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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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und die Geschicklichkeit einer menschlichen Mißgestalt zu haben, die auf der Stufe der ursprünglichen Tierheit verblieben war. Am Nachmittag brachte Mouque das Pferd Bataille, weil dieses an der Reihe war; als das Tier, auf einem Nebengleise stehend, unruhig schnob, sagte Johannes, der sich wieder herangeschlichen hatte:
    »Was hat denn die alte Schindmähre, daß sie so plötzlich stehen bleibt?... Der Rückprall der Karren wird mir noch einmal die Beine brechen.«
    Bebert konnte nicht antworten; er mußte Bataille zurückhalten, der freudig anzog, weil er die Annäherung des andern Zuges hörte. Das Pferd hatte seinen Kameraden Trompette gewittert, zu dem er vom ersten Tage an eine tiefe Zuneigung gefaßt hatte. Es war wie das liebevolle Mitleid eines alten Philosophen, der einen jungen Freund trösten will, indem er ihm von seiner Ergebung und Geduld mitteilt; denn Trompette wollte sich nicht gewöhnen, zog die Karren mit Unlust, ließ stets den Kopf hängen, war geblendet in dieser ewigen Nacht und sehnte sich nach der Sonne zurück. Darum streckte Bataille, so oft er dem Trompette begegnete, schnaubend den Kopf vor und beleckte in aufmunternder Liebkosung den Kameraden.
    »Die verdammten Schwerenöter schmatzen schon wieder aneinander herum!« wetterte Bebert.
    Als Trompette vorüber war, sprach er von Bataille:
    »Es ist ein schlaues, altes Luder! ... Wenn er so plötzlich stehen bleibt, wittert er gewiß etwas, was ihm nicht recht ist, einen Stein oder ein Loch. Der hat acht auf seine Knochen und will sich nichts zerschlagen ... Ich weiß nicht, was er heute wieder hat da unten neben der Tür. Er stößt sie auf und will nicht weiter ... Hast du etwas gespürt?«
    »Nein«, sagte Johannes. »Wasser ist da; es reicht mir bis zu den Knien.«
    Der Zug setzte sich in Bewegung. Und als Bataille bei der nächsten Fahrt mit dem Kopfe die Lüftungstür aufgestoßen hatte, weigerte er sich abermals zu gehen und blieb wiehernd und zitternd auf einem Fleck. Endlich nahm er einen Anlauf und rannte in einem Zuge davon.
    Johannes, der die Tür schloß, war zurückgeblieben. Er bückte sich, um die Pfütze zu betrachten, in der er watete. Als er die Lampe hob, sah er, daß unter der Einwirkung des durchsickernden Wassers einer Quelle die Verholzung nachgegeben hatte. Eben kam ein Häuer hinzu, ein Mann Namens Chicot, der heute früher nach Hause wollte, weil sein Weib in den Wochen lag. Auch er blieb stehen und betrachtete die Verholzung. In dem Augenblicke, als der Kleine sich anschickte, dem Zuge nachzulaufen, ließ ein furchtbares Krachen sich vernehmen: der Einsturz hatte den Mann und den Knaben verschlungen.
    Tiefe Stille trat ein. Nach dem Einsturze stieg dichter Staub auf allen Wegen auf. Geblendet und schier erstickend eilten die Grubenarbeiter von allen Seiten, selbst von den fernsten Schlägen herbei mit ihren tanzenden Lampen, die nur undeutlich die aus allen den vielen Löchern heraneilenden schwarzen Männer beleuchteten. Als die ersten auf den Einsturz stießen, schrien sie auf und riefen die Kameraden herbei. Eine zweite Schar aus dem hinteren Schlage stand jenseits des eingestürzten Erdreiches, welches die Galerie verrammelte. Man stellte sogleich fest, daß die Decke in einer Ausdehnung von höchstens zehn Metern niedergestürzt war. Der Schaden war nicht von großer Bedeutung. Allein alle Herzen krampften sich zusammen, als unter dem Schutthaufen hervor ein Todesröcheln sich vernehmbar machte.
    Bebert, der seinen Zug im Stich gelassen, eilte mit dem Rufe herbei:
    »Johannes liegt darunter! Johannes liegt darunter!«
    In diesem Augenblicke kam Maheu aus dem Kamin zum Vorschein, gefolgt von Zacharias und Etienne. Er ward von Wut und Verzweiflung erfaßt und hörte nicht auf zu fluchen:
    »Himmelherrgott! Himmelherrgott!«
    Katharina, Lydia und die Mouquette, die ebenfalls herbeigelaufen waren, begannen entsetzt zu schluchzen und zu heulen inmitten des furchtbaren Wirrsals, das durch die Finsternis noch gesteigert wurde. Man hieß sie schweigen, doch sie heulten bei jedem Röcheln nur noch ärger.
    Der Aufseher Richomne war herbeigelaufen, trostlos darüber, daß weder der Ingenieur Negrel noch Dansaert in der Grube war. Das Ohr an das Gestein pressend, lauschte er; schließlich erklärte er, das Gestöhne komme nicht von einem Kinde, ein Mann müsse da unten liegen. Zwanzigmal schon hatte Maheu Johannes Namen gerufen, doch kein Hauch antwortete. Der Knabe mußte zermalmt sein.
    Das Röcheln aber dauerte

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