Gesammelte Werke
Moralen, denen jede Handlung ganz oder zum Teil unterworfen wird. — —
Zusatz 1: Man könnte sagen: die Probleme der Not sind immer negativ; und sie werden künstlich positiv gemacht. Das muß geschehen, aber es ist die Quelle großen Übels. (Die Unterscheidung von Tu und Tunicht ist nun keine letzte mehr; sowohl die Notmoral wie die (erschlaffende) schöpferische hat beides, wenn auch die eine vielleicht nur pseudo-positiv ist, aber mit wechselnder Erfindungs- und Schöpfungskraft.)
Zusatz 2: Das Instrument der Probleme der Not ist der Verstand. Das der Schöpfung: Verstand und Seele. Die Stellung der Vernunft entspricht der der Kultur. Man könnte auch sagen: denen der Kultur, aber nur sofern Kultur nicht gerade in der Verschmelzung beider Sphären gesehen wird.
Zusatz 3: Zur Moral für die vielen gehört auch: das Mehrseinmüssen, als man ist.
Zusatz 4: Die wirkliche Welt braucht am meisten die Erfindung und Darlegung des «guten Bösen».
Zusatz 5: Auch die Utopie der induktiven Gesinnung wird mit Gott verbunden.
Zusatz 6: Die Ergänzung zu hier ist Zeitstudie: ––––– Staaten sind wirklich so, daß sie schönen Bedürfnissen zwar nicht nur Rechnung tragen, sondern auch wirklich gehorchen, die Ideen aber nach der Art affektiver Personen interpretieren. (Hitler wäre also nur ein unverschleierter Fall.) Was spielt da die Rolle des Affekts. Offenbar die den Staatsmännern durch die Verantwortung erstehenden Affekte. Ein Zweck, ein Streben determinieren die Gefühle, und die Gefühle die Argumentation. Verantwortung ist dabei sowohl ein nationaler Egoismus als auch der Partei- und persönliche Egoismus des von seinem Volk abhängigen Politikers. Staaten sind geistig minderwertig.
Eine Frage: Wie kann man Kriege verlieren? (General: Darin haben wir doch wirklich große Erfahrung!) Früher: Wie konnte sich ein absoluter Herrscher so stark verrechnen, wie es oft geschah? Falsche Informationen, auch Talentlosigkeit, werden eine Rolle gespielt haben. In der Hauptsache war es aber wohl immer ein Nichtzurückkönnen und die menschliche Eigenschaft, daß man eine entferntere große Gefahr leichter auf sich nimmt als die kleinere aber nahe. Ehe man eine Stadt abtritt, also eher einen Krieg auf sich nimmt, der einen eine Provinz kosten kann. Dann die kollektive Ruhmredigkeit; so groß, wie sie sich kein einzelner leistet, und man kann ihr dann nicht entrinnen. Patriotismus als Affekt statt Vernunft: der Staat wird nicht als Geschäft betrieben, sondern als ein ethisches «Gut». (Aber doch eben auch männliche Affekte!)
Ohne Zweifel geschieht das aber mit Recht. Auffällig ist bloß, daß die moralische Natur des Staates viel unentwickelter geblieben ist als die des Individuums. (Vergleiche: «Unterhaltungen mit Schmeißer».)
Ein Ausblick: Übergang zum kollektivistischen Weltbild. Parallel damit der Übergang vom Naturgesetz zur statistischen Entwertung des Individuellen. «Ende des Liberalismus» erhält dadurch tiefere Begründung. Versagen von Besitz und Bildung. Vielleicht läßt sich sagen, daß die neuen Staatsaufgaben mit den Begriffen des klassischen Individualismus nicht zu fassen waren.
––––––– wie Kant sich geirrt hat. Er erwartete, daß es den Ewigen Frieden fördern werde, wenn man den «Handelsgeist, der mit dem Kriege nicht zusammen bestehen kann», fördere, und es erschien ihm «nichts natürlicher, als daß... sie sich sehr bedenken werden, ein so schlimmes Spiel anzufangen», «wenn ... die (konstitutionelle) Beistimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um zu beschließen, ob Krieg sein solle, oder nicht». Wahrscheinlich hätte ihm Goethe beigestimmt, er drückte ja nur das Gefühl des Bürgertums aus, wenn wir zu entscheiden hätten, möchten wir es so, und besser, machen. Daraus ist zu schließen, daß jede Menschenklasse glaubt und sich vornimmt, es besser zu machen. Vergleiche die Versprechungen des Sozialismus. Ideen werden aber nicht verwirklicht und so weiter. Aber es läßt sich auch einfach sagen, daß alle solche Gedanken viel zu abstrakt sind, und die Wirklichkeitsverflechtung viel maschenreicher! Es handelt sich aber nicht nur um Verwässerungen und Abstriche, denn heute gelten der Handelsgeist und die Demokratie als besonders kriegfördernd. Welche Ursachen kann das haben? Nach Tisch hört man es anders. Die Klasse ändert sich und ihre Vorsätze mit dem Besitz der Macht. Dann liegt in der Macht das, was zum Krieg verleitet. (Letzten Endes: die
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