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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Kanals dahineilte.
    Zacharias drängte Philomene -- trotz ihres Widerstrebens -- nach demselben abgelegenen Wege. Sie habe Eile, sagte sie: ein andermal. Dann zankten sie wie zwei Leute, die seit langer Zeit zusammenlebten. Es sei gar nicht ergötzlich, klagte sie, sich nur außer dem Hause zu treffen, besonders im Winter nicht, wenn die Erde naß sei und man sich nicht in die Getreidefelder legen könne.
    »Nein, nicht davon ist die Rede«, brummte er ungeduldig. »Ich habe dir etwas zu sagen.«
    Er hielt sie umschlungen und führte sie mit sanfter Gewalt hinweg. Als sie sich im Schatten des Hügels befanden, wollte er wissen, ob sie Geld habe.
    »Wozu denn?« fragte sie.
    Er geriet in Verwirrung und redete etwas von einer Schuld von zwei Franken, die seiner Familie schwere Sorgen verursache.
    »Schweig! ... Ich habe Mouquet gesehen; du gehst wieder nach dem »Vulkan«, wo die schmutzigen Bänkelsängerinnen sind.«
    Er verteidigte sich, schlug sich an die Brust und gab sein Ehrenwort. Als sie zu alldem nur mit den Achseln zuckte, sagte er plötzlich:
    »Komm mit uns, wenn es dir Vergnügen macht ... Du siehst wohl, daß du mir nicht im Wege bist. Was will ich denn auch mit diesen Bänkelsängerinnen? ... Kommst du?«
    »Und der Kleine?« erwiderte sie. »Mit einem Kinde, das ewig heult, kann man sich nicht rühren ... Laß mich nach Hause gehen; ich wette, daß man dort vor Geschrei sein eigen Wort nicht mehr hört.«
    Allein er hielt sie zurück und bat, Sie möge Vernunft annehmen; es sei nur, um nicht vor Mouquet als Tölpel zu erscheinen, dem er mitzutun versprochen habe. Ein Mann könne nicht jeden Abend mit den Hühnern schlafen gehen. Endlich überwunden schlug sie einen Schoß ihres Leibchens zurück, trennte mit dem Nagel die Naht auf und zog aus einer Ecke des Saumes mehrere Zehnsousstücke hervor. Aus Furcht, von ihrer Mutter bestohlen zu werden, verbarg sie den Lohn der Überstunden, die sie in der Grube machte.
    »Ich habe fünf, wie du siehst und will dir drei davon geben, sagte sie ... Doch mußt du mir schwören, daß du deine Mutter bestimmst, daß wir uns heiraten. Ich habe dieses Leben im Freien satt. Überdies wirft mir meine Mutter jeden Bissen vor, den ich esse ... Schwöre, schwöre zuerst!«
    Sie sprach zu ihm mit der weichen Stimme eines großen, kränklichen, leidenschaftslosen Mädchens, das seines Daseins überdrüssig geworden. Er schwor und beteuerte, die Sache sei gelobt und daher heilig; als er seine drei Geldstücke hatte, küßte er Philomene, kitzelte sie, brachte sie zum Lachen und wäre bis ans Ende gegangen -- in diesem Winkel des Hügels, der ihr Winterzimmer war -- wenn sie ihm nicht wiederholt hätte, daß sie nicht wolle, weil es ihr kein Vergnügen mache. Sie kehrte allein nach dem Arbeiterdorfe zurück, während er querfeldein ging, um seinen Kameraden einzuholen.
    Etienne war ihnen mechanisch von ferne gefolgt, ohne zu begreifen, in dem Glauben, es handle sich um ein bloßes Stelldichein. Die Mädchen in den Bergwerken waren frühzeitig reif; er erinnerte sich der Arbeiterinnen von Lille, denen er hinter den Fabriken auflauerte, dieser Schwärmer von Mädchen, die in der Verlassenheit ihres Elends schon mit vierzehn Jahren verderbt waren. Aber eine andere Begegnung überraschte ihn noch mehr, und er hielt auf seinem Wege inne.
    Am Fuße des Hügels, in einem schluchtartigen Spalt voller Steine, die aus der Höhe herniedergekollert waren, saß der kleine Johannes und zankte sehr heftig mit Lydia und Bebert, die rechts und links von ihm saßen.
    »Was sagt ihr? ... Ich werde jedem von euch noch eine Maulschelle verabreichen, wenn ihr nicht zufrieden seid ... Von wem ist der Einfall?«
    In der Tat hatte Johannes einen Einfall gehabt. Nachdem er sich, mit den beiden anderen eine Stunde lang in den Feldern längs des Kanals herumgetrieben und Löwenzahn gesammelt hatte, kam er angesichts des Salathaufens auf den Gedanken, daß man zu Hause unmöglich soviel Salat werde essen können; aber anstatt nach dem Arbeiterdorfe zurückzukehren, war er noch Montsou gegangen, hatte Bebert als Aufpasser bei sich behalten und Lydia genötigt, bei den Bürgersleuten anzuläuten und Löwenzahnsalat zum Kauf anzubieten. Er war erfahren in solchen Dingen und sagte, die Mädchen könnten alles verkaufen, was sie wollten. Im Eifer dieses Handels wurde der ganze Bund Salat verkauft, die Kleine brachte elf Sous zusammen, und jetzt wollten sie den Erlös teilen.
    »Das ist ungerecht«, erklärte

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