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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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die Türe öffnete. Als es zwei Uhr schlug, sah er Rasseneur ankommen, der vor dem Schanktische seine Pfeife zu Ende rauchte und mit den Leuten plauderte. Diese spöttische Ruhe des Gastwirtes versetzte Etienne vollends in eine gereizte Stimmung, um so mehr als Spaßvögel gekommen waren, bloß um ihren Ulk zu treiben, Zacharias, Mouquet und andere. Diese belustigten sich über den Streik; sie fanden es drollig, nicht zu arbeiten. Sie ließen sich an einem Tische nieder, gaben ihre letzten zwei Sous für einen Schoppen hin, trieben ihren Spaß und verhöhnten ihre Kameraden, diese Überzeugten, die sich in allerlei Ungemach stürzten.
    Wieder verfloß eine Viertelstunde. Die Leute im Saale wurden ungeduldig. Etienne gab jetzt alle Hoffnung auf und machte eine entschlossene Gebärde. Eben wollte er in den Saal eintreten, als die Witwe Désir, die den Kopf hinausgesteckt hatte, ausrief:
    »Aber da ist ja der Herr, den Sie erwarten!«
    Es war in der Tat Pluchart. Er kam in einem Wagen, den ein schwindsüchtiger Klepper zog, und sprang sogleich auf das Pflaster; es war ein schmächtiges, geschniegeltes Männchen, das unter dem schwarzen Überrock den Sonntagsstaat eines wohlgestellten Arbeiters trug. Seit fünf Jahren hatte er nicht mehr gearbeitet und pflegte seine Persönlichkeit, kämmte sich mit besonderer Sorgfalt, war sehr eitel wegen seiner rednerischen Erfolge; doch war ihm von seinem Handwerk her eine Steifheit der Glieder geblieben, und die Nägel seiner breiten Hände wuchsen nicht mehr, nachdem das Eisen sie weggefressen. Von sehr tätiger Natur fröhnte er seinem Ehrgeiz, indem er unaufhörlich die Provinz bereiste, um seine Gedanken zu verbreiten.
    »Zürnt mir nicht!« rief er aus, um allen Fragen und Vorwürfen zuvorzukommen. Gestern Morgen Konferenz in Preuilly, abends Sitzung in Valençay. Heute Frühstück in Marchiennes mit Sauvagnat... Indes ist es mir gelungen, einen Wagen zu bekommen. Ich bin ausgepumpt, Ihr könnt es an meiner Stimme hören. Aber das tut nichts, ich werde dennoch sprechen.«
    Er war schon auf der Schwelle des Hauses, als ihm noch etwas einfiel.
    »Sapristi! Schier hätte ich die Karten vergessen. Was sollten wir da anfangen?«
    Er kehrte zum Wagen zurück, den der Kutscher eben unter den Schuppen führen wollte, und holte unter dem Sitze ein Kästchen von schwarzem Holze hervor, das er unter dem Arme hineintrug.
    Etienne ging strahlenden Gesichtes hinter ihm her, während der betroffene Rasseneur nicht wagte, ihm die Hand zu reichen. Doch Pluchart schüttelte die seine und sagte ihm rasch ein Wort über seinen Brief. Welch' ein seltsamer Gedanke! Warum sollte man die Versammlung nicht abhalten? Man soll immer eine Versammlung abhalten, wenn man es kann. Die Witwe Désir bot ihm eine Erfrischung an; allein er lehnte ab; er spreche, ohne zu trinken, sagte er. Aber er hatte es eilig, weil er am Abend bis nach Joiselle kommen wollte, um sich dort mit Legoujeux zu verständigen. Jetzt drängten alle in einem Haufen nach dem Saale. Maheu und Levaque, die spät gekommen waren, folgten den übrigen. Die Tür wurde mit dem Schlüssel versperrt, damit man unter sich sei; darüber lachten die Spaßvögel ganz laut; Zacharias rief Mouquet zu, daß sie vielleicht alle miteinander da drinnen ein Kind machen wollten.
    Etwa hundert Bergleute saßen harrend auf den Bänken in der dumpfen Luft des Saales, wo die warmen Gerüche des letzten Balles von den Dielen aufstiegen. Ein Flüstern lief durch die Menge; die Köpfe wandten sich um, während die Neuangekommenen sich auf die leeren Plätze setzten. Man betrachtete den Herrn aus Lille; sein schwarzer Rock verursachte Überraschung und Unbehagen.
    Auf Vorschlag Etiennes wurde sogleich der Vorstand gebildet; er rief die Namen aus, die anderen gaben ihre Zustimmung durch Erheben der Hände. Pluchart wurde zum Präsidenten, Maheu und Etienne wurden zu Beisitzern gewählt. Es fand ein geräuschvolles Sesselrücken statt, der Vorstand nahm seine Plätze ein. Man suchte einen Augenblick den Präsidenten, der hinter dem Tische verschwunden war, unter den er sein Kästchen geschoben hatte, das er nicht aus der Hand lassen wollte. Als er wieder erschien, schlug er leicht mit der Faust auf den Tisch, um Stille zu verlangen. Dann begann er mit heiserer Stimme:
    »Mitbürger!...«
    Eine kleine Tür ging auf, er mußte sich unterbrechen. Es war die Witwe Désir, die auf einem Umweg durch die Küche sechs Schoppen Bier auf einer Platte brachte.
    »Lassen Sie

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