Gesammelte Werke 1
Gebärenden).
Die Gesetzmäßigkeiten der Epidemie sind phänomenologisch sehr gut erforscht und dokumentiert, fanden aber dennoch keine auch nur halbwegs überzeugende Erklärung.
Es gab beispielsweise zwei geografische Zentren für die Ausbreitung der Epidemie: Eins lag in Äquatorialafrika, das andere in Nordostsibirien. Es liegt nahe, hier eine Analogie zu den wahrscheinlichen Entstehungs- und Ausbreitungszentren der Menschheit zu entdecken, doch erklärt diese freilich nichts.
Ein zweites Beispiel. Die Verweigerungen erfolgten immer individuell, aber die erste Weigerung in einem Kreißsaal zog immer weitere nach sich. So entstand der Terminus einer »Kette von Verweigerungen aus n Gliedern«, wobei n ziemlich groß sein kann. Eine »Kette« im Kreißsaal der Frauenklinik von Gowekai begann am 11. 09.’83, dauerte bis 21. 09.’83 und umfasste alle werdenden Mütter, die nacheinander in den Kreißsaal kamen, so dass die Kette aus insgesamt 19 Gliedern bestand.
In einigen Krankenhäusern kam es immer wieder zu Verweigerungsepidemien, so im Berner Säuglingspalast, wo sie zwölfmal hintereinander auftrat.
Dennoch: In den allermeisten Kreißsälen auf der Erde hatte man von den Verweigerungsepidemien nicht einmal etwas gehört, ebenso wenig in den meisten außerirdischen Siedlungen. An den Orten jedoch, wo Epidemien auftraten (Große Syrte, Saula-Basis, Kurort), entwickelten sie sich nach den für die Erde typischen Gesetzmäßigkeiten.
3. Den Ursachen für die Entstehung der Fukamiphobie ist eine umfangreiche Literatur gewidmet. Ich habe mir die fundiertesten Arbeiten, die mir Prof. Deruyod vom Psychologischen Zentrum in Lhasa empfohlen hat, genauer angesehen. Um eine sachkundige Zusammenfassung dieser Arbeiten zu liefern, fehlt mir die nötige Ausbildung. Aber ich habe den Eindruck gewonnen, dass es bislang keine anerkannte Theorie der Fukamiphobie gibt. Stattdessen beschränke ich mich an
dieser Stelle darauf, ein Fragment meiner Unterredung mit Prof. Deruyod wörtlich zu zitieren:
FRAGE: Halten Sie es für möglich, dass bei einem gesunden, glücklichen Menschen eine Phobie auftritt?
ANTWORT: Eigentlich ist das unmöglich. Eine Phobie entsteht beim gesunden Menschen immer infolge übermäßiger physischer und psychischer Belastung. Und dann wird man ihn nicht mehr glücklich nennen oder sagen können, bei ihm sei alles in Ordnung. Allerdings ist sich der Mensch in unserer heutigen, turbulenten Zeit nicht immer darüber im Klaren, dass er überanstrengt ist … Subjektiv kann er sich durchaus für erfolgreich oder gar zufrieden halten; eine bei ihm auftretende Phobie kann daher aus der Sicht eines Laien unerklärlich sein.
FRAGE: Und was die Fukamiphobie betrifft?
ANTWORT: Sie wissen, in bestimmter Hinsicht ist die Schwangerschaft noch heute ein Geheimnis. Erst vor sehr kurzer Zeit haben wir herausgefunden, dass die Psyche einer schwangeren Frau eine binäre Psyche ist - das Ergebnis einer unglaublich komplizierten Wechselwirkung zwischen der wohlausgeformten Psyche eines erwachsenen Menschen und der pränatalen Psyche eines Kindes, und über diese Wechselwirkung wissen wir bis heute praktisch nichts. Hinzu kommen die unvermeidlichen physischen Belastungen und neurotischen Störungen, so dass hier ein günstiger Nährboden für Phobien entsteht. Aus dem Gesagten jedoch zu schließen, wir hätten irgendetwas von dieser wunderlichen Geschichte erklärt - das wäre unseriös und sehr voreilig.
FRAGE: Gibt es irgendwelche Besonderheiten der »Verweigerinnen« im Vergleich zu den anderen werdenden Müttern, physiologische oder psychologische zum Beispiel? Sind solche Untersuchungen durchgeführt worden?
ANTWORT: Vielfach. Und es konnte nichts Konkretes dabei festgestellt werden. Persönlich war ich immer der Ansicht und bin es noch heute, dass die Fukamiphobie eine Universalphobie ist, wie zum Beispiel die Phobie gegen den Null-Transport. Nur, dass die Null-T-Phobie sehr verbreitet ist; Furcht vor dem ersten Null-T-Übergang empfindet praktisch jeder - unabhängig von Geschlecht und Beruf. Später verliert sich diese Angst spurlos. Die Fukamiphobie hingegen ist zum Glück eine sehr seltene Erscheinung. Ich sage »zum Glück«, denn Wege zur Heilung der Fukamiphobie sind nicht gefunden worden.
FRAGE: Habe ich Sie richtig verstanden, Professor, dass keine einzige konkrete Ursache bekannt ist, die Fukamiphobie hervorruft?
ANTWORT: Keine, die gesichert wäre. Es gibt allerdings verschiedenste
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