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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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beigen Mercedes, der auf der anderen Straßenseite geparkt war.
    Freya ging zu dem Wagen. Er war verschlossen. Heftig winkend stand Paul Weber im Hof des Wohnblocks und rief ihren Namen.
    »Die Nachbarin hat mir einen Schlüssel gegeben«, sagte er, als sie zu ihm kam. »Sie hat heut Morgen mit Frau Scholze gesprochen, die habe einen bedrückten Eindruck gemacht, nicht so munter wie sonst, sagt die Nachbarin. Sie hat sie auch gefragt, ob was passiert sei, aber sie kriegte keine Antwort. Wir gehen rein.«
    Vor der Tür im dritten Stock des Siebziger-Jahre-Haus lag ein dunkelbrauner Fußabstreifer mit der Aufschrift: WILLKOMMEN. Paul Weber sperrte auf. Hinter der Eingangstür nebenan waren Geräusche zu hören, selbstverständlich lauschte die Nachbarin.
    In Scholzes Wohnung war es dunkel. Die Tür zwischen Flur und dem angrenzenden Zimmer war geschlossen. Freya Epp schaltete das Licht an.
    »Hallo?«, rief Weber mit gedämpfter Stimme. »Ist jemand da? Ich bin Polizist.« Nichts geschah. Weber öffnete die erste Tür, die ins Wohnzimmer führte. Er warf einen Blick hinein und wandte sich zu Freya Epp um:
    »Wonach riechts denn hier?«
    »Nach einem billigen Rasierwasser«, sagte sie. Sie hatte ihre Pistole entsichert und behielt die Hand am Halfter. Zeitungen lagen herum, ein Glas stand auf dem Tisch, alles deutete darauf hin, dass hier gerade noch jemand gesessen hatte.
    »Freya!«
    Weber war ins Schlafzimmer gegangen. Sie folgte ihm und zuckte unwillkürlich zurück.
    Auf dem Bett lagen zwei Leichen, eine Frau und ein Mann. Der Mann hatte eine doppelläufige Pistole in der Hand. Beide bluteten aus einem Loch an der Schläfe. Auf den ersten Blick sah es so aus, als habe der Mann erst seiner Frau in den Kopf geschossen und dann sich selbst.
    »Ruf Karl an!«, sagte Weber. Er roch an der Waffe und sah sich um. Die Perserbrücken lagen ordentlich übereinander, kein Stuhl war umgeworfen worden, kein Glas, kein Flakon heruntergefallen. Was war passiert? Reglos stand Weber vor dem Bett, die Hände in den Hosentaschen, um nicht aus Versehen etwas zu berühren. Im Wohnzimmer telefonierte Freya Epp mit Funkel.
    In geübter Manier rekonstruierte Weber den Tathergang, bevor die Kollegen von der Todesermittlung auftauchten. Scholze hat also eine Pistole, etwas ist geschehen, er beschließt, Schluss zu machen, er bittet seine Frau ins Schlafzimmer, hält ihr ohne lange Vorrede die Waffe an die Schläfe und drückt ab. Dann bringt er sich selber um. Aus. In der Wohnung sind keine Blutspuren, dem ersten Augenschein nach, das hat nicht viel zu bedeuten. Weber bückte sich und roch ein zweites Mal an der Waffe, kein Zweifel, mit ihr ist geschossen worden. Die Hand des Mannes umklammert den Griff. Er liegt auf dem Bett, neben seiner Frau, die Arme am Körper, Straßenschuhe an den Füßen.
    Als Freya Epp wiederkam, stand Weber noch immer wie gebannt vor den beiden Toten. Eine Minute verstrich. Dann nahm Weber seine Kollegin am Arm und ging mit ihr ins Wohnzimmer.
    »Wenn Scholze sich selber erschossen hätte, wäre die Wucht des Projektils so stark gewesen, dass er zumindest mit dem Kopf von der Bettkante gerutscht wäre. Wahrscheinlich hätte er auch die Waffe fallen lassen, ziemlich sicher sogar. Das ist ein vorgetäuschter Selbstmord, Freya. Wir waren zu langsam, jemand hat die Zeugen rechtzeitig beseitigt. Und dieser jemand ist informiert worden, wahrscheinlich aus unserem Dezernat. Ruf die Kollegen vom Mord an!«
    »Der Informant ist vermutlich doch Florian Nolte, das hat mir Herr Funkel gerade am Telefon erzählt«, sagte Freya Epp.
    »Gibts Beweise?«
    »Er hat angeblich eine Freundin angerufen, den Namen wollte er nicht sagen. Dann behauptete er, er habe ein Verhältnis mit einem Mann aus dem Ministerium, der auf keinen Fall als Schwuler auffliegen darf.«
    »Lächerlich!«, sagte Weber. »Der Nolte ist ein gradliniger Hetero, ein Macho von der alten Schule.«
    »Das sagt Herr Funkel auch.«
    »Mein Gott«, sagte Weber, zog ein großes weißblaues Taschentuch aus seiner speckigen Kniebundhose und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Vielleicht hatte seine Freundin doch Recht, vielleicht sollte er vorzeitig in Pension gehen, mit ihr in die Weiten der Lüneburger Heide blicken, ohne Leichen vor Augen, ohne den Geruch von Kot und Pulver in der Nase, ohne das Gefühl, nichts verändern zu können, immer zu spät zu kommen, niemals ein Verbrechen verhindert zu haben. Vielleicht ist dies mein letzter Fall, Evelin, vielleicht

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