Gesammelte Werke
Bild‹ des wirklichen, dort draußen vor mir stehenden Baumes ist doch in keiner Weise gegeben, und dergleichen hypothetisch zu supponieren, führt nur auf Widersinn.« 156 Die Supposition eines Bildbewußtseins hat Husserl bereits früher widerlegt 157 . »Gegenüber solchen Verirrungen« hätten wir uns »an das im reinen Erlebnis Gegebene zu halten und es im Rahmen der Klarheit genau so zu nehmen, wie es sich gibt« 158 . Dann »liegt eben in der Wahrnehmung auch dies, daß sie ihren noematischen Sinn, ihr ›Wahrgenommenes als solches‹ hat, ›diesen blühenden Baum dort im Raume‹ ..., eben das zum Wesen der phänomenologisch reduzierten Wahrnehmung gehörige
Korrelat.
Im Bilde gesprochen: Die ›Einklammerung‹, die die Wahrnehmung erfahren hat, verhindert jedes Urteil über die wahrgenommene Wirklichkeit (d.i. jedes, das in der unmodifizierten Wahrnehmung gründet, also ihre Thesis in sich aufnimmt). Sie hindert aber kein Urteil darüber, daß die Wahrnehmung Bewußtsein
von
einer Wirklichkeit ist (deren Thesis nun aber nicht mit ›vollzogen‹ werden darf); und sie hindert keine Beschreibung dieser wahrnehmungsmäßig erscheinenden ›Wirklichkeit als solcher‹.« 159
Aus alldem folgt für Husserl, daß »zwar zum Wesen des Wahrnehmungserlebnisses in sich selbst der ›wahrgenommene Baum als solcher‹ gehört, bzw. das volle Noema, das durch die Ausschaltung der Wirklichkeit des Baumes selbst und der ganzen Welt nicht berührt wird, daß aber andererseits dieses
Noema
mit seinem ›Baum‹ in Anführungszeichen
ebensowenig in der Wahrnehmung reell enthalten ist, wie der Baum der Wirklichkeit.«
160 Damit kehrt die Betrachtung zu Früherem zurück: »Die Farbe des Baumstammes, rein als die wahrnehmungsmäßig bewußte, ist genau ›dieselbe‹ wie diejenige, die wir vor der phänomenologischen Reduktion als die des wirklichen Baumes nahmen ...
Diese
Farbe nun, in die Klammer gesetzt, gehört zum Noema. Nicht aber gehört sie als reelles Bestandstück zum Wahrnehmungserlebnis, obschon wir auch in ihm ›so etwas wie Farbe‹ finden: nämlich die ›Empfindungsfarbe‹, das hyletische Moment des konkreten Erlebnisses, in welchem sich die noematische, bzw. ›objektive‹ Farbe ›abschattet‹.« 161 »Wir gewinnen sogar, im Vollzuge der phänomenologischen Reduktion, die generelle Wesenseinsicht, daß der Gegenstand Baum in einer Wahrnehmung
überhaupt
als
objektiv
so bestimmter, wie er in ihr erscheint,
nur dann
erscheinen kann, wenn die hyletischen Momente ... die sind und keine anderen.« 162 »Mit alledem ist auch absolut zweifellos, daß hier ›Einheit‹ und ›Mannigfaltigkeit‹
total verschiedenen Dimensionen
angehören, und zwar gehört
alles Hyletische
in das konkrete Erlebnis als
reelles
Bestandstück, dagegen das sich in ihm als Mannigfaltigem ›Darstellende‹, ›Abschattende‹ ins
Noema.
« 163 Und weiter: »Nicht nur die hyletischen Momente (die Empfindungsfarben, -töne usw.), sondern auch die sie beseelenden Auffassungen« – Noesen –, »also
beides in eins:
auch das
Erscheinen
von der Farbe, dem Tone und so jedweder Qualität des Gegenstandes – gehört zum ›reellen‹ Bestande des Erlebnisses.« 164
Husserl faßt zusammen: »Die Bezeichnung der phänomenologischen Reduktion und im gleichen der reinen Erlebnissphäre als ›transzendentaler‹ beruht gerade darauf, daß wir in dieser Reduktion eine absolute Sphäre von Stoffen und noetischen Formen finden, zu deren bestimmt gearteten Verflechtungen
nach immanenter Wesensnotwendigkeit
dieses wunderbare Bewußthaben eines so und so gegebenen Bestimmten oder Bestimmbaren gehört, das dem Bewußtsein selbst ein Gegenüber, ein prinzipiell Anderes, Irreelles, Transzendentes ist, und das hier die Urquelle ist für die einzig denkbare Lösung der tiefsten Erkenntnisprobleme, welche Wesen und Möglichkeit objektiv gültiger Erkenntnis von Transzendentem betreffen. Die ›transzendentale‹ Reduktion übt epoxh hinsichtlich der Wirklichkeit: aber zu dem, was sie von dieser übrig behält, gehören die Noemen mit der in ihnen selbst liegenden noematischen Einheit, und damit die Art, wie Reales im Bewußtsein selbst eben bewußt und speziell gegeben ist.« 165 – Im Anschluß daran verlangt Husserl getrennte
Formenlehren
der Noesen und Noemata, die er in den folgenden Abschnitten der »Ideen« selbst in Angriff nimmt; diese Formenlehren sollen sich nicht »wie
Spiegelbilder
zueinander verhalten oder wie durch eine bloße
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