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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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durch den Dreifachpanzer geschützt. Für den Bruchteil einer Sekunde verspürte Polessow ein widerliches Gefühl in der Magengrube. Er biss die Zähne zusammen und wiederholte: »Doch. Das würde uns sehr helfen.«
    »Was ist draußen zu sehen?«, erkundigte sich Iwan Iwanowitsch.
    »Nichts. Nur Regen und Nebel.«
    Iwan Iwanowitsch stand auf, bat Polessow, ein wenig zur Seite zu rücken, beugte sich zum Periskop hinunter und sah durch. Er erblickte furchtbar verkrüppelte, zersplitterte Kiefernstämme, schwarze, förmlich verkohlte Äste und das dichte Gewirr zwei Meter hohen Grases. Und Nebel. Grauen, unbeweglichen Nebel, der, angestrahlt von den Scheinwerfern, unbeweglich über der nassen Vegetation hing. Einige Meter vom Panzer entfernt standen die Erkundungskyber. Sie drängten ängstlich zum Fahrzeug hin und sahen aus wie Hofhunde, die den Wolf wittern. Sie hatten nicht die geringste Lust, in den Nebel hinauszugehen. Genauer gesagt, sie konnten nicht.
    Iwan Iwanowitsch ließ sich in den Sitz fallen.
    »Der blaue Nebel«, sagte er heiser.
    »Und?«, fragte Polessow. »Was hat es damit auf sich?«
    Iwan Iwanowitsch gab keine Antwort. Berkut erhob sich und sah gleichfalls durch das Periskop. Dann setzte er sich wieder und knöpfte den Jackenkragen auf; anscheinend bekam er schwer Luft. Nach einer Weile richtete er sich steif auf und seufzte tief. Die Atemnot war vorüber.
    »Was sollen wir tun?«, wollte Polessow wissen.
    »Hört mal, Genossen«, sagte Berkut plötzlich. »Merkt ihr gar nichts?«
    »Nein, nichts …«, antwortete Iwan Iwanowitsch und starrte auf die Armaturen. Dann stockte er unvermittelt und sagte mit halblauter Stimme: »Nadelstiche.«
    Erst jetzt spürte auch Polessow das unangenehme Kribbeln in den Fingerspitzen. Als würde er mit mikroskopisch dünnen Nadeln gestochen, mit winzigen Bienenstacheln. Und dann fiel auch ihm aus unerklärlichen Gründen das Atmen schwer. Die Finger wurden taub.
    »Fast wie … die Bergkrankheit«, brachte er mühsam heraus.
    Iwan Iwanowitsch sprang auf, stieß Polessow beiseite und presste seine kahle Stirn erneut an das Periskop. Draußen sah man nichts als Nebel. Die Erkundungskyber waren verschwunden. Iwan Iwanowitsch rang schwer nach Luft und ließ sich wieder in seinen Sessel fallen. Seine aufgedunsenen Wangen glänzten vor Schweiß.
    »Ihr ›Testudo‹, ha! Und Ihre Kyber!«, rief er sarkastisch. »Und so etwas soll ein Panzer mit Superschutz sein!«
    »Mit so einem Panzer«, erwiderte Polessow gelassen, »habe ich voriges Jahr das Brennende Plateau auf dem Merkur hinter mich gebracht.«
    »Und Ihre Kyber, was ist mit denen?« Iwan Iwanowitsch ließ nicht locker. »Sie kneifen. Das ist das erste Mal, dass ich Roboter sehe, die feige sind. Und Ihr ach so gelobter Superschutz?«
    »Nicht doch, Iwan Iwanowitsch«, versuchte Berkut zu beschwichtigen.
    Der Superschutz hilft hier nicht, dachte Polessow. Die verrücktspielenden Messinstrumente, die Atemnot und das Kribbeln sind noch halb so schlimm – schlimm wird es erst, wenn der Reaktor versagt oder die Magnetfelder, die das glühende Plasma im Ring zusammenhalten. Wenn die Magnetfelder auseinanderfallen, löst sich der »Testudo« mitsamt seinem Superschutz in Dampf auf. Das Beste wäre, so schnell wie möglich von hier abzuhauen …
    »Wir müssen noch zurückfahren«, fuhr Iwan Iwanowitsch fort. »Und wir werden nichts erfahren, gar nichts, weil wir uns auf Ihren Panzer und Ihre Kyber verlassen haben. Wir hätten es doch riskieren sollen, mit dem Turboflugzeug durchzustoßen statt mit dem ›Testudo‹.«
    Die Nadeln stachen bereits in Schultern und Hüften.
    »Also gut«, sagte Polessow nach kurzem Überlegen. »Schnallen Sie sich an.«
    Iwan Iwanowitsch verstummte. Die Physiker schnallten sich mit breiten, weichen Riemen an den Sesseln fest.
    »Fertig?«, fragte Polessow.
    »Fertig …«
    Polessow schaltete das Licht aus und führte die Hände an die Steuerungshebel. Der Motor begann dumpf zu brummen, dann setzte sich der Panzer in Bewegung. Irgendetwas knirschte widerlich unter den Raupenketten. Vor ihnen war dichter, undurchdringlicher Nebel. Die kleinen Nadeln liefen jetzt hurtig über den Rücken – ein scheußliches Gefühl, und das Atmen fiel nach wie vor schwer. Der »Testudo« erhob sich dröhnend und bebend auf sein Heck und stieg höher, immer höher. Dann ein Stoß, und sie begannen, mit den Zähnen zu klappern. Vor ihnen der Nebel. Noch höher, direkt in den Himmel hinein. Das blinde Fahrzeug

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