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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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beisammen fühlten. Die Mäuler standen in unaufhörlichem Gelächter bis an die Ohren offen. Es war heiß wie in einem Backofen; man ward schier gesotten und machte es sich bequem; die entblößten Glieder erhielten in dem Tabaksqualm einen Goldschimmer; die einzige Unbehaglichkeit war, daß man sich zuweilen stören mußte; von Zeit zu Zeit erhob sich ein Mädchen, ging in den Hof, hockte neben dem Brunnen nieder, hob die Röcke auf und kam dann wieder zurück. Die Tänzer unter den Gewinden von Buntpapier sahen einander nicht mehr, so sehr schwitzten sie; das ermutigte die Kohlenburschen, die Schlepperinnen umzuwerfen, wenn man im Gewühl des Tanzes zufällig zusammenstieß. Wenn eine solche Dirne hinfiel und ein Mann auf sie, dann deckte die Pickelflöte den Fall mit ihrem überlauten Quieken, und sie wurden von den stampfenden Füßen fortgewälzt, als wenn der ganze Ballsaal über sie eingestürzt sei.
    Jemand sagte im Vorübergehen Pierron, daß seine Tochter Lydia vor der Tür quer auf dem Straßenpflaster liegend schlafe. Sie hatte ihren Teil aus der gestohlenen Schnapsflasche getrunken und war jetzt berauscht; er mußte sie an seinem Halse heimtragen, während Johannes und Bebert, die noch fester auf den Beinen waren und die Sache sehr drollig fanden, ihm von ferne folgten. Es war das Zeichen zum Aufbruch; ganze Familien verließen die Schenke »zur Gemütlichkeit«; auch die Familien Maheu und Levaque entschlossen sich, nach dem Dorfe heimzukehren. In diesem Augenblicke verließen auch Vater Bonnemort und der alte Mouque Montsou bedächtigen Schrittes, in ihre Erinnerungen still versunken. So kehrten denn alle zusammen heim; man durchschritt noch einmal das Marktgewühl mit seinen Bratöfen, in denen die Kartoffeln erstarrten, seinen Schenken, wo der Inhalt der letzten Schoppen bis auf die Straße hinausrann. Noch immer drohte das Gewitter; die Lustigkeit stieg höher und höher, als man die letzten beleuchteten Häuser des Dorfes hinter sich hatte und sich in der finsteren Landstraße verlor. Ein heißer Hauch strich über das reife Getreide hin; in jener Nacht sind viele Kinder gemacht worden. In regellosen Scharen langte man im Arbeiterdorfe an. Weder die Levaque noch die Maheu hatten eine rechte Eßlust zum Nachtmahl; sie schliefen schon, während sie den vom Mittagessen gebliebenen Rest vom Rindfleisch aßen.
    Etienne hatte Chaval weggeführt, um bei Rasseneur noch eins zu trinken.
    »Ich bin dabei«, sagte Chaval. als der junge Mann ihm die Angelegenheit der Unterstützungskasse erklärt hatte. »Schlag ein, du bist ein wackerer Junge.«
    Etiennes Augen flammten jetzt in einem beginnenden Rausche auf.
    »Ja, wir wollen einig sein«, rief er. »Gerechtigkeit über alles; dafür gebe ich den Wein und die Weiber hin. Eine Sache ist's, die mir das Herz warm macht: der Gedanke, daß wir die Spießbürger alsbald hinwegfegen werden.«
     

Drittes Kapitel
    Um die Mitte August zog Etienne zu den Maheu, nachdem Zacharias, der inzwischen geheiratet, für Philomene und seine zwei Kinder ein leergewordenes Haus von der Gesellschaft bekommen hatte. In der ersten Zeit fühlte sich der junge Mann einigermaßen verlegen Katharina gegenüber. Es war ein fortwährendes Beisammenleben; der junge Mann ersetzte in allen Stücken den älteren Bruder, teilte das Bett Johannes', dem Bette der erwachsenen Schwester gegenüber. Er mußte sich vor ihr entkleiden und ankleiden, gleichwie er auch sie ihre Kleider an- und ablegen sah. Wenn der letzte Rock fiel, erschien sie in ihrer fahlen Weiße, in dem durchsichtigen Schneeweiß der blutleeren Blonden; und er fühlte eine fortwährende Erregtheit, wenn er sie so weiß fand, Hände und Gesicht schon verdorben, wie in Milch getaucht von den Fersen bis zum Halse, um den der Hauch der Luft einen braunen Streif gelegt hatte. Obgleich er zum Schein sich abwandte, kannte er sie doch alsbald vollständig; zuerst die Füße, welche seine zu Boden gesenkten Augen sahen; dann ein Knie, das er erblickte, wenn sie unter die Bettdecke schlüpfte; hernach den Busen mit den kleinen, harten Brüstchen, wenn sie sich des Morgens über das Waschbecken bückte. Sie schaute ihn nicht an, beeilte sich indessen, war in zehn Sekunden entkleidet und hatte sich neben Alzire ausgestreckt. Dies geschah mit der Geschmeidigkeit einer Blindschleiche, so daß er kaum seine Schuhe ausgezogen hatte, wenn sie im Bette verschwand, ihm den Rücken kehrte und nichts als ihren dicken Haarknoten zeigte.
    Sie hatte

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