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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Sekretärin an, breitete die Arme aus, registrierte, dass der gläserne Behälter der Kaffeemaschine leer war, das rote Licht aber trotzdem brannte, hob den Kopf und sagte mit ungewohnt leiser Stimme: »Was hat Süden Ihnen erzählt?«
    »Nichts«, sagte Erika fröhlich, »er hat mich gefragt, ob ich immer noch zum Damenfußball geh, und ich hab ihm gesagt, ich würd neuerdings Mittelstürmerin spielen, weil ich dauernd so viele Tore schieß.«
    Thon nickte, ging in sein Büro und schloss die Tür. Seit wann, fragte er sich, spielte die Haberl Fußball? Wann hatte sie ihm davon erzählt? Plötzlich verspürte er einen leichten Druck im Kopf, er brauchte ein Aspirin. Wieso lagen die Tabletten nicht da, wo sie immer lagen?
    Er war verwirrt. Er hasste es, verwirrt zu sein. Und er hasste Leute, die verwirrt waren. Dann musste er wieder an die Worte des Staatsanwalts denken: Dass unsere Empörung also ein Spiel für die Galerie ist… Nein! So etwas durften sie nicht zulassen. Sie mussten Natalia finden und befreien, lebend befreien, alles andere wäre unvorstellbar, ein schreckliches, unverzeihliches Versagen. Egal, was er über das weitere Verfahren mit Lucy Arano dachte, egal. Das waren zwei verschiedene Dinge, zwei völlig unterschiedliche Angelegenheiten, die man keinesfalls vermischen durfte.
    Er hatte eine Frau und zwei Kinder und es bereitete ihm eine unbändige Freude, wenn sie ihm sagten, dass sie stolz auf ihn waren, und er wollte nichts mehr, als dass sie es blieben. Auch nach diesem Fall. Vor allem nach diesem Fall. Seltsam, dachte er, als er den Telefonhörer nahm und die Nummer des Erkennungsdienstes wählte, wenn ich meiner Familie die Ereignisse des heutigen Tages schildern würde, dann wären sie von einem garantiert besonders beeindruckt: von der Attacke Tabor Südens, der nichts getan hatte außer sein Gesicht zu wahren, rücksichtslos, ausgelöst durch seine, Thons, vorsichtige Verteidigung des zynischen Staatsanwalts. Und tatsächlich gab es kein anderes Wort für Ronfelds Haltung, sie war zynisch.
    Über Politik wurde im Dezernat selten gesprochen und Thon war das immer recht gewesen. Dass sie es nun tun mussten, erschien ihm nach diesem Vormittag unvermeidlich, selbstverständlich. Und vielleicht war Südens pubertäre Aktion gar kein so schlechter Anfang gewesen, ein Wecksignal, ein Warnsignal, ein Wutsignal.
    Depp!, dachte Thon und massierte seinen schmerzenden Oberschenkel, während er auf die Verbindung mit dem Dienst habenden EK-Beamten wartete.

2   16. August, 11.58 Uhr
    V or dem Südeingang des Hauptbahnhofs stieg Tabor Süden in ein Taxi, zwängte sich auf dem Rücksitz in die äußerste rechte Ecke, als würden noch zwei weitere Fahrgäste neben ihm Platz nehmen, und nannte sein Ziel, die Buttermelcherstraße. Er bezahlte das Taxi immer aus eigener Tasche, da Thon es ablehnte, die Kosten als Spesen zu akzeptieren.
    »Was sagen jetzt Sie zu dem Wahnsinn?«, fragte der Taxifahrer, ein etwa vierzigjähriger Mann, der eine ausgebleichte Jeansjacke trug, eine runde randlose Brille und am rechten Handgelenk einen silbernen Armreif. Lässig stützte er den linken Arm am Seitenfenster ab und schien nicht im Geringsten genervt von den Schlangen an den roten Ampeln und den Radfahrern, die achtlos die Spur wechselten und die Autofahrer zwangen, abrupt zu bremsen.
    »Sie meinen die Entführung?«, brummte Süden.
    »Das ist doch unfassbar oder? Schnappen die einfach die Frau von dem Nigerianer und machen einen auf Wilder Westen.«
    »Wer ist ›die‹?«, fragte Süden.
    »Die? Die Kidnapper, diese Aktion D. Für was steht das eigentlich? Die Polizei hat mal wieder null Durchblick. Aktion D! Wahrscheinlich steht das D für Deppen, oder?« Er wandte sich halb um, winkte gleichzeitig einen alten Mann über die Straße und pulte ein Pfefferminzbonbon aus der Packung.
    »WollenS eins?« Süden schüttelte den Kopf. »Ich fahr Sendlinger Tor, Frauenstraße, ists recht?« Süden nickte. Auf der Sonnenstraße standen die Autos Stoßstange an Stoßstange in drei Reihen nebeneinander, die Stadt war voll von Touristen und wo man normalerweise rasch durchfahren konnte, befand sich in diesem Sommer garantiert eine Baustelle, umringt von Baggern und Lastwagen, die sämtliche Fluchtwege versperrten.
    »Für mich ist das eine Barbarei«, sagte der Taxifahrer und ließ das Fenster heruntergleiten. »Wenns zieht, bitte sagen! Ich versteh das nicht, was in den Köpfen von solchen Leuten vorgeht. Die glauben doch

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