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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Männer, sich kleideten und zelebrierten, faszinierte ihn. Er benutzte Aftershave von Armani oder Boss und verzichtete auch in der Arbeit nie auf sein Seidenhalstuch, auf ein schlichtes Leinensakko und ausgewählte Stoffhosen samt Seidensocken. Viele Kollegen machten sich darüber lustig und hielten ihn für einen Yuppie und Karrieristen. So sah er sich nicht im Geringsten und er hatte auch keinen Grund dazu. Er hatte diesen Posten bekommen, weil er ein Team führen konnte, beste Zeugnisse vorzuweisen hatte und sich in Krisensituationen von niemandem einschüchtern ließ. Seine Devise lautete: Wir sind eine Mannschaft. Von Clubs, die aus lauter begabten Einzelgängern bestanden, hielt er nichts, das war für ihn wie beim Fußball, Niederlagen entstanden, wenn einige sich auf Kosten anderer profilierten. Deswegen geriet er regelmäßig mit Sonja Feyerabend und deren Freund Tabor Süden aneinander, weil Sonja zwar das Team respektierte, aber wenn es sein musste, sich immer auf die Seite des Ausscherers Süden stellte. Und der scherte dauernd aus, er war der typische Einzelgänger und war, was Thon besonders fuchste, auch noch stolz darauf. Für Thon war Süden kontaktgestört. Dazu meinte Süden, dies sei die typische Einschätzung moderner Massenkrüppel, die das Alleinsein für eine Krankheit hielten und nicht merkten, wie arm sie selber dran seien.
    »Hallo, auch schon da«, sagte Thon, als sein Kollege vom Treppenhaus in den Flur kam. »Hat die Befragung was ergeben?«
    »Vielleicht«, sagte Süden.
    Solche Antworten führten bei Thon augenblicklich zu einem Kribbeln in den Fingern und er rieb sich die Hände, als habe er sie gerade eingecremt.
    Aus den angrenzenden Zimmern drangen laute Stimmen, Telefone klingelten und das Faxgerät schnarrte unaufhörlich.
    »Es gibt eine Neuigkeit«, sagte Thon, nickte in Richtung seines Büros und setzte sich in Bewegung. Weber folgte ihm. Sonja küsste Süden auf die Wangen und er strich ihr über den Kopf.
    Seit sie sich die Haare extrem kurz hatte schneiden und hellblond färben lassen, obwohl sie von Natur aus braun waren, nannte Süden sie manchmal so, wie sein Freund und Kollege Martin, der nicht mehr lebte, sie genannt hatte: Punkmaus. Nach Martins Tod hatte sie sich überlegt, die Haare anders zu färben. Süden hatte ihr davon abgeraten. Sie gefiel ihm so. Und sie gefiel sich auch.
    Sonja war einundvierzig, einen Kopf kleiner als Süden und hatte dieselben grünen Augen wie er. Sie war seit bald zwanzig Jahren bei der Polizei und fragte sich immer noch, ob Beamtin zu sein tatsächlich ihr Lebensziel war. Im Dezernat galt sie lange als ehrgeizig, was sie nie war. Sie wollte nur etwas tun und nicht herumhängen, die Zeit nutzen, arbeiten, Geld haben, in Urlaub fahren. Sie war Fahnderin beim Rauschgiftdezernat und bei der Mordkommission gewesen und als der Job in der Vermisstenstelle frei wurde, bewarb sie sich, weil sie es interessant fand, sich mit Leuten zu beschäftigen, die vielleicht aus guten Gründen der Gesellschaft den Rücken kehrten und einfach abtauchten. Wie naiv sie gewesen war! Am Anfang konnte sie es nicht fassen, wie eintönig ihre Arbeit war und wie jämmerlich sich die Geschichten derer anhörten, die sie suchte und bald fand. Und diejenigen, die nicht wieder auftauchten, waren vermutlich tot, und dann hatte sie es mit Angehörigen zu tun, die der Polizei Vorwürfe machten und ihr die Schuld an allem gaben. Immerhin konnte sie mit Tabor Süden zusammenarbeiten. Und auch wenn sie mehr und mehr begriff, dass ihre Liebe zu ihm ein eingeschweißtes Glück war, das er nie befreien würde, erfreute sie seine Nähe jedes Mal wie bei ihrer ersten Begegnung. Dafür brachte sie ihr Vorgesetzter Thon oft an den Rand eines Tobsuchtsanfalls, vor allem wenn er wie ein Snob an seinem Halstuch nestelte und sich mit dem Finger pikiert am Hals kratzte. Das waren Momente eines inneren Armageddons und sie hätte gern gewusst, wieso sie so extrem auf solche Gewohnheiten reagierte.
    »Setzt euch!«, sagte er. »Was trinken?«
    Weber schüttelte den Kopf. Sonja, die hinter Süden hereinkam und die Tür zum Vorzimmer schloss, sagte:
    »Ich nehm mir was.«
    Sie goss sich ein Glas Orangensaft ein und setzte sich zu ihren beiden Kollegen an den runden Tisch an der Fensterfront. Süden blieb stehen. Er wusste, Thon konnte das nicht leiden, aber er wollte noch etwas die Sonne spüren, die von Westen her auf die Bayerstraße und den unauffälliger Gebäudeklotz an der Ecke zur

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