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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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hat er einen schwerfälligen Entengang.«
    »Und wie steht es mit Laufen mit einem Football gegen Laufen mit einem bis zum Rand mit Geld vollgestopften Seesack?«, fragte Gagnon. »Haben Sie daran auch gedacht?«
    »Habe ich«, sagte Ivy. »Es reicht nicht, um den Unterschied zu erklären.«
    Er zog eine Schublade auf, fand ein Kaugummi und steckte es in den Mund. »Ihrer wissenschaftlichen Meinung nach.«
    Ivy nahm die beiden Videos heraus. »Wenn Sie sich die einfach nur ansehen, werden Sie –«
    »Das werde ich nicht tun«, sagte Gagnon.
    »Warum nicht?«
    »Aus vielen Gründen«, sagte Gagnon. »Aber wie wär’s erst mal damit – Harrow hat sich schuldig bekannt.«
    Das fand sie jetzt erst heraus? Alle Muster, die sich in ihrem Verstand gebildet hatten, lösten sich auf. Ivy wusste keine Antwort.
    Gagnon kaute sein Kaugummi, seine Kiefermuskeln traten hervor. »In Ihrem Roman können Sie natürlich machen, was Sie wollen. Aber dann müssen Sie sich einen guten Grund ausdenken, warum ein Unschuldiger sich schuldig bekennen sollte.«
    »Vielleicht, um jemanden zu schützen«, meinte Ivy.
    »Wen denn?«
    Darauf gab es nur eine Antwort. »Betty Ann.« Neue Muster nahmen Gestalt an.
    »Dass er keinen Handel einging, um eine geringere Strafe zu erhalten, war sein Weg, Betty Ann zu schützen«, sagte Gagnon. »Er musste sich nicht schuldig bekennen.«
    »Vielleicht war das seine Art, Stellung zu beziehen«, meinte Ivy.
    »Stellung wozu?«
    Ivy hatte keine Ahnung. Aber ihr Verstand arbeitete weiter, fast fieberhaft; das Gefühl erinnerte sie an schwere Prüfungen, bei denen noch viele Fragen warteten und die Zeit ablief. »Oder vielleicht«, sagte sie, »hatte er keinen guten Anwalt.«
    »Wie wär’s damit: Carter und Lusk haben ihren Tod nur vorgetäuscht und leben jetzt unten in Cancùn?«, fragte Gagnon.
    Ivy spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde. »Was reden Sie denn da?«
    »Ich assistiere Ihnen beim Brainstorming«, sagte Gagnon. »Es muss Spaß machen, Schriftsteller zu sein und sich einfach etwas auszudenken. Aber in diesem Geschäft liegt die Wahrheit in neunundneunzig Prozent der Fälle klar auf der Hand.«
    Sein Telefon klingelte. Er meldete sich. Hatte sie noch etwas? Nein. Sie wartete auf das Ende des Telefonats, damit sie sich verabschieden konnte. Draußen fiel Regen. Er lief in Zickzackbahnen an Gagnons schmierigem Fenster herunter.
    Er legte auf, sah sie an, sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert, war ein bisschen weniger selbstsicher, sogar verwirrt. »Das war der Typ vom Zeugenschutzprogramm«, sagte er. »Bis vor drei Jahren hatten sie Mandrell in Phoenix untergebracht.«
    »Und dann?«
    »Dann ist er verschwunden.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Verschwunden«, wiederholte Gagnon. »Sie stellten es fest, weil Schecks, die er von den Behörden bekam, nicht mehr eingelöst wurden.«
    »Wurde nach ihm gesucht?«, fragte Ivy.
    »Eine Zeitlang ja. Aber die Sache hatte keine hohe Priorität.«
    »Warum nicht?«
    »Das Übliche«, meinte Gagnon. »Beschränkte Mittel. Und wie wollen Sie einen Kerl schützen, der nicht geschützt werden will?«
    »Ist er in Gefahr?«
    »Theoretisch«, sagte Gagnon. »Betty Ann ist nach wie vor dort draußen.« Er dachte ein paar Sekunden nach. »Doch vermutlich heißt es, dass er klüger ist, als wir dachten.«
    »Wieso?« Ivy war es leid, das immer wieder zu hören. Harrow war der Kluge: Man musste nur lesen, was er geschrieben hatte.
    »Mandrell musste sich eine neue Identität verschaffen, richtig?«, sagte Gagnon. »Vorher wusste außer ihm noch die Bundespolizei, wer er wirklich war. Jetzt weiß nur noch er es.«
    »Und was bedeutet das?«, fragte Ivy.
    »Keine Ahnung«, antwortete Gagnon. »Vielleicht ist es der – wie heißt das kurze Kapitel, das manchmal am Ende steht?«
    »Epilog?«
    »Genau«, sagte Gagnon. »Der Epilog für Ihr Buch. Aber der Gold-Dust-Fall – der wirkliche Fall, wenn Sie verstehen, was ich meine – ist Geschichte.«
    Ein Polizist in Uniform klopfte an die offen stehende Tür. »Bei Gericht ist alles bereit«, sagte er.
    »Bin unterwegs«, antwortete Gagnon.
    Ivy erhob sich und steckte die Videos in ihre Tasche.
    »Sie können hinter mir herfahren«, sagte Gagnon.
    »Zum Gericht?«
    »Da Sie gerade Harrows Verteidiger erwähnt haben«, sagte Gagnon, während er sein Schulterholster überstreifte. »Er müsste dort sein, für den Fall, dass Sie ihm ein paar von Ihren Theorien vortragen wollen.«
    Ivy warf einen Blick auf ihre Uhr.

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