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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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zweiten Kurilischen Meerenge ab. Galzew brachte ihn ausgesprochen elegant vom Sturz- in den Gleitflug, schaute in die Runde, orientierte sich kurz nach Karte und Kompass und hatte schon im nächsten Augenblick den angegebenen Ort Bajkowo ausgemacht – mehrere Reihen zweistöckiger Gebäude aus weißem und rotem Lithoplast, die sich halbkreisförmig um eine kleine, tiefe Bucht zogen. Der Aerobus landete mit ausgebreiteten Flügeln auf der Uferstraße. Ein früher Passant, ein junger Mann in Matrosenhemd und Leinenhose, erklärte ihnen, wo sich die Verwaltung befand.
    Der Diensthabende der Inselverwaltung, ein alter, untersetzter Ainu und Chefagronom, empfing sie sehr herzlich und lud sie sogleich zum Frühstück ein.
    Nachdem er Sidorow angehört hatte, schlug er zur Auswahl mehrere nicht allzu hohe Hügel am Nordufer vor. Er sprach fast akzentfrei Russisch, nur manchmal stockte er mitten im Wort, so als sei er sich der richtigen Betonung nicht sicher.
    »Das Nordufer ist ziemlich weit«, sagte er, »und der Weg dorthin nicht gerade gut. Ich kann Ihnen leider nichts Nähergelegenes anbieten, aber Sie haben ja einen Aero … bus. Ich bin nicht allzu bewandert in physika … lischen Experimenten, doch möchte ich Sie aufmerksam machen, dass der größte Teil der Insel von Melonen … feldern aller Art und Treib … beeten bedeckt ist, wo zurzeit überall Schüler arbeiten. Ich darf kein Ri … siko eingehen.«
    »Es gibt kein Risiko dabei«, beruhigte ihn Sorotschinski leichtfertig. »Nicht das geringste.«
    Sidorow erinnerte sich, dass er einmal eine geschlagene Stunde auf der Feuerwehrleiter ausgeharrt hatte, um sich vor einem Plastvampir zu retten, der zu seiner Fertigstellung nur noch Protoplasma brauchte. Damals gab es freilich das Ei noch nicht. »Vielen Dank«, sagte er. »Wir sind mit dem Nordufer durchaus zufrieden.«
    »Dort gibt es weder Melonen … felder noch Treib … beete«, sagte der alte Ainu. »Nur Birken. Ein paar Archäo … logen arbeiten in der Nähe.«
    »Archäologen?«, wunderte sich Sorotschinski.
    »Vielen Dank«, wiederholte Sidorow. »Ich denke, wir werden gleich aufbrechen.«
    »Gleich ist erst einmal Frühstück«, sagte der Ainu höflich.
    Sie aßen schweigend, und beim Abschied bot der Alte an: »Wenn Sie irgendetwas brauchen sollten, wenden Sie sich – wie sagt man doch – ohne Scheu an mich.«
    »Wir werden – wie sagt man doch – keine Scheu haben«, versicherte Sorotschinski.
    Sidorow warf ihm einen Blick zu und sagte, als sie wieder im Aerobus waren: »Wenn Sie sich noch einmal einen solchen Ausrutscher erlauben, junger Mann, verweise ich Sie der Insel.«
    »Ich bitte um Entschuldigung«, stotterte Sorotschinski und wurde puterrot. Die Röte machte sein dunkles, ebenmäßiges Gesicht noch schöner.
    Am Nordufer gab es in der Tat weder Melonenfelder noch Treibbeete, sondern weit und breit nur Birkengestrüpp. Die kurilische Birke, muss man wissen, wächst »liegend«: Sie breitet sich auf dem Boden aus, und ihre feuchten, knorrigen Stämme und Äste bilden ein festes, undurchdringliches Geflecht. Aus der Luft erinnerte das kurilische Birkendickicht allerdings an harmlose grüne Wiesen, die für eine Landung nicht allzu schwerer Maschinen durchaus geeignet zu sein schienen. Da weder Galzew, der den Aerobus lenkte, noch sein Chef noch Sorotschinski sich mit den Besonderheiten der kurilischen Birke auskannten, wies Sidorow auf eine runde Erhebung und sagte: »Hier.« Sorotschinski warf ihm einen scheuen Blick zu und murmelte: »Ein guter Platz.« Galzew fuhr das Räderwerk aus und setzte zur Landung an – mitten hinein in das weite grüne Feld am Fuße des runden Hügels.
    Die Flügel des Aerobusses erstarrten, und in der nächsten Minute wühlte sich das Gefährt knirschend in das kränkliche Grün der kurilischen Birke. Sidorow nahm noch das Knirschen wahr, dann flammten Tausende bunter Sterne vor seinem Auge auf, und er verlor das Bewusstsein.
    Als er die Augen wieder öffnete, erblickte er als Erstes eine Hand. Sie war groß, braungebrannt, und die Finger, die mit frischen Schrammen bedeckt waren, glitten kraftlos über die Armaturenknöpfe.
    Dann verschwand die Hand, und an ihre Stelle trat ein rotes Gesicht mit hellblauen Augen und weiblichen Wimpern.
    Ächzend versuchte Sidorow, sich aufzusetzen. Die rechte Seite schmerzte sehr, und auch die Stirn tat weh. Als er seine Finger an Stirn und Augen führte, sah er, dass sie voller Blut waren. Dann blickte er Galzew an, der

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