Gesammelte Werke
zugeschrieben werden, und es ist wenig wahrscheinlich, daß es mitwirkende andere, darauf besonders gerichtete Kräfte des Innern gebe. Dagegen ist es wahrscheinlich, daß diesen nicht mehr als eine Nebenrolle zufiele; denn hauptsächlich beherrschen wohl dieselben mannigfach auf dem Sprung stehenden Verhältnisse des Innern und dieselben dauernden Anlagen, Neigungen, Grundsätze, Absichten und Bedürfnisse, die unsere Handlungen hervorrufen, auch unsere Gefühle und Gedanken. Sie sind deren Kraftspeicher, und es ist anzunehmen, daß die von ihnen ausgehenden Kräfte irgendwie die Ausgestaltung und Verfestigung des Gefühls bewirken.»
«Wie das geschieht, will ich mir an einem Vorurteil klarmachen, das recht verbreitet ist, denn es läßt sich oft die Meinung hören, daß zwischen einem Gefühl, dem Gegenstand, dem es gilt, und dem verbindenden Handeln eine ‹innere Verwandtschaft› bestehe. Man meint, es wäre dann leichter verständlich, daß sie ein einheitliches Ganzes bilden, daß sie einander ablösen und dergleichen mehr. Der Kern ist der, daß sich ein bestimmter Trieb oder ein bestimmtes Gefühl, zum Beispiel Nahrungstrieb und Hunger, nicht auf beliebige Gegenstände und Handlungen richten, sondern natürlich vorab auf solche, die Befriedigung verheißen. Einem Hungernden ist nicht mit einer Sonate geholfen, sondern mit Nahrung, das heißt mit etwas, das einer mehr oder minder bestimmten Gruppe von Dingen und Geschehnissen angehört; und so entsteht der Anschein, daß diese Gruppe und dieser Erregungszustand ein für allemal verbunden seien, und es ist ja auch etwas Wahres daran. Diese Wahrheit ist aber nicht geheimnisvoller, als wir zur Suppe den Löffel, und nicht die Gabel benutzen.
Wir tun es, weil er uns als geeignet erscheint; und nichts anderes als dieses gewöhnliche Als-geeignet-Erscheinen ist das, was die Aufgabe erfüllt, zwischen einem Gefühl, seinem Gegenstand, den dazugehörenden Handlungen, Gedanken, Entschlüssen und jenen tieferen Antrieben zu vermitteln, die sich meistens der Beobachtung entziehn. Wenn wir in einer Absicht oder in einem Wunsch oder zu einem Zweck handeln, beispielsweise jemand zu nützen oder zu schaden, so erscheint es uns natürlich, daß unser Tun durch die Forderung bestimmt wird, daß es sich eigne, im übrigen aber ganz verschieden ausfallen kann. Das gleiche gilt von jedem Gefühl. Auch ein Gefühl verlangt nach allem, was geeignet erscheint, es zu befriedigen, wobei dieses Kennzeichen bald strenger, bald loser verwandt wird; und gerade diese lockere Verbindung ist der natürliche Weg zur Ausgestaltung und Verfestigung.
Denn selbst den Trieben widerfährt es gelegentlich, daß sie fehlgehn; und wo immer sich ein Gefühl auslebt, kommt es vor, daß eine Handlung bloß versucht wird, eine Absicht oder ein Gedanke einfließen, die sich späterhin als ungeeignet erweisen und wieder fallen gelassen werden, und daß das Gefühl in den Bereich einer Kraftquelle gerät, oder diese in den seinen, von der es sich wieder loslöst. Nicht alles wird also im Verlauf des Geschehens ausgebildet und verfestigt, manches wird auch wieder aufgegeben. Mit andern Worten, es gibt auch eine Ausgestaltung ohne Verfestigung, und diese bildet einen unentbehrlichen Teil der sich verfestigenden Ausgestaltung; denn indem von der Einheit des fühlenden Verhaltens alles aufgenommen werden kann, was geeignet erscheint, den lenkenden Kräften zu dienen, aber davon nur behalten wird, was wirklich geeignet ist, kommen von selbst in das Fühlen, Handeln und Denken der gemeinsame Zug, die Ablösung und das Beharren, die es verstehen lassen, daß sie sich gegenseitig zunehmend verfestigen und ausgestalten.»
«Der schwache Punkt dieser Erklärung liegt dort, wo die genau beschriebene Einheit, die am Ende entsteht, mit dem ungenau begrenzten, sich ins Unbekannte verlierenden Bereich der Antriebe verbunden werden soll, der am Ursprung liegt. Dieser Bereich ist kaum etwas anderes als das, was von den Inbegriffen Person und Ich nach dem Maße ihrer Beteiligung umfaßt wird, und wir wissen wenig darüber. Bedenkt man aber, daß im Augenblick eines Gefühls auch das Innerste umgeschmolzen werden kann, so wird man es nicht undenkbar finden, daß sich in einem solchen Augenblick auch die gestaltete Einheit des Geschehens bis dorthin erstreckt. Bedenkt man hingegen, wieviel vorangehen muß, einen solchen Erfolg vorzubereiten, daß ein Mensch Grundsätze und Gewohnheiten aufgibt, so wird man wieder von
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