Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
schließen. Doch war es ihm eine Erleichterung, als er den Aufzugskasten in seinen Ankern sich festsetzen fühlte. Ein Handlanger öffnete die Türe, die Arbeiter sprangen aus den Karren.
    »Sag', Mouquet. gehen wir heut' Abend zum »Vulkan«?« flüsterte Zacharias dem Handlanger ins Ohr.
    Der »Vulkan« war ein Tingeltangel in Montson. Mouquet blinzelte mit dem linken Auge, wobei ein stilles Lachen ihm die Kinnladen trennte. Klein und dick wie sein Vater, hatte er die freche Nase eines Kerls, der alles verpraßt, unbekümmert um den morgigen Tag. Eben stieg die Mouquette aus, und er versetzte ihr einen kräftigen Schlag auf den Hintern als Zeichen seiner brüderlichen Zärtlichkeit.
    Etienne erkannte das hohe Schiff des Aufnahmesaales wieder, der ihm am Morgen im Dämmerlicht der Laternen so beängstigend geschienen. Der Raum war kahl und schmutzig. Ein fahles Licht fiel durch die staubigen Fenster herein. Nur die Maschine mit ihren Kupferbestandteilen funkelte; die mit Fett beschmierten stählernen Kabel flogen wie in Tinte getauchte Bänder; die Räder in der Höhe, das ungeheure Gebälk, das sie trug, die Schalen, die Hunde, all das reichlich verwendete Metall verdunkelte den Saal mit dem harten Grau alten Eisens. Das Rollen der Räder erhielt die Eisenplatten des Fußbodens in fortwährender Erschütterung, während von der heraufbeförderten Kohle ein feiner Staub aufflog, der sich wie schwarzes Mehl auf den Fußboden, auf die Mauern, selbst auf die Balken des Aufzugsturmes legte.
    Chaval hatte inzwischen einen Blick auf die Berechnungstafel geworfen, die in dem kleinen Glasverschlage des Aufnahmebeamten hing. Das machte ihn vollends wütend, denn er hatte festgestellt, daß man ihnen zwei Karren zurückgewiesen hatte, die eine deshalb, weil sie nicht die vorgeschriebene Menge enthielt, die andere, weil die Kohle nicht rein war.
    »Der Tag ist gut«, rief er. »Wieder zwanzig Sous weniger! ... Warum nimmt man auch Taugenichtse, die sich ihrer Arme so bedienen wie ein Schwein seines Schwanzes.«
    Der scheele Blick, den er auf Etienne warf, vervollständigte seinen Gedanken. Etienne fühlte sich versucht, mit Faustschlägen zu antworten. Doch er sagte sich, es sei unnütz, da er nicht bleiben wollte. Dieser Zwischenfall bestärkte ihn vollends in seinem Entschlusse.
    »Man trifft es nicht gleich am ersten Tage«, sagte Maheu, um Frieden zu stiften. »Morgen wird er's besser machen.«
    Indes waren alle verdrossen, von einem Bedürfnis zu streiten erfüllt. Als sie in die Laternenkammer gingen, um dort ihre Lampen abzugeben, begann Levaque einen Streit mit dem Aufseher, den er beschuldigte, die seine schlecht gereinigt zu haben. Erst in der Baracke, wo das Feuer noch immer brannte, beruhigten sie sich ein wenig. Man hatte den Ofen zu stark mit Kohlen gefüllt, denn er war ganz rot, und der fensterlose Raum schien ganz in Flammen zu stehen, weil der Widerschein der Flammen die Wände blutrot färbte. Die Leute grunzten vor Vergnügen; sie brieten ihren Rücken in entsprechender Entfernung und dampften wie heiße Suppe. Hatten sie sich rückwärts genügend gebraten, wandten sie dem Feuer den Bauch zu. Die Mouquette hatte ganz ruhig die Hose heruntergelassen, um ihr Hemd zu trocknen. Die Burschen trieben ihren Ulk mit ihr und lachten laut, weil sie ihnen plötzlich den Hintern zeigte, was bei ihr der höchste Ausdruck der Verachtung war.
    »Ich gehe«, sagte Chaval, nachdem er seine Geräte in seinem Kasten verwahrt hatte.
    Niemand rührte sich. Bloß die Mouquette beeilte sich, ihm zu folgen, unter dem Vorwande, daß beide nach Montsou gingen. Doch da fielen neue Späße, denn man wußte, daß er sie nicht mehr mochte.
    Katharina hatte inzwischen leise mit ihrem Vater gesprochen. Dieser hörte ihr erstaunt zu, dann nickte er zustimmend mit dem Kopfe. Er rief Etienne herbei, um ihm sein Paket zurückzugeben.
    »Hören Sie,« sagte er ihm leise, »wenn Sie kein Geld haben, können Sie bis zum Halbmonatlohn längst verhungert sein... Soll ich Ihnen irgendwo Kredit verschaffen?«
    Der junge Mann stand einen Augenblick verlegen da. Er wollte gerade seine dreißig Sous fordern und seiner Wege gehen. Doch angesichts des Mädchens ward er von Scham ergriffen. Sie sah ihn scharf an; vielleicht glaubte sie gar, daß er die Arbeit scheue.
    »Ich will Ihnen nichts versprechen,« sagte Maheu weiter; »schlimmstenfalls werden wir eine abschlägige Antwort bekommen.«
    Etienne sagte nicht nein. Er werde gewiß eine abschlägige

Weitere Kostenlose Bücher