Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006
es mir vertretbar, die Fotos wegzulassen, bei »Kurzes Wiedersehen auf dem Flughafen«, »Die Wetterwendische«, »Römische Elegie« und »Anno 24«. Der gezeichnet seitenfüllende »Kragenbär« hingegen outet sich, aufs schiere Wort reduziert, als schlichter Zweizeiler. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einen Hinweis auf eine besondere Spielart des Bildgedichts einfügen, die mich in den 70er Jahren beschäftigte und die in dieser reinen Text-Sammlung ebenfalls fehlt. Ich meine jene Gedichte, die ich zu den zwar stillen, aber ungemein sprechenden Bildern meiner Frau, der 1989 verstorbenen Malerin Almut Gernhardt, geschrieben habe. Im Kinderbuchprogramm des Insel Verlages veröffentlichten wir mehrere Bücher mit Bildern und Gedichten: Ich höre was, was du nicht siehst (1975), Mit dir sind wir vier (1976), Was für ein Tag (1978), Ein gutes Schwein bleibt nicht allein (1980). Unser letztes gemeinsames Bild-Gedichtbuch erschien 1983 im Haffmans Verlag und nannte sich Katzenpost . Bei all diesen Büchern habe ich jene Erfahrung machen müssen, von der alle verantwortungsbewußten Kinderbuchautoren berichten: Daß es keineswegs einfacher ist, für Kinder zu dichten. Im Gegenteil: Gegenüber Erwachsenen habe ich mir hin und wieder Albernheiten herausgenommen, die ich Kindern nie zugemutet hätte.
Das »Gebet« erschien erstmals im März 1972 ohne Verfasserangabe in der ›Welt im Spiegel‹. Das war der Beginn einer für einen Sechszeiler nicht ganz alltäglichen Karriere: Ein Jahr drauf war er auf der ersten Platte eines damals noch unbekannten Entertainers zu hören, als vorgeblichen Verfasser des 18 Sekunden langen Werks las ich erstmals den Namen »Otto«. Rückfragen ergaben, daß meine Zeilen in Hamburg offenbar als herrenloses Witzgut galten, und im Verlauf klärender Gespräche kamen wir uns derart näher, daß Otto Waalkes es seither stets vermerkt, wenn er Texte von mir oder vom Autorentrio Eilert, Gernhardt, Knorr auf Platte bannt. Das »Gebet« aber ging seinen Weg. Als tiefgesunkenes Kulturgut, jedoch nur leicht zersungen, fand ich es Anfang der Achtziger in Uli Kutters Untersuchung Ich kündige!!!, Jonas Verlag 1981, in welcher der Volkskundler das weite Feld der Bürofolklore erkundet, jene in Ablichtungen kursierenden gezeichneten oder gereimten Frotzeleien und Schweinigelein, die offenbar den Druck von Job, Chef und Kollegen lindern sollen bzw. in der Tat mildern.
Zehn Jahre drauf, am 2. 9. 1991, brachte die ›Frankfurter Neue Presse‹ ein Portrait des neuen Stadtschreibers von Bergen und druckte eine Kostprobe seines Schaffens ab, das »Gebet«.
Das veranlaßte einige Christen, mir zu schreiben, teils weil sie sich durch mich verletzt fühlten, meist, weil sie um mich besorgt waren, stets aber unter Hinweis auf einschlägige Bibelstellen, die allesamt belegen, daß sich Gott nicht auf Spott reimt:
»Weh denen, die bei sich selbst weise sind, und halten sich selber für klug.« Jesaja 5 Vers 21.
»Irret euch nicht! Gott läßt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.« Galater 6 Vers 7.
»Demütige deinen Stolz ganz tief, denn was den Menschen erwartet, ist die Verwesung.« Sirach 7 Vers 17.
Und immer wieder: »Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht mißbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.« 2. Buch Moses 20 Vers 7.
Anfang des Jahres 1992 bedankte ich mich bei den Briefschreiberinnen und -schreibern und stellte die Frage: »Lästert das Gedicht wirklich Gott, reagiert es nicht vielmehr auf eine bestimmte Gottesvorstellung?« Sodann lud ich zu einem öffentlichen Gespräch ein: »Als Thema dieses Gesprächs schlage ich vor ›Wo hört der Spaß auf?‹, und als Ort bietet sich das Stadtschreiberhaus an.«
Dieser Vorschlag wurde Ende Mai in die Tat umgesetzt: Unter der Leitung von Uwe Wittstock und assistiert von der Alt-Stadtschreiberin Eva Demski redeten unter freiem Himmel bei Ebbelwei und Bretzeln Christen, Bürger sowie der Stein des Anstoßes niveauvoll und aufs toleranteste aneinander vorbei.
Bei den »Steiner«-Gedichten haben Bernd Eilert und Peter Knorr mitgewirkt.
Die ersten drei Vierzeiler stammen von F. W. Bernstein. Ich griff seine sehr einleuchtende Anregung auf und erhöhte auf fünf. Zu »Herr und Knecht« siehe auch die Anmerkung zu Seite 18.
Der kleine »O du, der du«-Zyklus entstand in Zusammenarbeit mit F. W. Bernstein.
Gedichte aus der ›Welt im Spiegel‹
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