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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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schaff ich es aufzuhören und nur noch bei dir zu sein. Sie gingen in die Küche, wo sie den Tisch voller Zeitungen vorfanden, gossen sich ein Glas Wasser ein und warteten stumm auf die Kollegen in den weißen Schutzanzügen.

17   17. August, 14.10 Uhr
    I n der Stunde, da der Augenblick X-plus zweierlei Bedeutung bekam, bewölkte sich der Himmel und es fing zu regnen an, zunächst nur in einigen Stadtteilen, doch schließlich schüttete es überall wie aus Eimern. Es war ein warmer, unerwarteter Regen und auf den Terrassen der Cafés und Wirtshäuser brach die übliche Panik aus. Die Gäste stoben auseinander, als wären die Tropfen giftig, Hunderte von Spaziergängern, die am Isarufer unterwegs waren, flüchteten unter die Bäume, Hunde bellten aufgeregt und nur die jungen Paare, die sich zum Sonnen in die Wiese oberhalb der Böschung gelegt hatten, verließen ihren Platz nicht, sondern lachten mit offenem Mund in den Regen. In einem Waldstück in der Nähe des Tierparks schnupperte der Schäferhund Tommi zwischen den Sträuchern. Dann bellte er heiser und als Arnold Grapp, sein Besitzer, näher kam, scharrte der Hund mit wildem Eifer in der Erde. Grapp sah genauer hin. Aus dem in Minutenschnelle aufgeweichten Boden tauchte ein Gesicht auf, das faulige, von Würmern zerfressene Gesicht eines Menschen, von dem Grapp nicht sagen konnte, ob es sich um ein männliches oder um ein weibliches handelte.
    Der sechsundfünfzigjährige Mann packte den Hund am Halsband und lief den befestigten Weg zur Straße hinauf. Aus einer Telefonzelle rief er bei der Polizei an, die zehn Minuten später eintraf. Hauptkommissar Rolf Stern, bekleidet mit einem altmodischen Parka und abgewetzten Jeans, kam direkt aus der Wohnung der Scholzes. Seine Kollegen sperrten den Fundort mit rotweißen Bändern ab. Behutsam wurde die Leiche freigelegt. Es war eine Frau.
    Papiere waren nicht zu finden. Der tote Körper war bereits teilweise skelettiert. Stern gab einen ersten Bericht ins Dezernat durch, damit die Angaben sofort mit der Beschreibung vermisster Personen verglichen werden konnten.
    Eine Stunde später beugte sich ein älterer Mann, dessen Mund und Augen von Verbitterung gezeichnet waren, grimmig über die tote Frau. Sie lag in einem Raum des Gerichtsmedizinischen Instituts, unter dem aufgeschlagenen Laken war nur ihr notdürftig geschminktes Gesicht zu sehen. Der Arzt hatte dem Mann gesagt, die Frau habe eine lange Narbe über dem Bauch, das sei noch zu erkennen gewesen. Der Mann richtete sich auf. »Das ist sie«, sagte er, drehte sich um, stützte sich auf den Gehstock mit dem silbernen Knauf und schloss die Augen.
    Die Frau war die Hoteldirektorin Katharina Wagner. Von ihrem Zahnarzt hatte sich der Pathologe Aufnahmen ihrer Kiefer bringen lassen, an ihrer Identität gab es keinen Zweifel. Sie war erschossen worden. An ihrer linken Schläfe klaffte ein Loch. Nachdem der Arzt das Projektil aus dem Schädel entfernt und es den Ballistikern übergeben hatte, stellten diese fest, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer 9-mm-Luger stammte, einer doppelläufigen Taschenpistole, die man nach zwei Schüssen nachladen musste. So eine Waffe, die sich besonders gut für Schüsse aus nächster Nähe eignete, hatte der tote Norbert Scholze in der Hand gehabt. ’ Waren das Ehepaar Scholze und Katharina Wagner mit derselben Pistole ermordet worden?
    Beim Verlassen des Leichenraums sah August Felt seinen Begleiter Karl Funkel aus leblosen Augen an und fragte: »Und wo ist meine halbe Million, die sie mir gestohlen hat? Kann ich die jetzt in den Wind schreiben?«
    »Wir haben die Leiche Ihrer Tochter gerade erst gefunden«, sagte Funkel.
    »Sie ist nicht meine Tochter!«
    »Ja«, sagte Funkel.
    »Meine richtige Tochter wollte heiraten, muss ich die Hochzeit jetzt etwa absagen?«
    »Das ist die Entscheidung Ihrer Tochter«, sagte Funkel.
    »Katastrophe!«, sagte Felt. Den Stock klackend auf den gefliesten Boden stoßend, humpelte er auf seine Frau zu, die sich geweigert hatte mitzukommen und nun mit angstgroßen Augen auf ihn wartete.
    Von Guben aus informierten die Oberkommissare Gerke und Braga ihre Kollegen in Polen und baten um Mithilfe bei der Fahndung nach dem untergetauchten Mike Sadlow. Zuvor hatten sie mehrere Flughäfen in Berlin und anderen Städten überprüft, da Sadlow offenbar eine Schwäche für Costa Rica hatte, in einem Stapel von Reiseprospekten befanden sich auffallend viele über das mittelamerikanische Land. Doch Sadlow

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