es schien, einen Moment zu lange; vielleicht waren sie neu. Sie trat ein.
    Drei Schüler saßen schon auf ihren Plätzen: Harrow an der Schmalseite, Perkins rechts, und links, den Arm in einer Schlinge, Hector Luis Morales.
    »Hallo, alle zusammen«, wollte Ivy gerade sagen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie musste sich räuspern und noch einmal ansetzen.
    »Hi, Prof«, sagte Morales. »Ich bin wieder da.«
    Er sah sie auf eine Weise an, die Ivy als freundlich und sonst nichts empfand. Sie begann Bleistifte und Papier auszuteilen.
    »Alles zur Hand, um Gedichte zu schreiben«, sagte Morales.
    »Worüber würden Sie gern schreiben?«, fragte Ivy.
    »Weiß nicht«, antwortete er, während er einen Bleistift nahm und hinter sein Ohr steckte. »Ich will einfach nur schreiben und schreiben.«
    »Großartig«, sagte Ivy. »Hat jemand einen Vorschlag?«
    Harrow schüttelte den Kopf.
    »Wie wär’s mit stäubger Tod?«, fragte Perkins.
    »Den scheißstäubgen Tod hatten wir schon«, sagte Morales.
    »Wir könnten es noch mal machen«, sagte Perkins.
    »Lassen Sie uns auf El-Hassam warten«, schlug Ivy vor. »Vielleicht hat er eine Idee.«
    Morales lachte.
    »Was ist so komisch?«, fragte Ivy.
    »El-Hassam«, sagte Morales.
    »Psychiatrie«, sagte Perkins.
    »Was soll das heißen?«, fragte Ivy.
    »Gegenüber von der Krankenstation in Block A«, sagte Perkins.
    »Aber was fehlt ihm denn?«, fragte Ivy.
    Keine Antwort. Harrows Bleistift raste über das Blatt. Er erzeugte ein leises Geräusch, wie Skifahren auf weichem Schnee. Etwas veranlasste Ivy, Morales anzusehen; auch er beobachtete Harrow. Die riesige Ader in seinem Unterarm pochte.
    »He, Mann«, sagte Perkins mit seinem tiefen Grollen. »Die Lehrerin redet mit dir.«
    Harrow sah auf. Der Bleistift glitt von allein noch ein oder zwei Sekunden weiter, wie eine primitive Lebensform, der man den Kopf abgehackt hat. »Was?«, fragte er mit verhangenem Blick.
    »Sie hat dir eine Frage gestellt«, sagte Perkins.
    Harrow wandte sich ihr zu, sein Blick klärte sich. »Verzeihung«, sagte er.
    »Keine Ursache«, erwiderte Ivy. »Haben Sie ein Thema gefunden?«
    Harrow sah nach unten auf die bereits zur Hälfte gefüllte Seite. »Ja.«
    »Vielleicht lassen Sie uns mal schnüffeln«, bat Ivy.
    »Schnüffeln«, wiederholte Morales leise kichernd.
    »Wir schreiben übers Schnüffeln?«, fragte Perkins.
    »Nein«, sagte Harrow. »Bullen.«
    »Bullen?«, fragte Ivy.
    »Wir alle wissen etwas über Bullen«, sagte Harrow.
    »Amen«, sagte Perkins.
    »Die Lehrerin nicht«, widersprach Morales.
    »Hä?«, machte Perkins.
    »Was weiß sie schon über Bullen?«, meinte Morales.
    Alle sahen sie an.
    »Ich bin mal beim Klauen in einem Geschäft erwischt worden«, sagte sie.
    Alle wurden munter.
    »Echt?«, fragte Morales. »Ringe? Uhren?«
    »Twizzlers«, antwortete Ivy.
    »Was zum Teufel ist das?«, fragte Morales.
    »Fruchtgummi«, erklärte Perkins. »Meine Frau lutscht die den ganzen Tag.«
    »Du hast eine Frau?«, fragte Morales.
    »Früher mal«, sagte Perkins.
    Schweigen.
    »Es waren grüne«, erzählte Ivy. »Die grünen hatte ich noch nie gesehen.«
    Harrow lächelte. Hatte sie ihn vorher schon mal

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