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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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Mädel. Blond und schlank, nur die Beine sind ein bisschen dick geraten. Sie hat mich in den Kampfstand geführt und durch die Schießscharte sehen lassen. ›Von hier aus‹, sagte sie, ›wurde das gesamte Nordufer unter Beschuss genommen.‹«
    »Und, wurde es tatsächlich unter Beschuss genommen?«, fragte Galzew.
    »Was weiß denn ich. Wahrscheinlich … Ich habe hauptsächlich sie angesehen, weißt du. Dann haben wir gemeinsam die Stärke der Querdecken zwischen den einzelnen Etagen gemessen.«
    »Zwei Stunden lang?«
    »Na ja. Bis mir auffiel, dass sie den gleichen Namen hat wie der Bärtige. Da bin ich abgezogen. In den Kasematten, die wir uns noch ansahen, ist es sowieso grässlich. Finster und an den Wänden überall Schimmel. Wo ist denn das Brot?«
    »Hier«, sagte Galzew. »Und wenn sie nun einfach die Schwester des Bärtigen ist?«
    »Schon möglich. Was macht eigentlich das Ei?«
    »Gar nichts.«
    »Auch gut«, meinte Sorotschinski. »Michail Albertowitsch, das Mittagessen ist fertig!«
    Beim Essen redete Sorotschinski in einem fort. Zunächst erklärte er, dass das japanische »tochika« vom russischen Wort für »Gefechtsstand« herrühre und der russische Terminus wiederum mit dem englischen »dot« verwandt sei, was »Punkt« bedeute. Dann begann er ausführlich von Gefechtsständen, Kasematten, Schießscharten und der Feuerdichte pro Quadratmeter zu erzählen, sodass sich Sidorow mit dem Essen beeilte und sogar auf den Nachtisch verzichtete. Er beauftragte Galzew, auf das Ei achtzugeben, kletterte in den Aerobus und schickte sich zum Schlafen an. Ringsum war es erstaunlich still, nur Sorotschinski, der am Bach das Geschirr wusch, stimmte von Zeit zu Zeit ein Lied an. Galzew hielt sich den Feldstecher an die Augen und saß da, ohne den Blick vom Hügel zu wenden.
    Als Sidorow aufwachte, ging bereits die Sonne unter. Von Süden her breitete sich dunkelviolett die Dämmerung aus, und es wurde kühl. Die Berge im Westen wirkten jetzt schwarz, der Konus des Vulkans hing als grauer Schatten über dem Horizont. Das Ei auf der Hügelkuppe funkelte feuerrot. Über die Melonenfelder kroch blaugrauer Dunst. Galzew, noch immer in der gleichen Pose, hörte Sorotschinski zu.
    »In Astrachan«, erzählte er, »habe ich die ›Rose des Schah‹ gegessen. Das ist eine Wassermelone von seltener Schönheit. Sie schmeckt wie Ananas …«
    Galzew hüstelte.
    Sidorow saß einige Minuten reglos da. Er erinnerte sich, wie er und Kapitän Genka einmal Wassermelonen auf der Venita gegessen hatten. Die Erde hatte ein ganzes Schiff voller Melonen auf die Station geschickt, und sie hatten ihren Spaß gehabt – die Zähne krachend in das Fruchtinnere gehauen, sodass ihnen der Saft nur so über die Wangen lief, und schließlich hatten sie sich übermütig mit den glatten schwarzen Kernen beworfen.
    »… Alle zehn Finger leckst du dir danach – das sag ich dir als Koch!«
    »Still«, erwiderte Galzew. »Du weckst Athos.«
    Sidorow setzte sich etwas bequemer hin, legte das Kinn auf die Rückenlehne des Vordersitzes und schloss die Augen. In der Kabine war es warm und ein wenig schwül – sie kühlte nur langsam ab.
    »Bist du eigentlich schon mal mit Athos geflogen?«, fragte Sorotschinski.
    »Nein«, antwortete Galzew.
    »Er tut mir leid, und gleichzeitig beneide ich ihn. Er hat ein Leben hinter sich, wie ich es nie und nimmer haben werde. Viele andere übrigens auch nicht. Aber – er hat’s eben hinter sich.«
    »Wieso hat er es hinter sich?«, fragte Galzew. »Er hat nur aufgehört zu fliegen.«
    »Ein Vogel, der aufgehört hat zu fliegen …« Sorotschinski verstummte. »Und überhaupt ist die Zeit der Landeflieger vorbei«, fügte er unvermittelt hinzu.
    »Unsinn«, erwiderte Galzew ruhig.
    Sidorow hörte, wie Sorotschinski herumhantierte und sagte: »Kein Unsinn. Nimm zum Beispiel dieses Ei. Man wird es zu Hunderten herstellen und über unbekannten, gefährlichen Welten abwerfen. Und jede dieser Apparaturen wird ein Labor errichten, ein Kosmodrom, ein Raumschiff. Sie werden in Gruben und Bergwerken arbeiten, werden deine Nematoden aufspüren und erforschen. Die Landeflieger aber werden nichts weiter zu tun haben, als die Informationen zu sammeln und ihre Schlüsse zu ziehen.«
    »Das ist Unsinn«, wiederholte Galzew, »was du da von den Labors und Bergwerken faselst … Und was ist mit der hermetischen Kuppel für sechs Mann?«
    »Was soll damit sein?«
    »Na, dass sie eben für sechs Leute bestimmt

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