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Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Theodor Adorno
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was
ich
will.« (Vorl., 23) Das »ich« ist eine Fehlleistung für »er«. Der Satz mit »ich« ist aber als solcher ebenfalls verständlich. Die Psychoanalyse wagt es nun, einen Zusammenhang herzustellen in der Weise, daß sie das isolierte Faktum, in unserem Falle also die Fehlleistung, durch die Erkenntnis der mit ihr symbolisch gegebenen Bedeutung in den Bewußtseinszusammenhang einbezieht, also den Sinn der Fehlleistung, so wie er sich bei einfacher Erinnerung an die Fehlleistung darstellt, als
Grund
für das Zustandekommen der Fehlleistung betrachtet. Dieser Sinn allein aber, so wie er uns durch die Fehlleistung zur Gegebenheit kommt, reicht zu ihrer Erkenntnis nicht aus; wir empfinden sie ja, auch wenn sie für sich genommen einen verständlichen Sinn hat, im Bewußtseins
zusammenhang
als sinnlos, und jene Sinnlosigkeit ist es gerade, die die Signatur aller Fehlleistungen bildet. Wir dürfen uns also bei unserer Erkenntnis der Fehlleistung nicht mit der Erkenntnis ihres isolierten Sinnes begnügen, sondern müssen ihn in Zusammenhang bringen mit dem Bewußtseinsganzen. Dieser Zusammenhang ist uns gegeben durch die Kenntnis der
gestörten
Absicht. Freud drückt das alles in der Weise aus, daß die Fehlleistungen einen Sinn haben, daß sie »psychische Akte sind und durch die Interferenz zweier Absichten entstehen« (Vorl., 50). Der Begriff der Absicht und der Rekurs auf »Triebe«, der damit eingeführt ist, wird uns noch zu beschäftigen haben; hier genügt die Konstatierung, daß der »Sinn« der Fehlleistungen als ihre vollständige Erklärung nicht identisch ist mit der Symbolbedeutung einer einzelnen Fehlleistung, sondern in einer Beziehung zwischen dieser Bedeutung und anderen Bewußtseinstatsachen besteht, daß der »Sinn« selbst ein gesetzmäßiger Zusammenhang ist; daß er darum nie unmittelbar, sondern stets nur mittelbar gegeben ist; daß wir also, da es sich ja nach unseren Definitionen nicht um raumdingliche, sondern um psychische Zusammenhänge handelt, den »Sinn« als prinzipiell
unbewußt
bezeichnen dürfen. Damit hat der Gang der psychoanalytischen Methode die Identität des Unbewußten mit dem »Sinn« der Phänomene, d.h. ihrer gesetzmäßigen Abhängigkeit von Seelendingen, ergeben und stimmt in seinem ersten Hauptresultat, wie hier schon gesagt sein darf, mit unserer transzendentalen Untersuchung überein. Der nächste Schritt der psychoanalytischen Behandlung des Problems der Fehlleistungen ist, die Erkenntnis des Sinnes der Fehlleistung auch da anzustreben, wo die Fehlleistung selber noch nicht verständlich ist, sondern wo aus ihrer Zergliederung und der gleichzeitigen Berücksichtigung ihrer Stellung im Bewußtseinsverlauf die »störende« und die »gestörte« Intention herausgearbeitet werden muß. Das gelingt der Psychoanalyse in weitem Umfang und sie vermag es, den größten Teil der vorkommenden Fehlleistungen befriedigend zu erklären. Gleichwohl behauptet sie nicht generell, daß alle Fehlleistungen einen Sinn hätten, da ihr die Entdeckung jenes Sinnes nicht in allen Fällen gelungen ist und manche Erklärungen ihr selbst problematisch scheinen. Wir dürfen sie auf Grund unserer erkenntnistheoretischen Überlegungen dahin ergänzen, daß alle Fehlleistungen um ihrer Zugehörigkeit zum Bewußtseinsverlauf willen einen Sinn haben
müssen,
den zu erkennen uns jeweils aufgegeben ist. Ob die Lösung jener Aufgabe sich freilich überall und stets durchführen läßt, ist eine Frage, die allgemein zu beantworten wir uns nicht befugt meinen und die sich vielleicht gar nicht in einer für alle zukünftige Erfahrung gültigen Weise beantworten läßt.
    Es ist uns nichts daran gelegen, alle einzelnen Resultate der psychoanalytischen Behandlung der Fehlleistungen zu akzeptieren und etwa gegen den Vorwurf des Gezwungenen, Gewaltsamen zu verteidigen. Ob der Analyse in allen besonderen Fällen die Aufklärung der Fehlleistungen tatsächlich gelungen ist, ob sie sich bei ihrem Verfahren tatsächlich stets streng in den Grenzen des Gegebenen hielt, haben wir nicht zu entscheiden. Nur allgemein wollen wir sie in Schutz nehmen gegen solche Angriffe wider ihre Methode, die behaupten, die Erfassung der Fehlleistungen sei prinzipiell unmöglich wegen deren Zufälligkeit und Sinnlosigkeit. Eine derartige Zufälligkeit und Sinnlosigkeit können wir prinzipiell für kein Faktum unseres Bewußtseinszusammenhanges anerkennen. Wäre die Psychoanalyse nichts anderes als ein Mittel, in manchen Fällen die

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