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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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Thanksgiving.«
    »Und?«
    »Das ist nicht derselbe Mann, der da läuft.«
    Schweigen.
    »Das stimmt doch, oder?«, fragte Ivy.
    »Ich muss auflegen«, sagte Harrow, seine Stimme war noch leiser geworden, nicht lauter als die Sirenenklänge, die von der Brücke herüberwehten.
    »Aber Sie waren nicht einmal dort«, sagte Ivy. »Ich begreife das einfach nicht.«
    Erneutes Schweigen.
    »Schützen Sie Betty Ann noch immer?«
    Klick.

Neunzehn
    A ls Ivy erwachte, fühlte sie sich frisch, viel frischer als nach jedem Schlaf, an den sie sich seit langer Zeit erinnern konnte. Sie streckte sich genüsslich – noch immer in ihren Kleidern, ups – und warf einen Blick auf den Wecker, erwartete, dass es elf Uhr wäre, vielleicht später.
    Neunzehn nach sieben. Neunzehn nach sieben? Sie kontrollierte sogar, ob er Abendzeit anzeigte. Nein. Neunzehn nach sieben morgens. Ivy hatte von Karrieretypen gehört, die nicht mehr als drei oder vier Stunden pro Nacht brauchten, ehe sie hinausgingen und sich in den Kampf warfen; nun wusste sie wenigstens einen Morgen lang, wie sie sich dabei fühlten: großartig.
    Ivy stand auf, schnell und voller Vorfreude wie ein Kind, ging ins Bad, musterte sich im Spiegel. So gut hatte sie seit Monaten nicht mehr ausgesehen. Was war mit ihr los? Sie putzte sich die Zähne, und aus dem Nichts produzierte ihr Verstand eine kleine Vignette von Harrow, der sich hinter ihr in der Dusche wusch und dabei vor sich hin pfiff.
    Ivy stieg in die Dusche, natürlich allein, obgleich Harrows imaginäre Gegenwart noch eine Weile nachklang. Das Wasser, endlich einmal heiß und mit mehr Druck als üblich, trommelte auf ihren Kopf und regte diesen kleinen Teil des Hirns an – in ihrem Fall vielleicht wirklich klein, das war ihre größte Angst –, wo die Inspiration zu Hause war, Talent wohnte, Begabung. Innerhalb weniger Sekunden nahm die komplette Begegnung Vladeks mit dem Bären, der vielleicht kein Bär, und dem Hirschen, der vielleicht kein Hirsch war, Gestalt an, und mehr noch, dadurch brach sich die Geschichte, erhielt unerwartete Wendungen. Weil, ja! Der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte – endlich begriff sie das! – war, dass dieser fremde Neandertaler sich als der zivilisierteste Mensch von allen herausstellte.
    Im nächsten Augenblick saß Ivy vor ihrem aufgeklappten Laptop am Tisch, die feuchten Haare in ein Handtuch gewickelt, die nackten Füße gekrümmt auf dem kalten Boden. Sie schrieb die Änderungen. Es war total einfach, ihr Verstand hatte die volle Kontrolle über das Material, ihre Finger nahmen über die Tastatur nur kleine Anpassungen vor, so wie ein Maurer, der die letzten Ziegel an Ort und Stelle festklopft.
    Sie rief die Zentrale des New Yorker an und fragte nach Whit, wurde direkt durchgestellt.
    »Ivy?« Er klang wachsam.
    »Keine Sorge«, sagte Ivy. »Ich habe kein Problem mit der Absage.«
    »Mir gefällt die Story«, entschuldigte sich Whit. »Aber wir haben nur begrenzten Raum zur Verfügung, und –«
    »Schon in Ordnung«, sagte Ivy. »Die Story war nicht gut genug. Die Sache ist die – ich bin einem Vorschlag gefolgt und habe ein paar Änderungen vorgenommen, die Sie wirklich beein… die Sie sich vielleicht ansehen könnten. Ich weiß, das ist irgendwie verrückt, aber –«
    »Es ist ein verrücktes Geschäft«, sagte Whit. »Sollte es zumindest sein. Schicken Sie’s rüber.«
    »Echt?« Whit entpuppte sich als immer größere Überraschung, vielleicht gehörte er zu den Menschen, deren beste Seite sich bei ihrer Arbeit zeigt; und die schlechteste in Bars – wie bei so vielen, die sie kennengelernt hatte.
    »Aber Sie müssen Geduld haben«, warnte er. »Im Augenblick saufe ich regelrecht ab.«
    »Nehmen Sie sich alle Zeit der Welt«, sagte Ivy, eine verrückte Bemerkung, doch jetzt, da sie gelernt hatte, dass es ein verrücktes Geschäft war – zumindest in seiner idealen Gestalt –, gehörte sie vielleicht dorthin.

    Ivy fuhr sich mit der Bürste durch das Haar, steckte den neuen »Höhlenmann« in einen Umschlag, lief die Treppen hinunter. Der Nebel hatte sich gelichtet; ein kalter Tag, winterkalt, mit klarer Luft und einem leuchtend silbernen Himmel. Alles verströmte Energie, und sie selbst war total aufgeregt.
    Ein Fahrradbote stolperte gerade die Stufen hoch, als sie heraustrat. Sie drehte sich um und sah, wie er auf ihre Klingel drückte.
    »Das bin ich«, sagte sie.
    Er übergab ihr einen gepolsterten Umschlag, hüpfte auf sein Rad und war fort.
    Ivy

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