Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
Vom Netzwerk:
Tochter das Land verlassen müssen?«
    Nolte ließ sich Zeit mit der Antwort. Seine Zigarette baumelte mit der Glut nach unten zwischen Daumen und Zeigefinger und er blickte versonnen vor sich hin. Dann fing er an, mit dem rechten Bein zu wippen und die Lippen zu schürzen.
    »Ich finde«, sagte er und verzog den Mund, als habe er Zahnschmerzen, »die Göre ist schwerkriminell, sie ist eine gemeingefährliche Täterin, die hat hier nichts verloren, und ihr Alter ist kein deutscher Staatsbürger, also… Ich finde, wenn solche Leute hier weg sind, ist es besser. Das ist meine Meinung und die lass ich mir nicht verbieten. Ich bin ja auch nicht der Einzige, der so denkt. Nicht mal hier im Haus.«
    »Ja«, sagte Funkel. »Sie unterstützen also die Forderung der Entführer.«
    »Ja klar!« Nolte inhalierte, wippte mit dem Bein und drückte den Rest dann in Funkels Aschenbecher aus, den er ohne zu fragen in die Hand genommen hatte.
    »Haben Sie einen Verdacht, wer die Entführer sein könnten?«
    Thon sah ihn freundlich an. Nolte arbeitete seit etwa drei Jahren in der Vermisstenstelle und war bisher nie mit markigen Sprüchen aufgefallen.
    »Nein«, sagte Nolte. »Wenn ichs wüsste, hätt ichs mitgeteilt, ich bin Polizist, ich mach meine Arbeit.«
    »Gut, dann machen Sie sie jetzt weiter!«, sagte Funkel. Und als Nolte aufstand, fügte er hinzu: »Geben Sie uns bitte die Nummer Ihrer Freundin!«
    Eine Sekunde lang verlor Nolte seine Lässigkeit. Sofort hatte er sich wieder unter Kontrolle.
    »Wozu?«, fragte er, die Hände in den Jackentaschen.
    »Geben Sie uns bitte die Nummer!«, wiederholte Funkel.
    »Sie haben sie angerufen, bevor Sie mit der Befragung der Taxifahrer begonnen haben«, sagte Thon.
    »Glauben Sie, ich lüg? Was glauben Sie denn? Hm? Sie hat heut Geburtstag, ich wollt ihr gratulieren, das ist privat, das geht niemand was an, auch den Andy nicht, diesen Schwätzer!« Unschlüssig stand er da und kratzte sich am Bauch.
    »Es ist besser, Sie geben uns die Nummer«, sagte Thon.
    »Wir rufen die Frau an und die Sache ist erledigt.«
    »Nein«, sagte Nolte, »die Nummer kriegen Sie nicht. Ist sonst noch was?«
    »Wen haben Sie angerufen?«, fragte Funkel. Nolte schwieg. Er kratzte sich wieder am Bauch, verzog wieder den Mund und sah zur Tür, während er sagte: »Okay, ich hab meine Freundin nicht angerufen.« Er räusperte sich und sah Thon an. »Ich hab einen Freund angerufen, okay, ich hab ein Verhältnis mit einem Typen, ist das verboten? Und der arbeitet im Ministerium und wenn das rauskommt, dass wir was miteinander haben, dann ist er seinen Job los und ich hab die spießigen Kollegen am Hals. So schauts aus. Zufrieden? Ich will nicht drüber reden.«
    »Einverstanden«, sagte Thon.
    »In zwei Stunden ist Lagebesprechung«, sagte Funkel. Nolte nickte und ging aus dem Zimmer, die Tür ließ er angelehnt. Thon machte sie zu.
    »Was denkst du, Karl?«
    »Wir müssen ihn überwachen.«
    »Damit rechnet er.«
    Unabhängig voneinander waren beide zu dem gleichen Urteil gelangt: Nolte hatte sie angelogen, er hatte kein Verhältnis mit einem Mann, er hatte mit jemandem Verbindung aufgenommen, den er nicht verraten wollte.
    »Und wenn wir uns irren?«, fragte Thon, nachdem Funkel telefonisch zwei Kollegen für die Beschattung bestellt hatte, die speziell dafür ausgebildet waren.
    »Wir haben keine Zeit zu verlieren«, sagte der Kriminaloberrat.
    Nie zuvor hatte er einen Kollegen aus dem eigenen Dezernat bespitzeln lassen, es war eine schäbige Aktion, ein schwarzer Tag in diesem an dunklen Tagen überreichen Sommer. Kurz darauf erhielt er einen Anruf, der die Finsternis noch verstärkte.
    Auf der Straße spielten zwei Jungen Fußball. Sie droschen den Ball gegen die Hauswand, dribbelten über den Bürgersteig und versuchten sich gegenseitig auszutricksen. Einer der beiden näherte sich rückwärts der Mauer, um wie ein Torwart den Ball zu fangen, als er mit einer Frau zusammenstieß, die er in seinem Eifer nicht bemerkt hatte. Und sie konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Sie schrie auf und der Junge erschrak.
    »Tschuldigung!«, sagte er außer Atem.
    »Geht schon«, keuchte Freya Epp. »Ich bin Polizistin…« Sie zeigte ihm ihren Ausweis, und der andere Junge kam angerannt, weil er den Ausweis auch sehen wollte.
    »Ich such mit meinem Kollegen den Herrn Scholze, der macht nicht auf, habt ihr ihn heut schon gesehen?«
    »Nö«, sagte der eine.
    »Da steht sein Taxi!«, sagte der andere und deutete auf den

Weitere Kostenlose Bücher