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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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grüßte die Fahne; viel Treibstoff war verbraucht und viele Parsec zurückgelegt worden, seit es sie gab. Auf dem Mars, über den ringförmigen Straßen der ausgestorbenen Stadt, hatte sie zum ersten Mal geflattert. Da hatte man es noch für möglich gehalten, die Stadt wie auch die Satelliten des Mars seien natürlicher Herkunft. Die kühnsten Fährtensucher hingegen vermuteten schon damals, dass die Stadt und die Satelliten die einzigen noch existierenden Spuren einer rätselhaft entschwundenen Marszivilisation seien. Wie viele Parsec hatten sie hinter sich bringen, wie viel Erde umgraben müssen, ehe unzweifelhaft feststand: Die leeren Städte und verlassenen Satelliten waren von Fremden aus einem fernen und unbekannten Planetensystem errichtet worden. Die Stadt auf der Leonida aber …
    Komow warf den letzten Packen aus dem Hubschrauber, sprang ins Gras und schlug die Kabinentür zu. Ryu ging auf ihn zu und sagte, während er sich die Jackenärmel herunterkrempelte: »Wenn Sie gestatten, Gennadi, verlasse ich Sie jetzt. In zwanzig Minuten muss ich die Sonden überprüfen.«
    »Natürlich«, stimmte Komow zu. »Und vielen Dank, Ryu. Kommen Sie doch nachher zum Abendessen zu uns.«
    Ryu sah auf die Uhr und erwiderte: »Gerne, aber ich kann es nicht versprechen.«
    Mboga hatte den Karabiner an die Mauer des nächstgelegenen Gebäudes gelehnt und baute das aufblasbare Zelt mitten auf der Straße auf. Er schaute Ryu hinterher und lächelte dann Komow zu; dabei zog er die dunklen Lippen in seinem kleinen, faltigen Gesicht weit auseinander.
    »Wahrhaftig, ein wohleingerichteter Planet, Gennadi«, sagte er. »Hier braucht man kein Gewehr, kann die Zelte mitten im Gras aufschlagen … Und sehen Sie mal dort …«
    Er nickte zu Fokin und Tanja hinüber. Die beiden hatten das Gras um sich her breitgetreten und machten sich jetzt im Schatten des Gebäudes am Expresslabor zu schaffen. Tanja trug eine ärmellose Seidenbluse und Shorts; die schweren Schuhe hatte sie ausgezogen und auf dem Dach des Hauses abgestellt, ihr Overall lag achtlos auf den Säcken. Fokin trug ebenfalls Shorts und versuchte gerade voller Eifer, seine schweißnasse Jacke abzustreifen.
    »Meine Güte«, sagte Tanja. »Wo hast du denn die Akkumulatoren angeschlossen?«
    »Sofort, Tanja. Ich zeige es dir gleich«, murmelte Fokin.
    »Du hast recht«, meinte Komow. »Die Leonida ist wirklich etwas anderes als die Pandora.«
    Er nahm das zweite Zelt aus dem Sack und begann die Zentrifugalpumpe anzuschließen. Wirklich, kein Vergleich mit der Pandora, dachte er. Er erinnerte sich an den finsteren Dschungel, durch den sie sich – mit schweren Schutzskaphandern und entsicherten Desintegratoren in Händen – einen Weg hatten bahnen müssen. Unter ihren Füßen hatte das Wasser geschmatzt, und bei jedem Schritt war vielbeiniges ekliges Getier in alle Richtungen gestoben. Über ihren Köpfen, durch das Gewirr klebriger Zweige hindurch, hatten düster zwei blutfarbene Sonnen geleuchtet. Und nicht nur auf der Pandora war es so gewesen! Die Fährtensucher und Planetenerkunder mussten sich überall dort mit größter Vorsicht bewegen, wo es eine Atmosphäre gab; sie mussten Kolonnen von Erkundungskybern vor sich her jagen und mobile kybernetische Biolaboratorien, Toxindetektoren und Kondenswolken mit Universalviren einsetzen. Der Raumschiffkommandant war verpflichtet, unmittelbar nach der Landung eine gefahrenfreie Zone mithilfe von Thermit herauszubrennen, und das größte Vergehen bestand darin, das Schiff ohne vorherige gründliche Desinfektion und Desinsektion zu betreten. Die mit dem menschlichen Auge nicht erkennbaren kleinen Ungeheuer waren schlimmer als die Pest, sodass den Unvorsichtigen immerzu ein furchtbarer Aussatz drohte. So war es jedenfalls vor dreißig Jahren gewesen. Und es könnte auch jetzt noch so sein – selbst auf der »wohleingerichteten« Leonida. Hier gab es nämlich ebenfalls eine Mikrofauna, noch dazu eine sehr üppige. Vor dreißig Jahren aber, als der kleine Doktor Mboga auf der schrecklichen Pandora die »Lebensbakterie« entdeckte, erfand Professor Karpenko auf der Erde die »Bioblockade«: Eine Injektion täglich, unter Umständen sogar nur einmal die Woche. Komow wischte sich den Schweiß vom Gesicht und knöpfte die Jacke auf.
    Als sich die Sonne gegen Westen neigte und der weißliche Himmel im Osten eine dunkelviolette Färbung annahm, setzten sie sich zum Abendbrot. Das Lager war fertig. Mitten auf der Straße standen drei Zelte;

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