Gesammelte Werke
Vorzeichenänderung ineinander übergehen; etwa so, daß wir jedem Noema N substituierten ›Bewußtsein von N‹« 166 . Das gehe »schon aus dem hervor, was wir oben in Hinsicht auf die Zusammengehörigkeit von einheitlichen Qualitäten im Ding
noema
und ihren hyletischen Abschattungsmannigfaltigkeiten in den möglichen Dingwahrnehmungen ausgeführt haben« 167 .
Das Verhältnis von cogitatio und intentionalem Erlebnis, die Lehre, daß jedes Bewußtsein »Bewußtsein von etwas« sei, wurde bereits kritisch diskutiert 168 . Es gilt nunmehr klarzulegen, was diese Lehre speziell im Rahmen der phänomenologischen epoxh bedeutet. Unsere Frage lautet: Wenn alles Bewußtsein Bewußtsein
von etwas
ist, zugleich aber unsere Betrachtung auf das von allen Transzendenzen gereinigte Bewußtsein verwiesen ist – wovon ist es dann Bewußtsein? Darauf muß unsere Antwort sein: Soweit unser Bewußtsein Bewußtsein von etwas ist, ist es Bewußtsein von mittelbar gegebenen realen oder idealen Gegenständen im Sinne der »Transcendentalen Systematik«.
Daß nicht jedes Erlebnis intentionales Erlebnis ist, gesteht Husserl gelegentlich ein. Wäre jedes Erlebnis intentional, so müßte auch bei bloßen Eindrucksbestandteilen zwischen dem Erlebnis und dem, wovon es Erlebnis ist, unterschieden werden; gegen diese Unterscheidung hat Husserl sich früher durch die Identifizierung von Empfindung und Empfindungsinhalt in der fünften Logischen Untersuchung des zweiten Bandes selbst gewandt. Aber stets wieder läßt er sich dazu verleiten, Tatsachen, die er zunächst im
Urteilsgebiet
konstatiert hat, ohne weiteres auf alles Phänomenale zu übertragen; der Glaube an die Allmacht der »reinen Logik«, von dem noch zu reden sein wird, bringt ihn dazu. Überall aber, wo er auf Phänomenales überträgt, anstatt vom Phänomenalen auszugehen, ist er in Gefahr, die dingliche Transzendenz zu supponieren.
Wenn der Begriff »intentionales Erlebnis« nur den Erlebnisteilen der Klasse a vorbehalten bleibt, dann ist von einer Transzendenz des intentionalen Gegenstandes nicht mehr zu reden; und das Ausgeschlossensein jeder Transzendenz wäre ja auch im Sinne der epoxh gerade zu fordern. Husserls Satz: »Alles Transzendente, sofern es bewußtseinsmäßig zur Gegebenheit kommt, ist nicht nur nach seiten des
Bewußtseins
von
ihm, z.B. der verschiedenen Bewußtseinsweisen, in denen es als dasselbe zur Gegebenheit kommt, Objekt phänomenologischer Untersuchung, sondern auch, obschon damit wesentlich verflochten, als das Gegebene und in den Gegebenheiten Hingenommene« 169 , – dieser Satz bedarf, wie als bisheriges Ergebnis allem Kommenden vorangestellt sei, mehrfacher Korrektur. Einmal ist im Rahmen der epoxh nicht von Transzendenzen zu reden, sondern von mittelbaren Gegebenheiten. Der Unterschied aber von »Gegebenheitsweisen« und »gegebenen Transzendenzen« wird uns zum Unterschied von Symbol und Symbolisiertem. Daß das Symbolisierte selbst noch keineswegs dinglicher Art sein muß, sondern auch Phänomenales sein kann, ist ausdrücklich festzuhalten. Alles mittelbar Gegebene aber ist zu begreifen nur so, wie es zur Gegebenheit kommt – als Gegenstand erkenntnistheoretischer Analyse, also prinzipiell unablösbar von seiner Gegebenheitsweise. Wohl ist es von ihr unterschieden – als Symbolisiertes vom Symbol. Aber von dieser Unterschiedenheit wissen wir nur eben durch das unmittelbare Gegebensein des Symbols. Die Forderung, das gegenständliche Korrelat eines Erlebnisses »
genau so
zu nehmen, wie es im Erlebnis ... ›immanent‹ liegt, d.h. wie es,
wenn wir rein dieses Erlebnis selbst befragen,
uns von ihm dargeboten wird« 170 , ist also weit strenger zu verstehen, als Husserl selbst sie versteht. Nicht allein
wie
uns das Gegebene gegeben ist, zeigt uns das Erlebnis an, sondern seine Gegebenheit selber, in Husserls Terminologie das »Was« der Gegebenheit ist allein ausgewiesen durch das Erlebnis mit symbolischer Funktion. Die Tatsache mittelbarer Gegebenheit von Gegenständen erklärt sich einzig durch das Ineinanderwirken der transzendentalen Faktoren unseres Bewußtseins.
Gegen dies Prinzip verfehlt sich Husserls Theorie von Hyle, Noesis und Noema. Es seien (wogegen keinerlei Bedenken besteht) die hyletischen Momente als Erlebnisbestandteile der Klasse a, die noetischen als solche der Klasse a bezeichnet. Dann ist zunächst zu sagen, daß das Erlebnis der Wahrnehmung eines blühenden Apfelbaumes, wie es Husserl beschreibt 171 , keineswegs
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