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Gern hab ich Sie bedient: Aufzeichnungen des Oberkellners im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg (German Edition)

Gern hab ich Sie bedient: Aufzeichnungen des Oberkellners im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg (German Edition)

Titel: Gern hab ich Sie bedient: Aufzeichnungen des Oberkellners im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Nährig
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wegen dieser mit mulmigen Erinnerungen verbundenen Anfänge entwickelte sich unsere Bekanntschaft im Laufe der Jahre zu einem sehr vertrauensvollen Verhältnis. Es war mir immer ein freudiges Vergnügen, Herrn Warburg als Gast empfangen zu dürfen. Später begrüßte er mich mit Handschlag, was in der Hansestadt Hamburg einer Auszeichnung gleichkommt, die ich entsprechend zu schätzen wusste. Und auch wenn mal das eine oder andere Muscheltierchen nicht mehr »lebhaft« genug war, so hat er diese »Austernhürde« humorvoll und wohlwollend genommen, und es hat unsere gegenseitige Wertschätzung letztendlich mehr gestärkt als geschmälert.
    Ein besonderes Erlebnis für mich war es, als ich anlässlich der Hochzeit mit seiner Frau Nagila, einer überaus charmanten schwarzhaarigen Schönheit, im großen Festsaal das Hochzeitsmahl ausrichten durfte. Als dann ihr gemeinsamer Sohn Eric mit seinen Eltern ganz entre nous am sogenannten »Fürstentisch« im Grill seinen vierten Geburtstag feierte und angesichts der kleinen Geburtstagstorte, die ich speziell für ihn hatte backen lassen, große, glänzende Augen bekam und sich auch noch besonders artig bedankte, war das ein weiterer Höhepunkt unter meinen Begegnungen mit den Warburgs.
    Zum Ende meines Dienstverhältnisses im Hotel Vier Jahreszeiten verlieh mir Max Warburg mit einem sehr persönlichen Brief noch einen »Orden«. Ich möchte diesen Brief in Auszügen zitieren, weil er mich tief berührt und ich zugleich auch sehr stolz darauf bin.
    »Auf diesem Wege möchte ich Ihnen, lieber Herr Nährig, persönlich sehr herzlich für die wunderbare Betreuung, die ich von Ihnen erfahren habe, danken. Für mich sind Sie das eigentliche Gesicht des Hotels. Ihr Humor und Ihre Beobachtungsgabe sind schon einmalig. Das Hotel verliert mit Ihnen eine beachtliche Persönlichkeit. Klonen kann man Sie nicht!
    Herzlichst Ihr Max Warburg.«
    Ganz meinerseits! Für alles dankend, Ihr Rudolf Nährig.

Abschied
    Scheint die Sonne noch so schön, einmal muss sie untergehn.
    Ferdinand Raimund
Meine letzten Tage im Grill
    Am Wochenende vor meinem letzten Arbeitstag, einem Montag, veranstaltete ich Samstag und Sonntag noch meine letzten Liederabende. Sie liefen nach dem gleichen Ritus ab wie die vorangegangenen, lediglich mit dem Unterschied, dass Hoteldirektor Peters nun eine Rede auf den Abend und ganz speziell auf mich hielt. Wunderschön, aber für mein Gefühl viel zu lang. Ich war stets der Ansicht: Man kann über alles reden, nur nicht über zehn Minuten! Noch besser formuliert es die Bibel: »Ergreife das Wort, alter Mann, denn dir steht es an. Doch schränke die Belehrung ein und halte den Gesang nicht auf!« (Jesus Sirach, 32,3). Meist sind dergleichen salbungsvolle Worte, kaum ausgesprochen, im nächsten Augenblick ohnehin schon wieder vergessen. Doch Ingo Peters ist mit Sicherheit einer der wenigen Sonderfälle, einer, dessen Worte im Gedächtnis haften. Was Lippen sprechen und Augen ausdrücken, ist bei ihm im Gleichklang; Kopf und Bauch reden mit einer Stimme, und was er sagt, ist nicht nur so dahingeredet, sondern auch ehrlich gemeint.
    Dennoch war mir diese Art von Ehrung durch große Reden immer etwas peinlich und dadurch zuwider. Außerdem haben Abschiedsreden immer den Hautgout von Grabreden, und da fühlte ich mich noch nicht angekommen. Ich war noch nicht vorbei, kein Ding von gestern. War noch nicht »zeitlich«, also reif für solche »Nachrufe«.
    Die echten und ehrlichsten Ehrungen kommen sowieso von den Gästen. Ein mit dem Zug aus Berlin angereistes Ehepaar erzählte mir zwischen Suppe und Dessert, sie seien im Abteil mit anderen Reisenden ins Gespräch gekommen und die hätten ihnen ans Herz gelegt: »Wenn Sie im Hotel Vier Jahreszeiten sind, dann müssen Sie in den Grill gehen, dort ist ein sehr angenehmer Oberkellner aus Wien und der singt manchmal auch.« Das sind Worte, die mich berühren und mir im Gedächtnis und im Herzen bleiben.
    Am Ende brachten alle Chorsänger und weiteren Mitwirkenden je eine Rose auf die Bühne. Ich stand da wie ein Rosenkavalier, den seine Dame hat sitzen lassen. Eine riesige dreistöckige Torte, auf der mit Schokolade »Servus« geschrieben stand (dabei war mir Kitsch immer verhasst!), wurde ebenfalls auf die Bühne geschleppt. Die hätte ich wohl an die Gäste verteilen sollen. Das auch noch. Eine Torte in zweihundert Stücke zu schneiden war mir dann doch zu viel Arbeit. Sollte ja noch Zugaben singen. Von einigen Gästen gab es

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