Gesammelte Werke
Transzendentalbedingungen und die auf ihrem Grunde gültigen allgemeinen Begriffsbestimmungen des Gegebenen, sondern auch die konstitutiven, bisher als »material-psychologisch« betrachteten Einsichten, wofern nur die sie bestimmenden Merkmale empirisch einwandfrei gewonnen und die deiktischen Bestimmungen festgehalten werden. Es bedingt das wichtige wissenschaftstheoretische Konsequenzen. Da die rationalen, d.h. transzendentalen Grundlagen der Psychologie selber psychologische Bestimmungen, die letzten uns zugänglichen, sind, so ist eine Scheidung der transzendentalen Theorie von der Psychologie im
»gegenstandstheoretischen«
Sinne von vornherein nicht angängig. Auf Grund der
»Weisen der Begriffsbildung«
läßt sie sich aber darum nicht wohl vollziehen, weil die Anwendung der Erfahrungsbegriffe auf das Gegebene in seiner Fülle ebensowohl synthetische Urteile a priori ergibt wie die Anwendung der transzendentalen Faktoren auf die Möglichkeit von Erfahrung schlechthin. Der Versuch einer prinzipiell methodischen Scheidung der Psychologie von den Naturwissenschaften, die in empirischem Forschungsgang zu Urteilen a priori sich erheben, etwa der Chemie, ist damit bündig widerlegt. Der Unterschied der Psychologie von anderen Wissenschaften ist lediglich durch ihren Gegenstand – den Immanenzzusammenhang des Bewußtseins als solchen – vorgezeichnet; ihre Unterscheidung von der Erkenntnistheorie wird im gleichen Augenblick hinfällig, wo man diese als die angemessene Form psychologischer Erfahrungsurteile a priori anerkennt.
Diese Bestimmung des Stoffgebietes »rationaler« Psychologie, oder vielmehr der Aufweis der Unrechtmäßigkeit der Unterscheidung von rationaler und empirischer Psychologie, ist sogleich für unser Ausgangsproblem von Wichtigkeit. Denn der Ichbegriff, mit dem wir es bisher zu tun hatten, und den wir dem Kantischen Begriff des transzendentalen Subjektes kontrastieren, war, wie gesagt, der Begriff des
phänomenalen
Ich, der zwar als unmittelbar gegebener Bewußtseinszusammenhang gefaßt und als solcher auch weitergehend als in der Paralogismenlehre bestimmt war, der aber doch seinerseits noch nicht positiv die Anwendung von Erfahrungsbegriffen in sich enthielt: so daß der Schein entstehen könnte, es sei das empirische Ich der Gegenstand der empirischen Psychologie, das phänomenale der der rationalen. Die durchgeführten Überlegungen ergeben das Irrige einer solchen Meinung. Alle Bestimmungen des phänomenalen Ich sind bereits Bestimmungen des Immanenzzusammenhanges des Bewußtseins, auf den wir ja eben reduzierten, und damit psychologische Sätze. Und die Anwendung von Bestimmungen der zweiten Kategorie auf diesen Zusammenhang ist, insofern sie zu allgemeingültigen Einsichten führt, nicht minder »rational« als die Analyse des phänomenalen Ich. Zum gleichen Ergebnis führt uns eine andere, transzendentallogische Untersuchung, die hier zur Begründung der Konstitution der objektiv gültigen Formen des Immanenzzusammenhanges durchzuführen ist. Die transzendentalen Bedingungen nämlich, die das phänomenale Ich konstituieren – d.h. die Faktoren, durch die die unmittelbaren Gegebenheiten eines persönlichen Bewußtseins als unmittelbare Gegebenheiten eben dieses und keines andern Bewußtseins charakterisiert sind – sind die gleichen, die die Einordnung dieses Zusammenhanges unter objektiv gültige Begriffsbildungen bestimmen. Zwischen der transzendentalen Konstitution des empirischen und der des phänomenalen Ich besteht kein Unterschied. Unterscheidung der Teile vom Ganzen, Erinnerung, Erkenntnis der Identität und Wiedererkennen ähnlicher Inhalte sind die Bedingungen, ohne die das phänomenale Ich nicht gedacht werden kann; ohne sie wäre es nicht möglich, auch nur ein einziges Erlebnis als eben jenem Bewußtseinszusammenhang zugehörig zu erkennen. Die Begriffe der zweiten Kategorie aber, denen wir die objektiv gültige Ordnung des Gegebenen verdanken, haben keinen anderen Grund als jene Bedingungen. Die Allgemeinbegriffe, unter denen wir Merkmale befassen, sind Abbreviaturen von Erkenntnissen der Ähnlichkeit; der Erwartungsmechanismus, dessen Gesetzmäßigkeit den Dingbegriff ergibt, beruht darauf, daß der vergangene Inhalt, dessen Ähnlichkeit mit dem gegenwärtigen ich erkenne, seinerseits als Teil eines Komplexes erinnert wird, zu dessen anderen Teilen mein gegenwärtiges Erlebnis in Beziehung gesetzt wird usw. Alle diese Momente jedoch haben sich als Momente des
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